Das Evangelische Wort

Sonntag, 03. 08. 2003,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

Mag.Gisela Ebmer

Ein lieber Freund von mir erinnert sich in diesen Tagen nur ungern an die Ereignisse vor einem Jahr: Mit schweren Knieproblemen ohnehin schon ziemlich belastet, stand er im August stunden- und tagelang im eiskalten Schlamm und Wasser, um sein Haus nach dem großen Hochwasser wieder halbwegs in Stand zu setzen. Das war sein Urlaub und dann musste er zurück an seinen Arbeitsplatz. Die Belastung war einfach zu groß.  Er hat versucht, sich das Leben zu nehmen, durfte seine Arbeit nicht wieder aufnehmen und ihm bleibt nur mehr die Frühpension.

Einmal hat er mich gefragt: Warum passiert es immer wieder, dass, wenn‘s mir einmal richtig gut geht, ich garantiert bestraft werde?

 

Straft uns Gott, weil es uns gut geht? Sind die Katastrophen, die wir erleben, Strafen Gottes für unser Wohlergehen, unseren Wohlstand? Extreme Trockenheit auf der einen Seite, Flutkatastrophen auf der anderen. Das Klima verändert sich, die Pole schmelzen, die Gletscher schrumpfen. Kostbares und gutes Trinkwasser wird immer weniger, die Wüsten mehr. Neue, unbekannte Krankheiten treten auf, für die es keine Heilung gibt. Sie treffen Pflanzen, Tier und Mensch gleichermaßen.  Hautkrebs ist immer mehr im Vormarsch, die lebensnotwendige Sonne ist  gefährlich geworden.

 

Es sind dies die Plagen der heutigen Zeit, und sie erinnern mich an die Plagen vor mehr als 3000 Jahren in Ägypten, von denen die Bibel berichtet: Weil der Pharao nicht bereit war, die hebräischen Sklaven freizulassen, schickte Gott Plagen für das ägyptische Volk, so dass der Pharao zum Umdenken gezwungen war: Das Wasser des Nil, und das heißt alles Brunnenwasser und Trinkwasser, wurde zu Blut und damit ungenießbar. Plötzlich waren überall Frösche, Mücken und Bremsen. Es breitete sich eine Viehpest aus, die allmählich auch auf den Menschen über griff. Es gab Hagelunwetter, die die ganze Ernte zerstörten, und Heuschrecken, die den Rest auffraßen. Eine tiefe Finsternis legte sich über das ganze Land, sodass nichts mehr wachsen konnte und zuletzt starben alle Erstgeborenen der Ägypter.

 

Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die die zehn ägyptischen Plagen mit dem Vulkanausbruch der Insel Santorin in Zusammenhang bringen. Ich denke aber, diese Erklärungsversuche gehen an der biblischen Botschaft vorbei. Schuld sind nicht irgendwelche Naturphänomene, Klimaveränderungen, höhere Gewalt. Schuld ist der Mensch. Damals wie heute. Damals der Pharao, der festhalten wollte an seinem Wohlstand, für den er seine Sklaven brauchte. Heute wir Menschen, die wir festhalten wollen an unserem Wohlstand. Das Ozonloch und die erhöhte Hautkrebsrate haben wir uns selber zuzuschreiben, ebenso die Klimaveränderung durch die Abholzung der Regenwälder. Wir brauchen nicht mehr Gott dafür verantwortlich zu machen und behaupten, er strafe uns. Und was das Traurige daran ist, damals wie heute: Es sterben nicht nur die Schuldigen, es leiden alle darunter, auch jene, die gar nichts damit zu tun haben. Das arme ägyptische Volk damals, das ja nichts für seinen Pharao konnte, und heute jene Menschen, die gar nichts dafür können, dass der Regenwald abgeholzt wird, Kernkraftwerke gebaut und Rinder mit Tiermehl gefüttert werden.

 

Und, wenn wir Gott ins Spiel bringen wollen, so heißt das, damals wie heute: Wenn der Mensch sich von Gott trennt, von seinem Ursprung und seiner Lebensgrundlage, dann hat er keine Chance mehr zu leben, und er nimmt diese Chance auch vielen anderen.

Ich denke, jeder und jede Einzelne von uns hat die Möglichkeit, daran mitzuwirken, zukünftige Plagen zu verhindern. Vielleicht sollten wir nur einmal darüber nachdenken, wie unsere Welt durch unseren ganz persönlichen Alltag beeinflusst wird. Durch das, was wir einkaufen, was wir essen, was wir anziehen, wie viel Müll wir produzieren, wie wir uns fortbewegen. Und vielleicht könnte dieses Nachdenken schon ein erster Schritt sein zu einem Leben im Einklang mit Gott und unserem Lebensursprung.