Menschenbilder
Sonntag, 02. 06. 2002, 14.15 Uhr bis
15.00 Uhr,
im Programm Österreich 1
“Der
Mantel meines Vaters” –
Erwin
Rennert
Erwin
Rennert wird 1926 in Wien in eine liberale jüdische Familie
geboren. Obwohl die Verhältnisse bescheiden sind, hat er nur gute,
liebevolle Erinnerungen an seine Kindheit in der Heulmühlgasse. An
die streng katholische Milchfrau Toni Kritz, die ihm und seiner
Schwester Sylvia immer dicke Butterbrote streicht, an den
Automechaniker Quastler, an die Lilliput-Bahn im Prater, an die
Vorstellungen im Burgtheater, die Kinobesuche und an die weiten
Reisen im Auto seines Vaters zu den Verwandten in der Bukowina.
1938
ändert sich alles schlagartig: Aus ist´s mit Theater, Kino,
Prater, Reisen, die Wohnung in der Heumühlgasse muss geräumt, die
Schule gewechselt werden. 1939 gelingt den Kindern die Ausreise in
die USA, die Eltern bleiben zurück, werden 1942 nach Minsk
deportiert und dort ermordet. 1945 lernt Rennert als amerikanischer
Soldat und Staatsbürger in Mannheim seine spätere Frau Ruth
kennen. 1961 übersiedeln die beiden mit ihren sechs Söhnen von New
York nach Wien. 2000 erscheinen die Lebenserinnerungen des
Literaturwissenschaftlers und Dichters mit dem Titel ´Der Welt in
die Quere´, die er seinen Eltern Lea und Pinkas Rennert widmet. Von
ihnen ist Erwin Rennert nichts geblieben. Nur ein Wintermantel
seines Vaters, der unvermutet vergangenes Jahr in Salzburg
aufgetaucht ist, fast 60 Jahre nach dem Tod seines ursprünglichen
Besitzers.
Gestaltung:
Mirjam Jessa
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