Das Evangelische WortSonntag, 06. 02. 2005, 6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1
von
Pfarrerin Mag. Renate Moshammer, Agoritschach-Arnoldstein/Kärnten „Wir
tragen viele Masken und haben kein Gesicht. Wir
sprechen eine Sprache, verstehn einander nicht. Wir leben in der Fülle und sind im Herzen leer. Wir
sehnen uns nach Stille, ertragen sie nicht mehr.“ So
heißt es in einem Lied. Recht
negativ wird da das Tragen von Masken abgehandelt. Es
ist mir schon klar: immer wieder spiele ich den anderen etwas vor.
Oft genug auch mir selbst. Da kann ich zur perfekten Schauspielerin
werden. Und das alles mit meinem alltäglichen, ernsten, seriösen
Gesicht. Wenn ich dann diese Maske, an der ich doch so sorgfältig
gearbeitet habe, abnehmen muss, dann tut das weh. Schließlich hab
ich mich schon so an sie gewöhnt. Ich könnte sie schon selbst mit
meinem eigenen Gesicht verwechseln. Die Maske der Siegerin, die
Maske der Erfolgreichen, die lächelnde Maske der Starken, die sich
durch keinen Sturm des Lebens unterkriegen lässt. Ich
geb ´s gern zu: Diese Masken haben ihre Tücken. Vielleicht weil
sie so fest sitzen. Aber
gerade darum liebe ich diese Zeit im Jahr, den Fasching. Diese Zeit,
in der die Menschen ihre Masken wechseln. In der sie lachend und
offen das zur Schau tragen, was sie sonst unter einem ernsten
Gesicht verstecken: Den Piraten und Eroberer, den verwegenen Cowboy
und den Clown. Ich liebe diese Zeit der Phantasie und der Farben –
gerade, wenn vom Wetter her noch das winterliche Weiß vorherrscht.
Ich liebe die Fröhlichkeit, die Feiern und die Umzüge. Auch wenn
ich weiß, dass das ein uraltes, heidnisches Brauchtum ist. In
der Bibel suche ich das Wort „Maske“ vergeblich. Und der
„Narr“ hat in der Heiligen Schrift sowieso immer einen negativen
Beigeschmack. Ja, in diesem Bereich scheint das Christentum wieder
ganz seinem Ruf als langweilig, todernst, lustfeindlich und
verstaubt gerecht zu werden. Es geht dabei halt doch nur um den Kopf
– und nicht um ´s G´müt. Klugheit, Weisheit und Gottesfurcht
sind gefordert. Es ist zum Verzweifeln! Da
hat es mich doch gefreut, dass ich gerade in der Weisheitsliteratur
eine Stelle gefunden habe, die Gott und die Weisheit noch in einem
ganz anderen Licht erscheinen lässt. Als „Liebling Gottes“ wird
sie da beschrieben. Im Buch der Sprüche stellt sie sich vor mit den
Worten: „Als
Gott dem Meer seine Grenze setzte, die seine Fluten nicht überschreiten
dürfen, als
er die Grundfesten der Erde legte, da
war ich als sein Liebling bei ihm; er
hatte täglich seine Lust an mir und
ich spielte vor ihm allezeit; ich
spielte auf dem Erdkreis und hatte meine Lust an den
Menschenkindern. So
hört nun auf mich, meine Kinder! Wohl
denen, die meine Wege einhalten!“
Spr. 8, 29 - 31 Das
ist doch ein schönes Bild. Es ist vor allem ein ganz anderes Bild,
als es normalerweise von Gott oder von der Weisheit gezeichnet wird.
Da ist nichts von Ernst und Erhabenheit. Da ist Lust und Freude und
Spiel. Es
ist ja nicht so, dass ich unbedingt so etwas wie eine „biblische
Genehmigung“ brauche, um die Feiern und Umzüge in diesen Tagen
genießen zu können. Aber ich möchte diese Bibelstelle für mich
festhalten – über die närrischen Tage hinaus. Gerade auch dann,
wenn die Faschingsmasken wieder weggepackt werden und unter der farbenfrohen
Schminke wieder das alltägliche Gesicht zum Vorschein kommt. Gerade
dann, wenn der Alltag und der „Ernst des Lebens“ mich wieder
einholt. Gerade dann möchte eich mich daran erinnern, dass Gott
seine Freude, sein Lust am Spiel hat. Dass die Weisheit spielerisch
Gottes Liebling ist. Und dass sie einlädt, ihr auf diesem Weg zu
folgen.
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