Das Evangelische WortSonntag, 22. 08. 2004, 6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1
von Pfarrerin Gabriele Lang-Czedik, Wien
Holy days
Meinen
Traum-Urlaub habe ich heuer schon hinter mir. Und noch immer bin ich
ganz erfüllt davon… Wenn
ich das Bekannten sag´, dann fragen mich manche: Was hast du denn
so Tolles gemacht? Warst du vielleicht auf einer Kreuzfahrt auf
einem Luxus-Dampfer? Oder
in einem All-Inclusive-Hotel auf den Seychellen mit heißen Nächten
und kühlen Drinks? Mit wem warst du weg? Mit deinem lieben Mann?
Mit einem anderen? Mit deinen großen Töchtern? Mit guten Freunden? Nein,
nichts von alledem. Mein Traum-Urlaub seit jetzt schon 12 Jahren heißt
jeden Sommer: Eine Woche Stille, Einsamkeit und Fasten. Wo,
das spielt gar keine solche Rolle; Hauptsache, es ist still da. `Und
was kann so ein Haus der
Stille?´ hat mich einmal mein sehr aktiver Schwager skeptisch
gefragt. - `Es kann still sein, das genügt…´ Manchmal
weine ich vor Freude, wenn ich ankomme. Sieben Tage Stille erwarten
mich, nicht reden müssen, nicht arbeiten, nicht kochen, nicht
essen, überhaupt nichts müssen... schon
die Verneinungen sind wunderschön. Aber
dazu kommt noch etwas Anderes: Die Stille empfängt mich, spricht zu
mir, singt, vibriert, lässt mich eintauchen in 7 heilige Tage, holy
days, holidays, Ferien, heilige Tage… Zeit zum Lesen, zum Ruhen,
zum Beten, zum Meditieren… Und
um in diesen Raum wirklich einzutreten, brauche ich Zeit und völligen
Freiraum. Der
Theologe Thomas Merton schreibt: „Das
verborgene innere Ich hat keine Pläne und will nichts
verwirklichen, nicht einmal die Kontemplation. Dieses Ich will nur
sein, will lebendig sein. Es gleicht einem scheuen Tier der Wildnis,
das sich Fremden nicht zeigt. Es kommt erst aus dem Wald, wenn alles
im Frieden, im Schweigen ist, wenn es alleine und unbelästigt ist.
Von niemandem kann es herausgelockt werden, weil es nur der
Verlockung der göttlichen Freiheit folgt…“ Und
diese Verlockung ist groß für mich… Unterm Jahr gebe ich dieser
Verlockung zur Meditation in Gott immer nur kurz nach. Zu sehr,
meine ich, haben die beruflichen und privaten Verpflichtungen
Vorrang vor meiner Sehnsucht, mich in Gott fallen zu lassen. Aber
in den holy days bekommt meine Seele die Nahrung, nach der sie
schreit. Da
verzichtet der Körper schnell auf sein Bedürfnis nach Nahrung. Er
kennt diese Woche schon. Nach einem Tag stellt er sich auf die
innere Ernährung um, lebt ohne Murren von den Reserven, die wir als
Mitteleuropäer ja auf unseren Hüften herum tragen. Im
Gegenteil, auch der Körper genießt diese Befreiung vom
Stoffwechsel-Zwang. Leicht und frei fühlt er sich an in diesen
Tagen, hat durchaus Kraft zu Spaziergängen und Radfahren, zum
Schwimmen, Musizieren und Malen… Und
mein Body freut sich mit, dass meine Seele endlich bei dem ankommt,
wo sie immer hin will. Ich empfinde es so, wie Juliane von Norwich,
eine englische Mystikerin schreibt: „Gott ist mir näher als meine
eigene Seele, er ist der Grund, in
dem meine Seele gründet. Er ist das Bindeglied, das alles zusammen
hält. In
Gott ist meine Seele innig verwurzelt.“ Und
diese Verwurzelung spüre ich in dieser meiner Woche wieder ganz
deutlich… Da
sitzen, spüren, einfach schauen, ohne Absicht, ohne Ziel, ohne
Zeitdruck, Gott
spüren, in mir, um mich... Merken,
was unwesentlich wird: Kränkungen, Ehrungen, Papiere verwalten… Merken,
was wesentlich ist durch Gott: Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der
Schöpfung. Mich
finden in der Mitte, mich wieder ausrichten auf´s Wesentliche…
|