Das Evangelische WortSonntag, 18. 01. 2004, 6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1
von Superintendent Paul Weiland Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn
lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen. (Joh
14/23) Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit findet sie von diesem
Sonntag bis zum nächsten Sonntag wieder statt, die Gebetswoche für
die Einheit der Christen. Weltweit sammeln sich Christen in den
Tagen dieser Woche in Gottesdiensten und anderen Veranstaltungen, um
mehr voneinander zu erfahren, Gemeinschaft zu erleben und für die
Einheit zu beten. Leicht wird es einem ja nicht gemacht heute, diese Einheit der Kirchen
noch als mögliche Realität zu sehen. Nicht nur gibt es auf allen
Seiten so unterschiedliche Interessen, die ein stärkeres
Beharrungsvermögen zu behalten scheinen als die Sehnsucht nach
Einheit, es fehlt darüber hinaus immer noch an einem Konzept dieser
Einheit. In einer zwölfköpfigen Diskussionsrunde kann leicht jeder
von der Einheit der Kirchen reden und dabei jeweils etwas anderes
darunter verstehen. Viele reden davon, aber keiner meint dasselbe. Gewiss ist das nicht nur
ein Problem der Ökumene, aber es ist eine nicht unbeträchtliche
Schwierigkeit, die im Willen Gottes begründete Forderung nach der
Einheit der Christen zu vermitteln. Einheit kann ja nicht Uniformität und unbedingte Übereinstimmung in
allen Details bedeuten. Dann wäre die Ehe von Mann und Frau genau
das Gegenteil von Einheit, und das widerspräche dem Schöpfungssinn,
dass sie ein Fleisch seien, wie es in der Bibel steht und die römisch-katholische
und die evangelische Kirche in den Trauungsfeiern betonen. Einheit
hat also jenseits von vordergründiger Übereinstimmung ihre
Bestimmung und Erfüllung. Es mag gut evangelisch für die einen, oder zu kurz gegriffen
protestantisch für die anderen klingen, aber für mich ist Einheit
gut definiert im Wort des Johannesevangeliums, dass der dreieinige
Gott – Vater, Sohn und Heiliger Geist - bei den Menschen – und
ich kann auch ergänzen – bei den Kirchen wohnen wird, die sein
Wort halten. Auf
das Halten des Wortes Gottes kommt es an. Und das ist immer noch am
authentischsten zum Ausdruck gebracht in dem, was Jesus Christus,
der Sohn Gottes, gesagt hat, solange er hier auf der Erde gelebt
hat. Es ist die große Aufgabe des Heiligen Geistes, uns immer
wieder daran zu erinnern, was Jesus uns gesagt hat, wie es im
Johannesevangelium im Vers 26 des 14. Kapitels heißt. In so manchen Lebensfragen wird man um das Verständnis des Wortes Gottes
ringen. Miteinander und mit dem Heiligen Geist. Aber auch in der Ökumene
ist die Wahrheitsfrage tatsächlich kein Verhandlungsgegenstand.
Nur, die Wahrheit ist eben nicht bei einer Institution oder bei
einer Lehre, sondern bei Jesus Christus. Es ist eine unzulässige
Verkürzung, die mit Jesus Christus geoffenbarte Wahrheit mit einer
Institution zu verknüpfen und diese damit gleichsam von höchster
Autorität legitimieren zu wollen. Der Gekreuzigte und Auferstandene ist der alleinige und souveräne Herr
der Kirche. Alle Kirchen sind daran zu messen, wie sie Christus
darstellen, nicht wie sie sich selbst darstellen. Für mich ist
diese Übereinkunft ausreichende Basis für ein Miteinander der
Kirchen, ja für eine Einheit der Kirchen, die in einer
gegenseitigen Akzeptanz und in einer wechselseitigen
Gastfreundschaft in allen Bereichen ihren Ausdruck findet. Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn
lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen. (Joh
14/23)
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