Das Evangelische WortSonntag, 26. 12. 2004, 6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1
von Bischof Herwig Sturm (Wien) Der
zweite Weihnachtsfeiertag ist da zum Ausruhen, die Aufregungen und
der Stress von Weihnachten sind vorbei. Jetzt kann ich die Geschenke
in Ruhe anschauen, die Bücher lesen, Musik hören, und manche
besuchen heute ihre Verwandten und Freunde. Man muss nicht mehr so
viel Essen und Trinken wie beim großen Weihnachtsfest, vielleicht
schmeckt es dafür noch ein wenig besser. Eine
Umfrage hat ergeben, dass 1/3 der Österreicher Angst vor
Weihnachten hat und froh ist, wenn es vorbei ist. Der Grund: Wunsch
und Wirklichkeit klaffen nie so weit auseinander wie bei diesem
Fest. Der große Wunsch, dass es wieder so schön wird, wie es
einmal in der Kindheit war, erzeugt Stress und Streit. Vielleicht
ist der heutige Tag gut, um ein Telefonat zu führen, den einen oder
anderen Misston wieder in Ordnung zu bringen und den
Weihnachtsfrieden einzuleiten. Es
ist ein Teil der Hoheit des Menschen, aber auch seiner Gefährdung:
Wir können weit über uns hinaus denken, wir können uns herrliche
Feste, wunderbare Urlaube, einzigartige Liebschaften ausmalen, nur
die Wirklichkeit tut nicht mit. Gott
hat seine neue Welt ganz bescheiden angefangen, mit der Geburt eines
Kindes im offenen Stall, wo Hirten und Könige Zugang haben. Das
Wunder der Weihnacht besteht nicht im Marktwert der Geschenke, das
wissen wir alle, es besteht in der Wahrhaftigkeit der Liebe; da
ist Gott verlässlich und jeder glücklich, der einen Menschen
findet, der verlässlich ist in der Liebe. Heute,
an diesem zweiten Weihnachtsfeiertag, an diesem Sonntag, hören wir
in unseren Kirchen einen wunderschönen Text aus dem
Johannesevangelium, Kap.8, V.12: “Jesus
Christus spricht: Ich bin das Licht der Welt. Wer
mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern
wird das Licht des Lebens haben.“ In
unseren Zimmern steht wahrscheinlich noch der Christbaum und es ist
wunderschön, wenn dieser Baum mit vielen Lichtern leuchtet, da
leuchten auch die Augen, da öffnen sich die Herzen. Das Licht von
Weihnachten soll aber nicht nur am Christbaum bleiben, es soll
Alltag werden. Dieser Christus, der die Welt verändert hat, mit
seinem Kommen, mit seinem Leben, Sterben und Auferstehen, der will,
dass wir seine Lichter werden, dass wir in der Welt leuchten: In dem
Mut, dran zu bleiben an dieser Welt, in der Phantasie für Frieden
und Bewahrung der Schöpfung und als Licht gegen die Finsternis in
Liebe und Versöhnung.
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