Logos Theologie und Leben

Samstag, 10. 11. 2001, 19.05 Uhr - 19.30 Uhr

Ist die Kirche auf dem Weg ins Ghetto ?

"Museum, Ghetto oder Stadt auf dem Berg": Weihbischof Helmut Krätzl und der Managementberater Franz Severin Berger diskutieren über die Zukunft der Kirche.

Entwickelt sich die Kirche zum Museum? Ist sie als "Stadt auf dem Berg" für viele Menschen nicht mehr erreichbar? Oder lebt die Kirche bald in einem Ghetto? Über diese Frage diskutieren Weihbischof Helmut Krätzl und der Managementberater Franz Severin Berger in der Reihe "Logos" – am Samstag, 10. November, 19.05 Uhr, im Programm Österreich 1.

Kirche vernachlässigt ihre zentrale Botschaft

Für den Managementberater ist die Sache ziemlich: Wenn eine Organisation ihre "zentrale Botschaft" nicht mehr an den Mann bzw. an die Frau bringt, "darf sie sich nicht wundern, wenn sie am Markt uninteressant wird". Diese Botschaft sei: "Was ihr den geringsten meiner Brüder tut, das habt ihr mir getan." Das werde zu sehr dem "berühmten linken Flügel" überlassen, meint Berger.

"Grenzen der Nächstenliebe"

Wenn daher ein Bischof – wie vor einigen Jahren geschehen – von den "Grenzen der Nächstenliebe" bei der Aufnahme von Asylanten spreche, dann sei eben "der Ofen aus", kritisiert Berger in der Studiodiskussion mit Weihbischof Krätzl. Dasselbe gelte für bischöfliche Warnungen vor dem Islam. Das hätte Kardinal Christoph Schönborn – so Berger – durchaus mit "Zorn in der Stimme" zurückweisen müssen, anstatt einfach auf die "Aussagen des Papstes" zu verweisen.

Kein "Stand" in der modernen Gesellschaft

Nach Ansicht von Weihbischof Krätzl hat sich die Kirche noch nicht in der modernen, sich ständig verändernden Gesellschaft positionieren können: "Sie hat ihren Stand noch nicht gefunden". Das Zweite Vatikanische Konzil habe zwar Türen geöffnet – sei aber nicht konsequent genug durchgesetzt worden.

Kirche wird krank gejammert

"Die Kirche wird aber mehr krank gejammert als sie tatsächlich ist", zeigt sich Krätzl überzeugt. Der soziale Druck – beispielsweise zum Kirchenbesuch – sei längst Vergangenheit. In einer Großstadt wie Wien gebe es nur noch fünf bis sechs Prozent regelmäßige Gottesdienstbesucher – "aber die kommen aus Überzeugung".