Das Evangelische Wort

Sonntag, 17. 04. 2005,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

„Papstwahl“

von Pfarrer Bernd Hof (Innsbruck, Tirol)

 

"Wie ist das jetzt mit euch Evangelischen und dem Papst?" hat mich dieser Tage jemand gefragt, als wir beide auf den Lift gewartet haben. Was sagt man da in zwei Sätzen? "Der katholische Bischof von Rom ist das absolute Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche" hab ich geantwortet. "Die evangelischen Kirchen sind eher demokratisch organisiert." - "Ihr habt´s also kan Papst?" hat mein Gegenüber weitergefragt. "Nein" hab ich gesagt "und wir können auch nicht viel mit ihm anfangen."   Der Lift war da, das Gespräch war zu Ende.

 

Morgen tritt in Rom das Konklave zusammen, um einen neuen Papst zu wählen. Es wird also auch in der römisch-katholischen Kirche gewählt - freilich nur in Ausnahmefällen, normalerweise wird von oben her eingesetzt. Bei uns Evangelischen werden alle Amtsträger gewählt, vom Gemeindevertreter und der Pfarrerin bis zum Bischof oder der Bischöfin. Und sie alle können auch abgewählt werden, wenn sie kein Vertrauen mehr genießen.

115 Männer dürfen den neuen Papst wählen - alles Bischöfe, die von einem Papst zu Kardinälen ernannt worden sind. Keiner von ihnen ist verheiratet, keine Frau ist unter ihnen, die meisten sind über 70 Jahre alt, die da in ihren kardinalsroten Roben einziehen werden. Und dann wird hinter ihnen die Tür zugemauert. Ich merke: Das ist doch eine fremde Welt für mich.

 

Die Wahl findet im Vatikan in der Sixtinischen Kapelle statt. Ich hab gemeint, das wäre tatsächlich eine Kapelle, und so war ich völlig überrascht, als ich sie das erste Mal betreten habe: Die so genannte Sixtinische Kapelle ist ein großer Saal, ungewöhnlich hoch, und alle Wände und die Decke sind von Michelangelo mit unglaublich lebendigen Fresken ausgestattet worden - wirklich ein überwältigender Anblick.

 

Ich muss dabei freilich auch daran denken, wie alle Reformatoren gegen Prunk und Hierarchie in der Kirche gekämpft haben: Armut steht der Kirche besser an als Reichtum, haben sie betont, und Dienen ist die Aufgabe derer, die kirchliche Ämter ausüben, nicht herrschen.

 

So tut mir der Titel "Heiliger Vater" weh, denn Jesus hat den Titel "Heilig" für sich selbst abgelehnt, und er hat zu seinen Jüngern gesagt: "Ihr sollt euch nicht Vater nennen lassen, denn einer (nämlich Gott) ist euer Vater, ihr aber seid Geschwister." Das versuchen wir in den Evangelischen Kirchen zu praktizieren: Jeder und jede Getaufte hat denselben direkten Zugang zu Gott, keiner ist dem anderen grundsätzlich übergeordnet. Wir alle zusammen sollen Jesus Christus in der Welt repräsentieren. Darum kann auch keiner behaupten, er sei unfehlbar: Jede Erklärung muss sich an der Heiligen Schrift messen lassen und dem Gespräch stellen. Zugegeben, das ist mühsamer, als wenn einer sagen kann, was alle zu glauben haben - aber es ist eben der evangelische Weg.

 

Was erhoffe ich als evangelischer Christ vom nächsten Papst? Ich hoffe zunächst, dass er anerkennt, dass die christliche Kirche immer erneuert, reformiert werden muss, wenn sie nicht erstarren soll. Und dass er daher die Fragen positiv aufnimmt, die so vielen Katholiken unter den Nägeln brennen.

Und für uns Evangelische, ja überhaupt für die anderen Kirchen wünsche ich mir vom kommenden Papst, dass er auf große Gesten auch konkrete Schritte folgen lässt, dass endlich die gegenseitige Anerkennung praktiziert und die Gemeinschaft am Tisch des Herrn freigegeben wird - dass also auch offiziell Evangelische an der katholischen Kommunion teilnehmen dürfen und Katholiken an unserem Abendmahl. Vom Papst hängt ja so viel ab.

 

Darum bete auch ich dafür, dass in dem morgen beginnenden Hin und Her in der Sixtinischen Kapelle sich letztlich Gottes guter Geist durchsetzt bei der Papstwahl.