Das Evangelische Wort

Sonntag, 06. 07. 2003,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

von Mag. Barbara Knittel (Feldkirch, Vlbg.)

Du sollst dir kein Bildnis machen, und keinerlei Gestalt dessen,  was im Himmel oben und auf der Erde unten und im Wasser unter der Erde ist .“ (Ex.20/4)

 

In einer feministischen Zeitschrift zu dem Thema Intimität  bin ich unter anderem auch auf das Thema „Intimität in Gottesbildern“ gestoßen. Es waren Lieblingsgedanken von mir, die darin kritisiert wurden.  Der nahe Gott, uns näher als Haut oder Halsschlagader, kleiner als Herzmuskel, Zwerchfell oft: zu nahe, zu klein - wozu dich suchen? Wir: deine Verstecke -  so hat das Kurt Marti in einem Gedicht formuliert.

 

Es ist ein Bild, das mir lieb geworden ist. Gott – mir so nahe, wie ich mir selber gar nicht sein kann. Und nun stoße ich da auf kritische Anmerkungen,  auch von einer Frau. Sie meint, ob nicht gerade Frauen eher diese intime Seite suchen. Gott in der Beziehung oder auch in mir selbst, während in der männlichen Theologie der ganz andere, autonome Gott im Gegenüber, erhöht und machtvoll, geglaubt und gedacht worden ist.

Es geht mir jetzt nicht um männliche oder weibliche Gottesbilder. Ich habe bemerkt, dass mir damit ein Thema nahe kommt, das ich vor allem in den letzten Monaten ganz woanders angesiedelt habe. Nämlich – wie sehr einseitige Gottesbilder zu einer Einengung führen. Mich haben die religiösen Töne in politischen Statements beschäftigt. Wenn diskutiert wird, ob in einer Präambel für eine neue österreichische Verfassung  ein Gottesbezug  mit aufgenommen wird. Dasselbe ist ja auch im Zusammenhang mit der EU-Verfassung diskutiert worden. Um welches Gottesbild geht es da? Soll da politische Macht mit einem speziellen Gottesbild religiös überhöht werden? Und das, mitten in einer wachsenden religiösen und weltanschaulichen Vielfalt!

 

Natürlich ist da meine Skepsis angeheizt durch die Weise, wie derzeit in den USA von Präsident Bush ein religiöses Vokabular verwendet wird, um damit Krieg und politische Manipulation zu rechtfertigen. Ein gläubiger Präsident, der damit sicher viele gläubige Menschen bewegen kann. Aber um welchen Glauben geht es da! Es ist ein altes Thema: wie weit fließen Wünsche in die Bilder, die Menschen sich von Gott machen. Es ist mir zu harmlos, zu sagen – alle Bilder von Gott oder dem Göttlichen sind Annäherungen an die letzte göttliche Wirklichkeit. Manche dieser Annäherungen sind gefährlich, nämlich wenn man die eigenen zerstörerischen Gedanken und Kräfte damit religiös untermauert, oder auch, wenn man damit jede Veränderung behindert. Das sehe ich im Großen z. B. in der derzeitigen amerikanischen Politik, und im ganz persönlichen Bereich, wenn ich an lieb gewordenen Gottesbildern hängen bleibe.

 

Die Herausforderung, die Irritation, das Unerwartete und Fremde, das sind die ewigen Themen, wenn es um Gott geht. „Mysterium tremendum“ heißt es im Lateinischen. Das Geheimnis, das mich erzittern lässt. Das heißt nun nicht, dass all das Vertraute im Glauben verworfen werden muss, aber überprüft muss es werden mit der alten Frage, wofür brauche ich meine Gottesbilder. Und bewusst rede ich von Bildern. Darin liegt für mich ein wichtiges jüdisches Erbe an uns. Gott, oder welche Namen auch immer wir für das Unaussprechliche verwenden, ist nie ganz in den Namen und Bildern fassbar. Deshalb haben die Juden  in den sog. 10 Geboten einen Kontrapunkt gesetzt. Da heißt es im ersten Satz:

 

  Ich bin der Ewige, Dein Gott“ und zwei Sätze weiter: „Du sollst dir kein Bildnis machen, und keinerlei Gestalt dessen,  was im Himmel oben und auf der Erde unten und im Wasser unter der Erde ist“.