Morgengedanken
Sonntag, 11. 11. 2001. 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
ORF Regionalradios
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, ORF Regionalradios
von P. MMag. Roman Nägele,
Stift Heiligenkreuz – Kaplan
in Wiener Neustadt/neukloster
Sonntag, 21. Oktober 2001
Heute ist Sonntag. Der Tag des Herrn.
Im Alten Testament heißt es: Gott ruhte, nachdem
er sein ganzes Werk vollbracht hatte.
Für uns Christen ist der heutige Sonntag Tag der
Auferstehung, Tag der Ruhe und Erholung. Ein Tag der Familie, ein
Tag, an dem Freundschaften gepflegt werden.
Der heutige Herrentag bietet uns Gelegenheit, mit
den Menschen statt über die Menschen zu reden. Das erste verbindet,
das zweite trennt die Menschen.
Heute sollen und dürfen wir die Freiheit spüren.
Wind, Luft, Gewölk und Wetter sind uns Symbole der Freiheit. Am Tag
des Herrn sollen wir frei sein für die Verantwortung dem Nächsten
gegenüber. Wir sollen frei sein für Gott, frei sein für den
Gottesdienstbesuch. Es gibt nur eine wirkliche Freiheit, die
Freiheit für Gott. Jede andere Freiheit führt in die
Gefangenschaft der Sünde, die uns zum Sklaven macht.
In der Freiheit FÜR GOTT ist der Mensch dem
Menschen ein Engel, in der Freiheit VON GOTT ist der Mensch dem
Menschen ein Wolf – homo hominis lupus, wie die Römer gesagt
haben.
Ich wünsche Ihnen, dass sie am heutigen Sonntag
die Verbundenheit mit dem Schöpfer und den Frieden mit den
Mitmenschen erleben.
Montag, 22.10.2001
Wir Christen bekennen Gott als den Schöpfer
des Himmels und der Erde. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.
Finsternis lag über der Urflut. Jeder Mensch erlebt ab und zu ein
wenig Wüste am Ort, wo er lebt, betet und arbeitet.
Im Schöpfungsbericht heißt es weiter: Gott
sprach: Es werde Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Das
gute Licht soll in unseren Herzen leuchten.
Für viele von uns ist der heutige Tag der erste
Arbeitstag der Woche. Er ist ein guter Anlass nicht nur für
Rückblicke, sondern auch für Ausblicke. Viele müssen heute Dinge
unternehmen, die ihre äußere Freiheit einschränken. Es ist
wichtig, uns unsere innere Freiheit zu bewahren. Dann kann das gute
Licht das Dunkel in unserem Herzen überstrahlen. Dann kann das Leid
des Alltags ertragen werden, sich in Freude wandeln.
Wenn sie heute in einer schwierigen Lebenslage
sind, zünden sie eine Kerze an, schauen sie das Licht und lassen
sie sich in der Seele erwärmen. Diese Freiheit wünsche ich ihnen
am heutigen Tag.
Dienstag 23.10.2001
Wir Christen bekennen unseren Gott als den
Schöpfer des Himmels und der Erde. Er hat das Wasser vom Land
geschieden. Er sah, dass es gut war. Aus dem Chaos wird der Kosmos,
aus der Unordnung das geordnete Weltall. Er schafft Ordnung, die es
vorher nicht gab. Unser christlicher Gott ist nicht Schöpfer im
herrschaftlichen Sinn. Er ist Mitbetroffener am Leid der Welt. Gott
verlässt die Erde nicht. Wir können also Gott in der Schöpfung,
in unserer Welt begegnen. Auch wenn seine Spuren oft verdeckt sind.
Wenn wir an den Anfang der Bibel zurückkehren,
dann denken wir an die Grundfragen des Menschen, nach Anfang und
Ende, nach Ursprung und Ziel; es sind Fragen nach dem WOHER, dem
WOHIN, dem WOZU. Der Glaube an den Schöpfergott kann Freude
bereiten. Diese Freude macht frei, sich für Gottes Schöpfung zu
engagieren.
Für den heutigen Tag möchte ich Ihnen Mut mit
auf den Weg geben: Gott ist der Herr der Welt, er trägt und bejaht
sie. Er gibt der ganzen Schöpfung, und damit uns, Bestand. Ich
wünsche Ihnen für den heutigen Tag Gottes Segen.
Mittwoch 24.10.2001
Gott ist Schöpfer der Welt, er lässt junges
Grün wachsen und alle Arten von Bäumen, die Früchte bringen mit
ihrem Samen darin. Gott sah, dass es gut war.
Wir sind auf dem Weg durch diese Welt. Wache Sinne
und ein offenes Herz sind gefordert, um das Wesentliche zu sehen. In
allem was wir mit unseren Sinnen und mit dem Herzen erfassen, wo wir
uns bewegen, wird die Spur des lebendigen Gottes offenbar. Das
Sichtbare und Greifbare kann so zum Fenster für das Unsichtbare
werden.
Am heutigen Tag möchte ich sie bitten, nicht an
den äußeren Erscheinungen und Tatsächlichkeiten hängen
zubleiben, auch nicht an dem, was messbar, wiegbar, beherrschbar,
und vorteilhaft ist.
In der Schöpfung sollen und können wir das
Göttliche erahnen und schauen.
Die ganze Schöpfung hat den Sinn, die Botschaft
von Gottes vertrauenerweckender Liebe zu vermitteln. Durch die
Schöpfung kann im Herzen der Menschen Glaube, Hoffnung und Liebe
möglich werden.
Wenn Sie am heutigen Tag eine köstliche Frucht
essen, dann fühlen, riechen und schmecken sie diese. Gott hat es so
gewollt, damit die Fülle des Wortes Gottes in der Schöpfung
spürbar, erlebbar und erfahrbar wird. Einen gesegneten Tag für
sie.
Donnerstag 25.10.2001
Im Glaubensbekenntnis beten wir Christen: Ich
glaube an Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Gott setzte
die Lichter an das Himmelsgewölbe, damit sie über die Erde hin
leuchten. Sie sollen Zeichen sein. Gott schuf alles Leben. Gott sah,
dass es gut war.
Die Größe des Universums und die Vielfältigkeit
des Mikrokosmos, die erlebbare Ordnung kann uns Menschen staunen
lassen. Staunen kann uns zum Ursprung der Welt und des Lebens
zurückführen. Bewundernd und staunend, vielleicht auch
erschrocken, stehen wir Menschen vor diesen Dimensionen. Unser Leben
in dieser Welt soll gedeutet werden: Ein phantasievoller, liebender
Gott hat diese Welt mit seinem Geist und Liebesatem durchströmt.
Viele von uns arbeiten in Bereichen, in denen sie
Einblick in die Vielfalt und das Zusammenspiel und die Abhängigkeit
allen Lebens voneinander haben. Dies kann ermöglichen,
ehrfürchtiger mit der Umwelt umzugehen. Sie ist die Lebensgrundlage
für uns Menschen und alle Lebewesen. Alles Gute für sie.
Freitag 26.10.2001
Gott ist der Schöpfer Himmels und der Erde. Gott
schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er
sie. An anderer Stelle heißt es: "Da formte Gott, der Herr,
den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den
Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen." Gen
2,7
Gott schafft den Menschen durch die Eingebung des
Geistes. Der Mensch war ganz von Anfang an Mensch, so wie er auch im
Mutterschoß vom Augenblick der Zeugung an Mensch ist.
Begreiflicherweise kann die Naturwissenschaft das nicht
nachvollziehen, da sie ja selbst ein Produkt des menschlichen
Geistes ist. Das Fassungsvermögen für die Größe des Geheimnisses
der Menschwerdung reicht nicht aus.
Von Anfang an ist der Mensch Ebenbild Gottes. Mit
Hilfe des Lebensatems Gottes kann der Mensch Gottes Liebe erwidern.
Er kann Staunen darüber, dass es die Schöpfung und nicht ein
Nichts gibt.
Mit dem Psalmisten sagen wir: "Lobe den Herrn
meine Seele! Herr, mein Gott, wie groß bist du." Ps 104,1
Ich wünsche Ihnen einen schönen Feiertag.
Samstag 27.10.2001
Gott erschafft durch sein Wort. Am Anfang war das
Wort. Das Wort wurde Zeit. Die Zeit wurde Ende. Am Ende bleibt das
Wort. Am Anfang war der Mensch. Der Mensch wurde Gestalt. Die
Gestalt wurde Staub. Am Ende bleibt der Mensch.
Der Mensch verfügt über Instinkte, über die
Fähigkeit zu denken, über Seele und Geist. Für den Menschen gibt
es Zukunft. Für den Menschen gibt es die Möglichkeit, einzugreifen
und zu gestalten. Für den Menschen gibt es auch die gefalteten,
nach oben gerichteten Hände.
Unser irdisches Dasein braucht beide Haltungen der
Hände. Ein Begründer der christlich-abendländischen Kultur, unser
Regelvater Benedikt von Nursia hat uns "ora et labora" mit
auf den Weg gegeben. Er hat nicht gesagt "labora et ora"
also arbeite und bete, sodass man vor lauter Arbeiten das beten
vergessen könnte. Berge von Wissen kann die Weisheit verschütten.
Heute wissen sehr viele Menschen sehr viel. Ihnen
fällt glauben besonders schwer. Sind wir froh, dass wir über die
Wunder der Natur, über die Schöpfung staunen können. Erhalten wir
uns die Gabe des Staunens und des Glaubens.
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