Das Evangelische Wort

Sonntag, 09. 05. 2004,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

Sup.-Int. Mag. Manfred Sauer,
Villach Kärnten

 

Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder Ps.98,1

 

Erstaunt habe ich vor kurzem in der Zeitung gelesen, dass die britische Regierung einen eigenen Glücksberater beschäftigt. Einen Soziologieprofessor aus Oxford, der die Aufgabe hat, herauszufinden, was die Engländer glücklich macht, damit die Regierung darauf rechtzeitig reagieren und entsprechend gezielte politische Maßnahmen setzen kann. Der Professor aus Oxford forscht aber nicht nur in England, sondern auf der ganzen Welt. Er hat anhand von Umfragen Vergleichsstudien im größeren Ausmaß angestellt. Er hat Menschen auf der Straße in unterschiedlichen Ländern befragt, ob sie glücklich sind. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Menschen der wirtschaftlich viel ärmeren Länder von sich behaupten glücklicher zu sein, als die Menschen in den wohlhabenden westlichen Nationen.

 

Geld macht also nicht glücklich. Im Gegenteil. Je reicher umso unglücklicher, unzufriedener und zerrissener sind die Menschen, wenn das stimmt, was sie angegeben haben.

 

Was sind eigentlich die Voraussetzungen für ein glückliches Leben?

Wann sagen wir, dass wir glücklich sind?

 

Wann hatte ich das letzte Mal das Gefühl, glücklich zu sein?

Wie sieht ein zufriedenes Leben aus?

 

Deutlich wurde aus den Befragungen, dass ein erfüllender Beruf und ein sicherer Arbeitsplatz ganz wichtige Faktoren sind. Arbeit und Beruf stärken das Selbstvertrauen und geben Sicherheit. Wenn die Arbeit darüber hinaus auch noch Freude macht erhöht das das Glücksempfinden.

 

Noch weiter oben in der Skala der Voraussetzungen für ein glückliches und zufriedenes Leben sind gelingende familiäre Beziehungen. Eine gute Ehe, gegenseitiges Vertrauen, das Gefühl, geborgen und gehalten zu sein.

 

Wichtig sind gut funktionierende soziale Bindungen, anerkannt und geachtet zu werden und sich in einem Netz von vertrauten und vertrauensvollen Menschen zu wissen.

 

„Sie müssten mir erlöster aussehen, diese Christen“, so hat Nietzsche das Christentum seiner Zeit kritisch kommentiert. Das heißt doch auch, glücklicher, gelöster, entspannter, gelassener, sollten wir sein.

 

Etwas von dem Grundvertrauen, von der Hoffnung und der Liebe unseres Glaubens müsste sich in unseren Augen, in unserem Gesicht, in unseren Gesten widerspiegeln. Im Präsidentschaftswahlkampf hat mich das Wort Kampflächeln sehr gestört. Es ist für mich ein schlimmes Wort, denn ein lachendes Gesicht empfinde ich als wohltuend, es weckt Vertrauen und baut Barrieren ab.

 

Ich bin überzeugt, dass Menschen, die im Glauben verwurzelt sind und aus der Quelle des Evangeliums für das alltägliche Leben schöpfen zufriedener und glücklicher sind. Der Glaube an einen liebenden Gott, der in Jesus Christus Mensch geworden ist, gibt Orientierung. Ein solcher Glaube trägt, gibt Kraft und Mut. Das heißt nicht, dass wir Christen die Dauerlächler und die Glückspilze vom Dienst sind. Das Leben bleibt wechselhaft. Erfahrungen von Leid, Schmerz auch Unzufriedenheit bleibt bei niemandem aus. Oft sind es gerade solche schwierigen Lebenssituationen, in denen ganz besondere Gotteserfahrungen gemacht werden.

 

Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder, rät der Psalmist den Glücklichen und Zufriedenen, aber auch den Unglücklichen und Unzufriedenen.

 

Ein neues Lied anzustimmen heißt, ein neues Kapitel aufzuschlagen, nicht im Alten stecken zu bleiben. Singen löst und öffnet das Herz.

In einer Volkschule in Villach, in der meine Frau unterrichtet, wird jeder Schultag mit Singen begonnen. Alle Schüler versammeln sich in der Aula und singen mehrere Lieder, die zur Jahreszeit und zum Kirchenjahr passen. Das wischt den letzen Schlaf aus den Augen, bringt gute Stimmung, erfrischt und belebt die Sinne.

 

Dieses allmorgendliche Singen regt den Geist an und fördert die Gemeinschaft.

 

Singet dem Herrn ein neues Lied, denn das beglückt und wirkt wunder.