Das Evangelische Wort

Sonntag, 18. 07. 2004,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

von Oberkirchenrätin Dr. Hannelore Reiner

 

"Über das Wetter"

 

„Der Sommer fand heuer an einem Mittwoch statt“, meinte neulich ein Bekannter zu mir, um sich daran anschließend über den verregneten Sommer auszulassen. Mein Hinweis, dass der Sommer ja noch nicht einmal zur Hälfte vorbei sei, half da nicht viel.

 

Kommentare zum Wetter sind beliebter Gesprächsstoff, unverfänglich und meist sehr verbindend. Man kann so herrlich darüber schimpfen, denn es tut ja niemand wirklich weh.

 

„Für das Wetter sind Sie zuständig“, so habe ich es als Gemeindepfarrerin öfters bei Veranstaltungen und Festen gehört. Der römisch-katholische Kollege wurde auf seinen besonderen Draht zu Petrus hingewiesen, bei mir war es jener zum Wettergott. Meist habe ich dazu gelächelt. Manchmal aber, vorwiegend dann, wenn das Fest verregnet war und die Pfarrer die Schuld dafür übernehmen mussten, habe ich allerdings eine solche Verantwortung strikt von mir gewiesen.

 

Wie verhält es sich denn nun aber tatsächlich? Martin Luther versteht die vierte Bitte des Vaterunsers „Unser täglich Brot gib uns heute“ in seiner Erklärung sehr umfassend. Da zählt auch „gut Wetter“ dazu. Der Zusammenhang zwischen Sonne und Regen zur rechten Zeit und einer gesegneten Ernte ist für jeden Menschen, der auf dem Land aufgewachsen ist, noch nahe liegend. Also ist das Wetter doch Gottes Sache und das Bitten um passendes Wetter - genügend Regen für das Wachstum der Pflanzen, dann aber Sonnenschein und Wärme zum Einbringen der Ernte, für die Süße des Weins und schließlich auch für die erholsamen Urlaubstage liegt sich nahe.

Freilich, die Erfahrung lehrt, dass diese nur allzu verständlichen Wünsche nicht immer eins zu eins erfüllt werden. Menschen in anderen Ländern und auch bei uns leiden unter permanenter Dürre, Überschwemmungen zerstören fruchtbare Felder und eine Viertelstunde Hagelschlag kann auch bei uns die Ernte vernichten.

 

In fast allen Religionen existiert daher die Vorstellung vom Ausgeliefertsein an eine Gottheit im Blick auf das Wetter. Zeus wird mit Blitzen in der Hand dargestellt, das deutsche Wort „Donner“ ist abgeleitet von der germanischen Gottheit Donar und mir wurde als kleines Kind beim Donnergrollen noch erklärt, dass der Vater im Himmel zürnt, was die Angst vor dem Gewitter nicht gerade verkleinert hat.

 

So schicksalhaft können wir heutzutage Witterungsbedingungen nicht mehr hinnehmen. Es ist bekannt, dass Klimawandel und Naturkatastrophen meistens auch ganz innerweltliche und menschliche Ursachen haben. Aber auch diese sind nicht eins zu eins nachweisbar genauso wenig wie die göttliche Zuwendung.

 

Paul Gerhardt, der Liederdichter in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, hat entsetzliche Katastrophen in seinem Leben durchlitten. Aber er ringt sich durch und schreibt:

 

Befiehl Du Deine Wege und was Dein Herze kränkt der allertreusten Pflege, des, der den Himmel lenkt. Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da Dein Fuß gehen kann.

 

Das Lied schöpft aus einem tiefen Vertrauen. Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat und erhält, dem kann auch ich mich anvertrauen an hellen sonnigen Tagen, aber auch wenn es dunkel ist und durch Stürme geht. In seinem Namen stehen Christen und Christinnen auch anderen bei, Wege aus den Stürmen des Lebens zu finden.