Katholischer Gottesdienst

 

Sonntag, 09. 03. 2003, 10.00 Uhr - 11.00 Uhr, 

 ORF Regionalradios

Dom zu Graz (Kunst-Universität)

 

(1.    Fastenso.) 

Eröffnung/Introitus: Invocabit me und

Gotteslob  Nr. 291

Kyrie: GL 405 aus "Missa de angelis"

Graduale: Angelis suis

Halleluja: GL 564

Glaubensbekenntnis gesungen: GL 423

Offertorium: Scapulis suis

Sanctuslied: GL 407 aus "Missa de angelis"

Agnus dei: GL 408 aus "Missa de angelis"

Kommunion: Scapulis suis

Danksagung: GL 931

 

Vorsteher des Gottesdienstes:

Univ. Prof. Dr. Johann Trummer

Die Choralschola des Instituts f. Kirchenmusik der Kunstuniversität Graz

Leitung: Prof. Dr. Franz Karl Praßl

Prof. Konstantin Reymaier

 

www.domgraz.at

 

 

 

 

Homilie

 

Liebe Schwestern, liebe Brüder!

1. Vor wenigen Tagen haben wir wieder eine Fastenzeit begonnen, wie die Kirchen sie Jahr für Jahr ansagen.

Fasten ist für einen großen Teil der Menschheit ein bitteres tägliches Schicksal. Für viele von uns ist Fasten eine heilsame und notwendige Abwechslung. Aber darin erschöpft sich nicht der Sinn jener Fastenzeit, die wir im Gottesdienst ausrufen. Wir nennen sie auch "österliche Bußzeit". Das stellt das Fasten in einen größeren Horizont, hat mit dem Glauben an den befreienden Gott zu tun. Es bedeutet, endlich wieder einmal nicht um sich selbst kreisen, einen anderen im Mittelpunkt sein lassen, dem Nächsten den Lebensraum geben oder wiederherstellen, der ihm so oft streitig gemacht wird.

Am Beginn der österlichen Bußzeit hören wir die kürzeste Zusammenfassung des Evangeliums, seinen Kerngehalt:

Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe.

Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!

 

2. Das Evangelium beginnt mit der Proklamation des Gottesreichs. Vorausschauend auf Ostern wissen wir, dass sie in Tod und Auferstehung Jesu besiegelt wurde. Die Antwort auf die Frohbotschaft heißt Umkehr. Aber ist der Mensch überhaupt fähig zur Umkehr? Zur Veränderung? Zum Umdenken?

Lesen wir nach im Evangelium: Veränderungsbereitschaft ist nicht das Werk des Menschen. Das erste Wort und der erste Schritt kommen von Gott. Und deshalb ist Umkehr möglich, wird der Mensch dazu befähigt. Denn Umkehr ist nicht Voraussetzung für das Reich Gottes, sondern umgekehrt: das Reich Gottes ist Voraussetzung für die Umkehr. Der Streit, wer sich zuerst in Bewegung setzen muss, Gott oder der Mensch, ist seit Bethlehem beendet. Das ist die Torheit des Evangeliums. Sie bleibt Richtschnur für den Weg des Evangeliums und seiner Zeugen. Gottes Wort verkünden heißt auf den Menschen zugehen, nicht warten, dass er sich zuerst in Bewegung setzt, Vorleistungen erbringt. So hat die Gnade den Vorrang in allem.

3. Weil das Reich Gottes angesagt ist, darf nicht alles beim Alten bleiben, beim Wunsch nach Selbstbestätigung oder gar nach Rückkehr in das Gestern, als sei das Heute eine Zeit mit weniger Gnade, eine Periode der Gottesferne. Wir zählen uns zu den Jüngern Jesu. Österliche Bußzeit bedeutet, dass wir nach dem Schritt Gottes auf uns zu den nächsten Schritt setzen, vorangehen und nicht weiter auf der Stelle treten. Die jährliche Fastenzeit ist ein Anlass, Festgefahrenes in Frage zu stellen, das Neue und damit die uns geschenkte Zeit anzunehmen.

Die Umkehr zeigt sich im Umgang mit Speise und Trank, mit Zeit und Geld, im Bemühen um die Heilung gestörter Beziehungen. Die österliche Bußzeit ist Einladung wie Mahnung, zu den Quellen zu kommen, aus denen wir leben: zu Gebet, Schuldbekenntnis und Versöhnung, zur notwendigen heilenden Erfahrung, nicht uns selbst ausgeliefert zu sein, verfallen und abhängig. Der Dialog mit Gott wie der Glaube der Kirche erlangen wieder Frische im Hören, im Beten, in der rücksichtsvollen Begegnung mit dem Menschen, vor allem mit den Notleidenden.

Gegen alle festgefahrenen Vorurteile, dass die Menschheit nichts lerne und sich nicht ändere, gilt im Evangelium: "Umkehr ist möglich, Umkehr ist nötig." So hat es uns der Heilige Vater vor 20 Jahren beim Katholikentag zugerufen.

Wir verlangen und erwarten aus vielen guten Gründen Umdenken und Veränderungen auch in der Gesellschaft. Aber gerade deshalb sind Umkehr und Veränderung unersetzliche Kennzeichen der Jüngerschaft und der Kirche.

4. Jesus Christus beginnt seinen Weg und sein Wirken mit vierzig Tagen der Vorbereitung in der Wüste, zurückgezogen und ausgesetzt zugleich. Er sucht den allgegenwärtigen Gott. Er ist vom Geist geführt. Und er erfährt die Versuchung, denn das Reich Gottes beginnt mitten in der Welt, nicht abgehoben von ihr, als wäre es aufgerichtet in Bezirken, die frei sind von Sünde und vom Zugriff des Bösen. Jesus lebt bei den wilden Tieren, doch Engel dienen ihm.

Das weist auf den Weg der Jünger voraus: dass wir in der Umkehr das Vertrauen wiedergewinnen, Halt finden und Halt geben, weil wir uns von Gottes Geist geleitet und in aller Bedrängnis von seinen Engeln umgeben wiederfinden. Amen