Das Evangelische Wort

Sonntag, 05. 10. 2003,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

Superintendentin Luise Müller (Salzburg)

Ich wünsche lhnen einen wunderschönen Sonntagmorgen.

 

Obwohl ich mittlerweile über 50 Jahre Erfahrung mit diesem Tag habe und mich auch von Berufs wegen mit dem Sonntag auseinandersetze, habe ich noch nicht den idealen Sonntag für mich gefunden.

 

Die Sonntage meiner Kindheit habe ich nicht immer geliebt. Ich erinnere mich an Sonntagskleider, die entweder zu klein oder zu groß waren und die ich nicht schmutzig machen durfte. Ich erinnere mich an langweilige Spaziergänge und ambivalente Verwandtenbesuche. Gerne hatte ich den Sonntagsbraten und den Kindergottesdienst. Schön war, dass die Eltern und Großeltern Zeit hatten und dass keine Schule war. Schön war, dass das Zeitkorsett lockerer saß als an anderen Tagen. Und besonders schön waren für mich die Samstagabende, denn da lag der ganze Sonntag noch vor mir, es gab zum Abendessen Bier für die Erwachsenen und für uns Kinder Malzbier anstatt Tee wie sonst immer.

 

Der Sonntag und auch der Sabbath waren immer schon ein Thema der Menschen. Sie erinnern sich vielleicht an die Erzählung von der Schöpfung, die erst durch den siebten Tag vollendet wird, an dem Gott ausruht von den Anstrengungen seines Schaffens. Sie erinnern sich vielleicht an das dritte Gebot, das uns ermuntert, den Feiertag zu heiligen. Und beim Propheten Jesaia heißt es im 58. Kapitel: Wenn du deinen Fuß am Sabbath zurückhältst und nicht deinen Geschäften nachgehst an meinem heiligen Tage und den Sabbath  „Lust" nennst und den heiligen Tag „Geehrt“ ...dann wirst du deine Lust haben am Herrn. und ich will dich über die Höhen auf Erden gehen lassen und will dich speisen mit dem Erbe deines Vaters Jakob; ( Vers 13f)

 

Lust und Ehre.

Lust: Wofür konnten Sie sich heute begeistern? Was ist Ihnen dje ganze Woche schon ein Herzensanliegen?

Ehre: Wodurch bekommt ein Tag, der herausragen könnte aus den vielen Alltagen seine Würde? Was wäre ein Sonntag voller Hochachtung?

 

Ich habe heuer im Sommer kaum Urlaub gehabt. Aber ich war für drei Wochen beruflich in Kanada und USA. Das war ein völlig anderes Leben, viel Neues, eine reiche Zeit, die Erfahrung fremder christlicher Tradition und kein Gedanke an meinen Alltag. Im Rückblick haben diese Tage mir mehr Kraft gegeben als manche Urlaubswochen, in denen ich nicht abschalten konnte. Vielleicht ist es auch mit dem Sonntag so: dass er uns dann eine Lust ist, ein Tag voller Würde, wenn er reicher ist als unsere Alltage. Dass er dann Kraft gibt für die Woche, wenn er herausfällt aus dem üblichen Rahmen, wenn in seiner Gestaltung sichtbar und spürbar wird, dass er etwas Besseres ist als nur ein Puffer in unserem Zeitplan.

 

Worauf sind Sie heute neugierig? Was fällt Ihnen für heute ein außer Pflichtbewusstsein und funktionieren? Was konnte diesen Sonntag, der vor lhnen und mir liegt zu einem Tag voller Lust und Ehre machen?

 

Viele Fragen, so zeitig in der Früh. Und ich wünsche uns viel Freude beim Nachdenken, Antworten finden und Ausprobieren, was der heutige Tag alles für uns bereithält.

 

Wenn du deinen Fuß am Sabbath zurückhältst und nicht deinen Geschäften nachgehst an meinem heiligen Tage und den Sabbath "Lust" nennst und den heiligen Tag "Geehrt" ...dann wirst du deine Lust haben am Herrn, und ich (der Herr) will dich über die Höhen auf Erden gehen lassen und will dich speisen mit dem Erbe deines Vaters Jakob; (Jesaia 58, Vers 13f)