Das Evangelische Wort

Sonntag, 24. 04. 2005,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

"Bruder Benedikt"

von Pfr. Wolfgang Olschbaur, Bregenz                

 

Die Leute wollen was zum Schauen haben. Am Anfang mag wohl das Wort gewesen sein, aber heute steht das Bild an erster Stelle. Das Sterben des alten Papstes wurde wirksam zelebriert. Das berühmte Fenster und der kranke Mann mit zitternder Hand, zum Segen erhoben. Seine Stimme hat versagt. Wie von Geisterhand wurde er da zurückgezogen in das Dunkle des Palastes - und der Vorhang ist gefallen.

 

Die ganze Buntheit der Beisetzungsfeierlichkeiten hat sich für kurze Zeit auf schwarzen und weißen Rauch reduziert. Aber bald kam die erlösende Botschaft: Habemus Papam!

 

Dann die ersten Bilder vom Balkon. Der erste Auftritt des neuen Papstes.

Die ersten Gesten sind so wichtig! Er hat gelächelt. Vielleicht war er auch ein bisschen stolz auf sich. Man sagt ihm nach, er sei sehr ernst. Aber er muss auch Humor haben. Jedenfalls hat Kardinal Ratzinger den Karl Valentin-Orden verliehen bekommen. Die Bürde seines Amtes hat ihm vielleicht später den Humor etwas verschüttet. Dabei hat Humor viel zu tun mit Glauben und mit Freiheit. Wer über sich selber lacht, hat Gott zum Partner. Der hat auch Humor, sonst könnte er die Menschen – trotz allem – nicht so lieben.

 

Evangelischen Christen ist noch im Ohr, was Kardinal Ratzinger im Zusammenhang mit "Dominus Jesus", dem vatikanischen Papier, gesagt hat. Da hat er den Kirchen der Reformation das Kirchesein im eigentlichen Sinn abgesprochen, und dass im Umgang mit ihnen der Ausdruck "Schwestern und Brüder" zu vermeiden sei. Das tut weniger weh als es auf Unverständnis stößt. Es zeigt von geringem Respekt und großem Selbstvertrauen.

 

Kardinal Ratzinger hat in vielen Reden vor religiösem Liberalismus und Relativismus gewarnt. Er sieht in der Ökumene keinen partnerschaftlichen Umgang der Kirchen miteinander, sondern eine Preisgabe von eigenen Glaubensinhalten. Er befürchtet ein Christentum des kleinsten gemeinsamen Nenners. Aber wenn Christus uns eint, dann ist der Nenner doch gar nicht so klein!

 

Ratzinger ist ein Intellektueller. Das kann im Zeitalter der Oberflächlichkeiten nur von Vorteil sein. Er ist jedenfalls kein Schauspieler. Er wird die Gottesfrage stellen und diskutieren, nicht administrieren. Er ist zwar kein Seelsorger. Seine Spiritualität ist eher trocken. Das wird enthusiastischen Himmelsstürmern gar nicht gefallen. Aber lieber eine karge Frömmigkeit als eine trübe!

 

Joseph Ratzinger nennt sich Benedikt XVI. Sein Name zeigt, dass er sich nicht als Fortsetzung seines Vorgängers verstehen möchte. Aus dem Schatten dieses "Felsens" wird er aber nicht so leicht heraustreten können.  Benedikt

erinnert an Benedikt von Nursia, den Vater des europäischen Mönchstums, Gründer des Benediktiner-Ordens. Dieser steht für Baukunst und Buchmalerei, für Scharfsinn und Politik, für Chorgesang und Likör.

 

Ein Benedikt als Papst wirkte bereits in der Zeit der Aufklärung, ein anderer während des 1. Weltkrieges. Er war für Frieden, aber niemand hat auf ihn gehört.

 

Der Name könnte Teil eines Programms werden: Aufklärung – Frieden – Europa & die Welt. Dazu wünschen darf man sich noch Themen wie Armut, Frauen, Ökumene.  - Und wenn es geht die Eucharistie. Viele Christen mit Partnern aus einer anderen Konfession, würden gerne gemeinsam das Abendmahl feiern. Sie tun es zwar schon ohnehin. Aber wenn der Papst es erlauben würde, dann wäre es noch viel schöner. Und Jesus hätte bestimmt gar nichts dagegen!

 

Benedikt heißt ja: Der Gesegnete!

Nun sei willkommen Bruder Benedikt – Gott segne dich!

Und  tu dein Werk zum Segen für viele!