Logos
Theologie und Leben
Samstag, 13. 09. 2003, 19.05 Uhr - 19.30 Uhr
„Kann
der liebe Gott auch zornig sein?“
- Worum es geht, wenn die Bibel vom Zorn Gottes spricht
Im
Alten Testament ist an vielen Stellen von einem zornigen Gott die
Rede. „Jahwes Zorn wütet“, Gott „schnaubt vor Zorn“, er
„zerstampft voll Zorn die Frevler“. Wenn
man diese Bibelstellen des Alten Testaments heute wieder in
Erinnerung ruft, gerät man automatisch in Verdacht, ein dunkles Gottesbild wieder
heraufzubeschwören, einen Gott der Angst macht zu restaurieren und
Gerichts- und Höllenphantasien wiederzubeleben. "Gott ist die
Liebe", hält jeder durchschnittlich gebildete Prediger
entgegen. Das sei doch die klare Botschaft des Neuen Testaments.
Doch
das Bild eines zahnlosen, harmlosen, „nur lieben Gottes“, der
alles übersieht und toleriert, dem alles egal ist, was Menschen
tun, wir tun, ist nicht biblisch. Das zeigt der an der Universität
Münster lehrende Theologe Ralf Miggelbrink, der sich in seiner
Habilitationsschrift mit dem Zorn Gottes intensiv befasst hat. Bei
der Wiedergabe der biblischen Vokabeln assoziieren wir zu
"Zorn": anfallsweise Wut, Eigenmächtigkeit, despotische
Willkür, finstere Drohung, blindes Zuschlagen, Handeln im Affekt
bis hin zu Kerkerhaft und Peinigung. Eine Durchsicht der biblischen
Belege ergibt für Miggelbrink dagegen ganz andere Konnotationen.
Grundlegend
ist: Der Mensch hat den Willen Gottes verletzt, hat in seiner
Ungerechtigkeit die Ordnung gestört. Zorn ist dann die angemessene
Reaktion Gottes auf das Verletzen seiner Gebote, also Gerechtigkeit,
die dem Menschen die Folgen seines Tuns zumutet, auch die
Antriebskraft Gottes zur Neuordnung nach der Zerstörung der
Ordnung. Nicht Gottes Willkür ist Thema des Zornes Gottes, sondern
dass Gott die beschädigte Ordnung repariert; daher gehört zum Zorn
Gottes immer auch ein heilender, rettender Aspekt.
Wie
kann man heute vom Zorn Gottes reden ohne in ein dualistisches
Gottesbild zu verfallen und Menschen damit zu neurotisieren? Wie
gewinnt die Rede von der Gerechtigkeit Gottes wieder konstruktive
Gefährlichkeit und existentielle Relevanz?
Gestaltung:
Johannes Kaup
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