von Pfarrer Alois Luisser aus Jennersdorf
Sonntag, 16.12.2001
Heute ist schon der 3. Adventsonntag – das Weihnachtsfest
rückt immer näher. Ehrlich gesagt, meine innere Freude steigt von
Tag zu Tag.
Noch dazu ist heute der Sonntag Gaudete – eine spezielle
Einladung zum Freuen! Grund für die Freude liefert uns z.B. der
Text der heutigen 1. Lesung aus dem Prophetenbuch Jesaja (35, 1-6a),
was Jesaja alles einfällt an Gründen, warum wir voller Hoffnung
und Freude sein sollen und jubelnd auf Weihnachten zugehen dürfen,
das ist unglaublich! Er schlägt mit seinen Vergleichen und
Prophezeiungen Purzelbäume wenn er sagt:
"Die Augen der Blinden werden geöffnet, auch die Ohren der
Tauben sind wieder offen! Der Lahme wird springen wie ein Hirsch,
die Zunge des Stummen jauchzt auf."
Solch schöne Botschaften und Zukunftsvisionen hören wir nicht
oft! Sie glauben nicht, dass das alles eintreffen wird? Doch ich
glaube fest daran, ich habe es in diesen Adventtagen schon erlebt,
dass das eine oder andere, von dem der Prophet spricht, sich
ereignet hat: durch Menschen an ihren Mitmenschen.
Montag, 17.12.2001
Die letzte Woche des diesjährigen Advents beginnt mit dem
heutigen Montag.
Was verbinden wir denn noch mit Weihnachten? Wenn ich mit
adventlichen Menschen rede, also mit solchen, die die Ankunft des
Erlösers erwarten und mit ihm auch erwarten, so vieles was in
dieser Welt krank ist, dann sind die Erwartungen seit
Menschengedenken dieselben: Der Friede wird herbeigesehnt für die
Welt, aber auch für einen persönlichen Streit. Andere wünschen
Brot und Wärme für alle Menschen denen es schlecht geht. Andere
möchten endlich wieder einen Arbeitsplatz, wieder andere halten die
zerstrittene Familie nicht mehr aus und schreien nach Versöhnung.
Zu keiner Jahreszeit tut ein Familienzwist so weh, wie in der
Weihnachtszeit. Zu keiner Jahreszeit sehen und hören unsere Augen
und Ohren die Not der Menschen so deutlich, wie in der Advent- und
Weihnachtszeit. Ist das vielleicht auch schon ein Geschenk Gottes?
Will er uns so helfen, dass wir leichter auf Weihnachten zugehen?
Dienstag, 18.12.2001
Für den heutigen Tag möchte ich Ihnen aus dem Psalm 72
folgenden Satz mitgeben:
"Gerechtigkeit blüht auf in seinen Tagen und Friede ohne
Ende."
Wäre das nicht ein Herzenswunsch von uns allen? Tut es uns nicht
sehr weh, wenn die Ungerechtigkeit neben uns, in uns selbst und in
der Welt viel stärker ist als die Gerechtigkeit? Also ich leide
noch sehr darunter wie im Namen der Gerechtigkeit über die
hilflosen Alten, Frauen und Kinder in Afghanistan die Bomben fielen,
die Panzer rollten und damit das ganze Geschehen auch einen
menschlichen Zug bekommt, warf man auch Hilfspakete ab, so zwischen
den Bombardements.
Eine blühende Gerechtigkeit ist unsere Sehnsucht und unser Ziel,
dafür müssen wir auch etwas tun. Es muss eine Grundeinstellung in
unserem Leben werden, sich für Gerechtigkeit einzusetzen, das
Schweigen zu brechen und im Namen derer zu reden, die durch
Ungerechtigkeit stumm gemacht worden sind.
Mittwoch, 19.12.2001
Ich bin jetzt schon in unserer Kirche, denn in wenigen Minuten
beginnt die Roratemesse. Es werden 300 Leute erwartet. Dreimal in
der Woche versammeln wir uns in dieser Morgenstunde. Die Kirche ist
spärlich beleuchtet, die Lieder, die wir singen, können wir
auswendig. Es liegt eine eigenartige Stimmung im Raum, alle sind
voller Erwartung. Es sind auch viele Kinder hier, die nach dem
Gottesdienst im Pfarrheim ein Frühstück bekommen und danach in die
Schule gehen.
Nach der hl. Messe gehen viele Berufsgruppen, Belegschaften von
Firmen miteinander frühstücken. Es gefällt ihnen, einen Tag im
Advent mit gemeinsamen Gebet und anschließendem Frühstück zu
beginnen. Wir fragen uns alle immer wieder, warum die
6-Uhr-Frühmessen so großen Zulauf haben. Die Antworten fallen
verschieden aus. Die einen sagen, es sei so mystisch, sich in der
Dunkelheit auf dem Weg in die Kirche zu machen, anderen gefällt die
Stimmung in der Kirche und dass so viele Gleichgesinnte beisammen
sind. Eines ist allen gemeinsam, sie bewegen sich bewusst auf
Weihnachten zu und spüren, dass man als Vorbereitung für dieses
Fest etwas besonderes machen muss!
Donnerstag, 20.12.2001
"Taut ihr Himmel von oben, ihr Wolken, lasst Gerechtigkeit
regnen! Die Erde tue sich auf und bringe das Heil hervor, sie lasse
Gerechtigkeit sprießen."
Der Text ist Ihnen mit Sicherheit vertraut und bekannt seit
Kindheit. Ein uraltes Sehnsuchtslied aller Völker, die je auf eine
Erlösung gewartet haben. Das Nebelreißen haben im besonderen
Autofahrer aber auch viele andere nicht so gern. In unserem Lied
aber wird der Tau, der vom Himmel fällt, als
"Transportmittel" für den Messias eingesetzt. Ganz sanft,
ohne Lärm und Gepolter soll der Erlöser samt der ersehnten
Gerechtigkeit vom Himmel kommen. Wie können auch sagen, der
Erlöser ist die Gerechtigkeit. Ich habe viele Bitten an den
Erlöser. Ich bete oft: Erlöse uns von allem Terror, aller Gewalt,
von aller Hektik und Ruhelosigkeit, die unsere Beziehungen
zerstören. Erlöse uns von aller drohenden Gottlosigkeit und der
Überheblichkeit, daß alles wir entscheiden dürfen. Mach uns frei
für Dich, Gott, für einander, für das Schöne und Wertvolle auch
in der heutigen Zeit, dass wir so dem allerletzten Kommen unseres
Erlösers entgegengehen. Meinen Sie, dass eine von diesen
Erlösungsbitten überflüssig ist? Eher meine ich, dass viele
Bitten fehlen!
Freitag, 21.12.2001
Für viele von Ihnen wird das heute der letzte Arbeitstag vor den
Feiertagen sein. Es sei Ihnen von Herzen vergönnt. Feiertage und
freie Tage tun uns allen gut. Wir können ausruhen, können das
Familienleben schöner und ruhiger gestalten, können Freundschaften
pflegen und auch etwas für unsere Seelenhygiene tun. Für uns
Pfarrer sind so eine Aneinanderreihung von kirchlichen Feiertagen
eine große Herausforderung. Wir müssen so viele Gottesdienst
feiern und Ansprachen vorbereiten. Selbstverständlich bedürfen
diese Ansprachen einer intensiven Beschäftigung mit dem Evangelium
und der Zeit, in der wir leben. Zu den Feiertagen will jeder
Prediger auch eine gute Predigt halten, weil zu solchen Tagen soll
die Botschaft auch solche erreichen, die nicht so oft in den
Gottesdienst kommen. Die Predigt soll immer, aber zu solchen Tagen
besonders, auch ein "kirchliches Kleid" tagen. Wie alles
zu den Feiertagen in der Kirche festlich ist, so soll auch die
Predigt die Mitfeiernden froh stimmen und ihren Glauben festigen.
Eine Predigt kann kurz oder lang sein, was sie aber immer bewirken
sollte, dass der Glaube des Zuhörers dadurch wachsen kann.
Samstag, 22.12.2001
Schon ist unsere gemeinsame Woche um! Sie waren mir treue
Zuhörer und ich Ihnen ein verlässlicher Begleiter in der
Morgenstunde. Einige werden die Sendung heute wahrscheinlich
verschlafen, weil sie arbeitsfrei haben. Ich gönne es Ihnen! Mit
dem heutigen Tag kommen wir aber schon ganz in die Nähe des Hl.
Abends, jenes Abends, auf den wir ruhig und gelassen zugehen wollen.
An diesem Abend soll unser Glaube an Gott, das, was uns die Religion
über die Geburt des Gottessohnes sagt, die Stunden und den Abend
füllen. Die Futterkrippe im Stall von Bethlehem ist voll, voll von
dem, was wir hineinlegen an Tafelfreuden und Geschenken, so voll,
dass für das Jesuskind weder in der Krippe noch in unseren Herzen
Platz ist!
Feiern wir mit allem, was zu einem Fest gehört, bedenken wir
aber, dass wir zu Weihnachten nicht unseren Geburtstag feiern,
sondern den Geburtstag des Kindes von Bethlehem!
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Weihnacht – eine Nacht, die
mit dem Ereignis von Bethlehem Friede über die ganze Erde bringt!