Katholischer Gottesdienst

 

Sonntag, 07. 03. 2004, 10.00 Uhr - 11.00 Uhr, 

 ORF Regionalradios

 

 

Predigt von Spiritual Stefan Ulz

 

Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Lehrer, Eltern und Familien, Mitarbeiter und Freunde unseres Hauses!

Liebe Hörerinnen und Hörer, die sie über Rundfunk mit uns verbunden sind!

 

Maturaball. Ich treffe viele Absolventen unserer Schule, unter anderem einen 19jährigen jungen Mann, und komme mit ihm ins Gespräch.

 

Ich frage ihn. „Und was machst du jetzt?“ Seine Antwort: „Weiß ich noch nicht. Ehrlich gesagt, weiß ich überhaupt nicht, was ich mit meinem Leben machen soll.“ Aus seiner Antwort, die er mit etwas gesenktem Kopf gibt, spricht ehrliches Ringen nach einem Lebensziel und auch ein wenig Angst.

 

Ich weiß, dass es nicht nur ihm so geht. Ich kenne viele – Junge, Erwachsene und auch Ältere –, die noch oder wieder neu auf der Suche sind nach dem wirklichen Sinn in ihrem Leben. Diese Suche ist manchmal auch mit Unsicherheit und Angst verbunden. Das war schon bei Abraham so.

 

Das war bei den Jüngern Jesu so. Und das kann auch bei uns so sein.

 

Manche hören vielleicht deshalb sogar auf zu suchen und geben sich dem Leben halt so hin, wie es kommt. Nur auf diese Weise wird niemand wirklich glücklich. Um tiefes, echtes Glück zu erfahren, brauche ich Sinn, muss ich ein Ziel in meinem Leben haben. Und je größer und klarer das Ziel vor Augen ist, desto sinnerfüllter ist jeder einzelne Augenblick meines Lebens.

 

Aber wie finde ich ein großes Ziel, das meinem Leben die Richtung und den Sinn gibt? Es gibt verschiedene Wege. Vielleicht ist es ein großes Ideal, das ich kennen lerne. Vielleicht ein Buch, ein besonderes Erlebnis, vielleicht sind es bestimmte Menschen. Meist ist es letztlich ein Geschenk, das mir zufällt, ein Geschenk von Gott. Das ist die Erfahrung der Glaubenden durch alle Zeiten hindurch: Abraham erhält von Gott die Verheißung, dass seine Nachkommen so zahlreich sein werden wie die Sterne am Himmel.

 

Eine nicht nur unerwartete, sondern letztlich menschlich betrachtet utopische Verheißung. Aber Abraham vertraut. So wird er für seine Nachkommen und für uns alle zum Vater und Vorbild des Glaubens.

 

Paulus weist in seinem Brief an die Philipper auf das große und letzte Ziel unseres Lebens hin. „Unsere Heimat ist im Himmel“ schreibt er, um die Gemeindemitglieder zu ermutigen. Und die Jünger Jesu dürfen auf dem Berg der Verklärung bereits etwas von der Erfahrung des Himmels vorwegnehmen. Jesus begegnet ihnen als der verklärte Herr, als der Auferstandene in strahlendem Licht. „Es ist gut, dass wir hier sind – sagt Petrus – lasst uns drei Hütten bauen“.

 

Die Jünger wollen in diesem Licht bleiben. In Jesus, dem Auferstandenen, finden sie Glück, den Sinn ihres Lebens. Im Leben mit dem Auferstandenen ist Licht, Freude, letzte Erfüllung. Und das gilt auch für uns: unsere letzte Erfüllung finden wir in der Gemeinschaft mit Jesus, unser Ziel ist die Auferstehung, der Himmel, das ewige Leben im Licht, in der Freude und im Einssein mit Gott. Wer ein so großes und schönes Ziel vor Augen hat, lässt nicht einfach den Kopf hängen, sondern blickt erhobenen Hauptes nach vorn. Mit so einem Ziel vor Augen bekommt auch jeder Augenblick seine Bedeutung und seinen Sinn.

 

Liebe Schwestern und Brüder, ich bin sicher, dass jede und jeder von euch und von ihnen schon irgendwann einmal in seinem Inneren eine große Verheißung für sein Leben verspürt hat oder zumindest eine Ahnung von einem großen letzten Sinn und die Sehnsucht danach. Sonst würden wir heute nicht hier sein und Gottesdienst feiern. Ein Gipfelerlebnis sozusagen, wo du – ähnlich wie die Jünger bei der Verklärung Jesu – ein strahlendes Licht über dein Leben erfahren hast. Wo du auch gedacht hast wie Petrus „Es ist gut, dass ich hier bin“. Vielleicht ist diese Ahnung über die große Verheißung deines Lebens im Alltagsgetriebe wieder verdunkelt worden oder gar eingeschlafen. Vielleicht hat sich eine gewisse Angst in dir zu Wort gemeldet, die dir gesagt hat „Nein, das ist zu groß für dich, das schaffst du nie“. Hier braucht es Vertrauen. Es braucht den Glauben, dass Gott selber in deinem Leben wirkt, dass er selber die Verheißung erfüllt, wie er es bei Abraham getan hat.

 

Vor meiner eigenen Priesterweihe hatte ich ehrlich gesagt auch ein wenig Angst, dass ich es vielleicht nicht schaffen könnte, mein Priestersein gut und erfüllend zu leben. Da war es für mich wichtig, einen bewussten inneren Schritt des Vertrauens in Gott zu setzen, zu glauben, dass er mich unendlich liebt und deshalb mein Leben leitet und zur Erfüllung führt. Nach fast acht Jahren als Priester kann ich in großer Dankbarkeit sagen, dass Gott sich nicht lumpen lässt und seine Verheißung mehr als erfüllt.

 

Schwestern und Brüder! Ist das nicht eine entscheidende Frage im Leben eines jeden von uns? - Glaube ich, dass Gott mich liebt? Glaube ich, dass Gott in meinem Leben deshalb konkret wirkt, dass Er in mein Leben eingreifen und es zum Besten führen kann? Glaube ich das wirklich? Vertraue ich auf seine Verheißungen und seine Kraft?

Oder lasse ich Gott brav Gott sein irgendwo weit weg im Himmel, aber wenn es um mein Leben geht, um meine Entscheidungen, um meine Probleme, dann vertraue ich doch lieber nur auf meine eigenen Kräfte.

 

In Gesprächen mit jungen Menschen, aber auch mit älteren, merke ich oft, dass es gar nicht selbstverständlich ist, daran zu glauben. Erst kürzlich kam das Gespräch darauf in einer Religionsstunde in der fünften Klasse. Eine Schülerin fragte dreimal – mit wachsender Intensität –, ob ich tatsächlich glaube, dass Gott in meinem Leben handelt. Erst nachdem ich zwei Mal „Ja“ und das dritte Mal „Ja, hundertprozentig!“ gesagt habe, war sie zufrieden. Sie wollte von mir hören und spüren, dass ich echt überzeugt bin.

Und sie? Und du? Wie würden sie, wie würdest du auf diese Frage antworten?

 

[kurze Stille]

 

Bei der Verklärung Jesu am Berg schenkt Gott den Jüngern die Erfahrung, dass Er eingreift. Gott gibt ihnen aber auch eine wichtige Botschaft mit, die ihnen helfen soll, im normalen und bisweilen rauen Alltag ihr Ziel nicht aus den Augen zu verlieren: „Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören“ Genau diese Botschaft wird auch uns heute zugesprochen:

 

Auf Seine Stimme hören. Aber wie geht das? Wie spricht er zu mir?

 

Er spricht zu mir in meinem tiefsten Inneren. Wenn ich ganz ehrlich auf die innere Stimme in mir horche (und das ist manchmal gar nicht einfach), dann spricht er zu mir und gibt mir Orientierung. Denn in meinem Inneren lebt Christus. Ich muss ihn aber wahrzunehmen versuchen und bewusst in mir leben lassen.

Liebe Mitchristen, vor allem liebe Schüler und junge Zuhörer im Radio!

 

Wir haben nur ein einziges Leben hier auf der Erde.

 

Nützen wir es gut, für ein großes Ziel, für Gott. Dann wird es zu einem göttlichen Abenteuer, das nicht immer leicht, aber auf jeden Fall intensiv, lebenswert und letztlich erfüllend ist.

Gott hat eine große Verheißung für jede und jeden von uns. Er kann aus unserem Leben Großartiges machen, wenn wir uns ihm ganz anvertrauen.

 

Amen.