Menschenbilder

Sonntag, 21. 04. 2002, 14.15 Uhr bis 15.00 Uhr, 
im Programm Österreich 1

 

 

"Das Antlitz Mensch" – Marie-Louise Roth

 

 

Vor 60 Jahren, am 15. April 1942, starb der große österreichische Schriftsteller Robert Musil. Als im Vorjahr im "Theater in der Josefstadt" in Wien die Premiere von Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften" in einer Bühnenfassung von Jürgen Kaizik stattfand, da saß im Publikum auch die Germanistin und Musil-Expertin Marie-Louise Roth, bei der Kaizik über Musil dissertiert hatte.

Marie-Louise Roth, Ehrenpräsidentin der Internationalen Musil-Gesellschaft, veröffentlichte vor zwei Jahren einen Erinnerungsband, in dem sie erstmals über ihre Zeit in einem deutschen "SS-Abfertigungslager" berichtete. Lange Jahre hatte sie - aus Scheu, die alten Bilder heraufzubeschwören - über diese Zeit geschwiegen.

 

1926 im Elsass geboren verbrachte Marie-Louise Roth eine - wie sie im Rückblick sagt - unbeschwerte Kindheit. Am 27. Oktober 1942 - Marie-Louise war sechzehn Jahre alt - wurde sie mit ihren Eltern von der deutschen Reichspolizei festgenommen und ins Lager Schelklingen bei Ulm gebracht. Schelklingen war ein "Regermanisierungslager" für "deutschfähige Frauen und Männer", die hier auf den "rechten Weg" des Nationalsozialismus gebracht werden sollten. Schikanen, Zwangsarbeit und Kurse zur "Eindeutschung" prägten den Alltag im Lager.

 

Trotz dieser schweren Zeit im Lager beschloss Marie-Louise Roth nach dem Krieg auch das "andere Deutschland" kennen zu lernen - sie studierte Germanistik.

 

Das Porträt einer ungewöhnlichen Frau, die bis heute auf die Menschlichkeit vertraut, auf das "Antlitz Mensch".

 

Gestaltung: Heinz Janisch