Das Evangelische WortSonntag, 17. 08. 2003, 6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1
Barbara Knittel „Habt Salz in euch und haltet Frieden untereinander“ Mk.9/50 Ich
bin seit einigen Tagen gerade wieder zurück aus den Vereinigten
Staaten, wo ich in der Nähe von Boston eine Weiterbildung besucht
habe. Da ist es auch um
Themen des „Friedens“ gegangen. Das wichtigste dabei waren mir
die Begegnungen mit sehr interessanten Menschen. Viele meiner
Freunde haben mich vor der Abreise gefragt: was suchst du denn
ausgerechnet jetzt nach dem Irakkrieg dort? Ähnlich wie
bei meinen Freunden haben sich bei mir Bilder von den Amerikanern
verdichtet, als Menschen, die kritiklos und halb gebildet einen
Krieg unterstützt haben, um die eigenen Wirtschaftsinteressen zu
verfolgen, um ihre Macht auszuweiten, um ihren Nationalismus damit
zu stärken. Für mich war das aber ein Grund, gerade jetzt
hinzufahren und auch meine Vorurteile zu überprüfen. Ich habe auch
daran gedacht, wie lange es nach dem 2. Weltkrieg gedauert hat mit
dem Bild von ‚den Deutschen’, das ja ganz ähnlich war. Und
eigentlich haben ‚wir Österreicher’ ja auch dazugehört. Was
mich nun in Boston sehr beeindruckt hat, das war Betroffenheit und
Scham bei vielen amerikanischen Tagungsteilnehmern, über das, was
derzeit politisch in den USA geschieht. Eine
75jährige Psychotherapeutin, die ihre Arbeit auch als einen Beitrag
zur politischen Bewusstseinsbildung sieht, hat mit Tränen in den
Augen ihre Sorge um die Zukunft für die nächste Generation ausgedrückt.
Und zugleich rückt sie nicht ab von ihrer Überzeugung, dass
achtsamer und vielschichtiger Kontakt zueinander immer wieder
gelernt werden muss, - als Basis für einen belebenden und
friedvolleren Umgang miteinander. Eine
methodistische Pfarrerin aus dem mittleren Westen hat ihre Empörung
ausgedrückt über die religiöse Sprache in den Reden von Präsident
Bush, womit nach ihrer Ansicht viele Lügen in moralisierender Weise
kaschiert werden. Und
mit einem Historiker haben wir lange über Parallelen diskutiert.
Was ist damals mit den Deutschen passiert, wie sie alle zu
Kriegstätern gestempelt wurden. Was ist mit den Österreichern
passiert, die nach dem Krieg bald auf die Opferseite gewechselt
sind, von den Deutschen überfallen. Und was passiert nun mit den
Amerikanern. Ein wichtiger Gedanke der Deutschen damals war ja:
„Am deutschen Wesen wird die Welt genesen“. Nicht viel anders
ist es in Amerika, wenn man an vielen Straßenecken die Bitte lesen
kann: “God save Amerika“, - Gott bewahre Amerika. Was
so gut war, dass es bald nicht mehr um die Deutschen, die Österreicher,
die Amerikaner gegangen ist, sondern die gegenseitige Wertschätzung
gewachsen ist, der Austausch so interessant wurde, die Eigenheiten
und Unterschiede der einzelnen in der Gruppe stärker hervorgetreten
sind. Anders kann man
auch sagen, - es ist um das Salz gegangen, um das persönliche Salz
der einzelnen, und dass dieses persönliche Salz verbindend wirkt.
Das beste Mittel, um plakative Vorurteile aufzulösen und
Kontakt zu finden. Natürlich,
das Bild des Salzes ist ein altes biblisches Bild und gehört in
einen größeren Zusammenhang und steht in Verbindung mit dem
biblischen Schalom, - das hebräische Wort für Friede. Schalom -
damit ist kein Zustand gemeint, der immer und ewig halten soll,
sondern das ist eine belebende Erfahrung , mitten in Begegnungen.
Und das geschieht, wenn
das Salz in den einzelnen wirkt und auf diese Weise
Verbindung und Unterschied erlebt werden. Es ist
eine Facette zu dem großen Thema des Friedens , wenn es heißt: „Habt
Salz in euch und haltet Frieden untereinander“ Mk.9/50
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