Katholischer Gottesdienst
Sonntag, 04. 05. 2003, 10.00 Uhr - 11.00 Uhr,
ORF Regionalradios
Stadtpfarrkirche zum
Heiligen Blut in Graz
Der Gottesdienst
Die Pfarrkirche
Predigt
Propst Heinrich Schnuderl ist nach dem Gottesdienst
telefonisch erreichbar: 0316/829684/19
Gottesdienst
(3.
Sonntag d. Osterzeit)
Eröffnung:
GL 936, 1 - 3 "Der Heiland ist erstanden"
Kyrie/Gloria:
Johann Georg Zechner: „Missa
Sanctae Eleonorae“
nach
der 1. Lesung: GL 233, 3 "Christus
ist erstanden" und Verse aus dem Münchner Kantorale
Halleluja: GL 530, 7
mit Chor-Coda von Berthold Hummel
Zur
Gabenbereitung: GL 220 "Das ist der Tag"
Sanctus/Benedictus:
Johann Georg Zechner: „Missa Sanctae Eleonorae“
Kommunion:
J. Rheinberger: „Dextera domini“
Danklied:
GL 935, 1. 2. 6 "Ist das der Leib" von Friedrich von Spee
Nach
dem Segen: Anton
Bruckner "Tota pulchra es"
Auszug:
Orgel, Flor Peters "Ave maris stella"
Vorsteher des Gottesdienstes:
Prälat Dr. Heinrich Schnuderl
Der
Chor der Stadtpfarrkirche
Kantor:
Martin Fournier
Leitung
und Orgel:
Andrea Fournier
Predigt
Liebe
Schwestern und Brüder! Liebe Gottesdienstgemeinde hier in der
Grazer Stadtpfarrkirche und – vermittelt durch den Rundfunk –
weit darüber hinaus!
In
der Osterzeit singen wir „Der Tod hat keinen Stachel mehr!“
Das
Hochgebet der Messe bekennt: „Unser Tod ist durch seinen Tod überwunden.
In seiner Auferstehung ist das Leben für alle erstanden!“ Und
soeben haben wir den Ostergruß des auferstandenen Herrn gehört:
„Der Friede sei mit euch!“ – vertraute Worte!
Zugleich
haben wir aber vor uns die Bilder von Terror, Krieg und Zerstörung.
Ein größerer Gegensatz ist kaum vorstellbar. Für viele ist die
Osterbotschaft dadurch desavouiert, sie verstehen unsere Feste nicht
und können unsere Osterfreude nicht teilen.
Diese
Spannung ist aber schon in der Liturgie und in den Texten der
Heiligen Schrift gegenwärtig: In der Lesung aus der
Apostelgeschichte haben wir die Predigt des Apostel Petrus gehört:
„Den Urheber des Lebens habt ihr getötet!“
Die
Heilige Schrift des Neuen Testaments und die Glaubensverkündigung
der Kirche haben mit immer neuen Worten versucht, das Geheimnis Jesu
zur Sprache zu bringen: wir nennen Jesus den Christus, den Messias,
Menschensohn, Sohn Gottes, Erlöser, Kyrios – Herr. Alle diese
Begriffe sind unverzichtbar und belegen das beharrliche Ringen der
Kirche, die österliche Botschaft in neue Situationen und Umwelten
hineinzutragen. Vielleicht sollten wir heute dieses Wort und seine
Wahrheit neu entdecken: Jesus Christus – der Urheber des Lebens.
Was
meint Petrus, wenn er Jesus als „Urheber des Lebens“ bekennt?
Zunächst durchaus eine Erfahrung, die die Jünger Jesu schon vor
dem Karfreitag gemacht haben: Jesus hat ihnen Leben geschenkt, geschützt
und erneuert:
den Sündern
– vom Verlorenen Sohn heißt es im Evangelium: „Jetzt müssen
wir uns doch freuen und ein Fest feiern, denn dein Bruder war tot
und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden“;
den
Kranken und Ausgestoßenen: sie haben durch Jesus Heil und eine neue
Gemeinschaft gefunden; Leben heißt immer auch Mit-Leben;
Frauen
und Kinder haben durch Jesus neues Ansehen gewonnen.
Sie
alle verdanken Jesus einen neuen Anfang ihres Lebens.
Aus
der Predigt des Petrus spricht nun diese Erschütterung: ihn, der
uns Leben gegeben hat, der für uns der Urheber des Lebens geworden
ist – habt ihr getötet! Eine Erschütterung, die noch lange
nachhallt: Friedrich Nietzsche hat die nihilistischen Konsequenzen
des Atheismus angedeutet. Er fügt seiner Botschaft vom Tod Gottes
die Frage an: „Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne
losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort
von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts,
seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und
ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht
uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt
nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht?“
Die
Botschaft geht aber weiter: „Den Urheber des Lebens habt ihr getötet.
Aber Gott hat ihn von den Toten auferweckt!“ Christus bleibt der
Urheber des Lebens auch über den Tod hinaus: er ist das Weizenkorn,
das in die Erde gefallen ist und Frucht gebracht hat; er ist das
Brot des Lebens; aus seiner geöffneten Seite fließen Blut und
Wasser – Zeichen für die heiligen Sakramente des Lebens. Christus
bringt Licht auch in die Nacht des Todes. So ist Jesus Christus der
wahre „Urheber des Lebens“. Der heilige Augustinus kann sagen:
„Vom Tod getötet, tötete er den Tod.“
Diese
doppelte Botschaft bezeugen auch wir: Trotz und angesichts des
millionenfachen Todes, von Krieg und Terror, Krankheit und Leid
glauben wir, dass es für uns Menschen ewiges Leben bei Gott gibt
– weil Christus in seinem Tod und seiner Auferstehung für uns
alle der Urheber des Lebens über den Tod hinaus ist, des ewigen
Lebens.
„Nur
wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, gibt es auch ein wahres Leben
vor dem Tod“ – sagt der Philosoph Jörg Splett. Ostern wirft
sein Licht auf unseren Alltag. Das lebensspendende Wirken Jesu und
die österliche Botschaft verpflichten uns, in der Nachfolge Christi
Anwälte des Lebens auch vor dem Tod zu sein: jedes einzelnen vor
und nach der Geburt und am Ende eines langen Lebens, für Flüchtlinge,
für Hungernde und für Menschen, die Vergebung brauchen.
Mit
Petrus bekennen wir: „Dafür sind wir Zeugen!“ Amen.
Die Pfarrkirche
Sie wurde
Anfang des 16. Jahrhunderts erbaut und diente ursprünglich den
Dominikanern als Klosterkirche. Beim Betreten der Kirche durch den
rechten Seiteneingang findet man im Johannesschiff das Bild „Mariä
Himmelfahrt“ von Jacopo Tintoretto, das wertvollste Gemälde der
Kirche. Es wurde 1594 nach Graz gebracht. Den Ostabschluss des
Johannesschiffes bildet die Johannes-Nepomuk-Kapelle, der einzige spätbarocke
Kirchenraum in Graz.
Die im 2.
Weltkrieg schwer beschädigten Glasfenster wurden 1953 vom
Salzburger Kirchenmaler Albert Birkle erneuert, der dabei auch
Hitler und Mussolini abbildete. Er stellte die beiden dunklen
Gestalten der Weltgeschichte als hämische Zuschauer bei der Geißelung
Christi dar (linkes Seitenfenster des Hauptaltarraumes, rechts
viertes Feld von unten in der rechten Reihe).
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