Morgengedanken
Sonntag, 03. 02. 2002. 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
ORF Regionalradios
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, ORF Regionalradios
von Pfr. Wolfgang Fank, Dechantskirchen, Steiermark
Sonntag, 3. Februar 2002
Anfang des Glaubens
Ich habe einen Kranken besucht. Es war ein Mann, ca. 70 Jahre
alt. Er hatte Darmkrebs und Tag und Nacht Schmerzen. Es war Winter.
Die Sonne war schon untergegangen. Der Weg zu seinem Haus war sehr
steil. Ich rutschte aus und fiel auf die Böschung.
Beim Kranken angekommen, habe ich ihm erzählt, dass ich
gestürzt bin. Wie hat er darauf reagiert? Er hat nicht gesagt:
"Herr Pfarrer seins gescheit, kaufens Ihnen bessere Schuhe, das
ist volkswirtschaftlich günstiger als ein Fußbruch." Nein so
hat er nicht reagiert, sondern: Er hat getan, was er schon lange
nicht mehr tun konnte: Er hat sich im Bett aufgerichtet, zum Fenster
hinausgeschaut und gesagt: "De Bam, da muss was dahinter sein,
Die Stern, da muss was dahinter sein." Dann hat er sich wieder
schmerzverzerrt ins Bett zurückfallen lassen. Und wieder leise
gemurmelt: "Da muss was dahinter sein."
Und nun nehme ich noch die Botschaft Jesu dazu, die besagt: Zu
dem, den du hinter allem vermutest, zu dem kannst du
"Vater" sagen. Gott ist wie ein Vater, wie eine Mutter.
Ich kann zu ihm reden, er gibt Schutz und Geborgenheit. Eine
gewaltige Botschaft!
Staunen ist der Anfang des Glaubens, Freude und Zuversicht sind
das Geschenk des Glaubens.
Montag, 4. ‚Februar 2002
Rechte Sichtweise
Nehmen wir an: Ich betrete ein Zimmer. Darin ist es finster. Ich
schalte die Taschenlampe ein. Der Lichtkegel fällt auf den
Schreibtisch. Darauf stapelt sich eine Menge unerledigter Dinge.
"O je," denke ich mir, "nichts als Arbeit, nur
Arbeit". Das ist gar nicht lustig!
Es kann auch so sein, dass das Licht meiner Lampe auf den
Mistkorb fällt. "O je", denke ich mir, "wohin bin
ich geraten, ich sehe Abfall, nichts als Abfall. Nichts wie fort von
hier.
Oder mein Licht fällt auf den Tisch mit köstlichen Speisen und
angenehme Leute sitzen rundherum. "O" denke ich mir,
"da ist’s angenehm, da bleibe ich."
So ist es auch im Leben. Da gibt es die Arbeit, da gibt es auch
den Mist, den ich im Laufe des Lebens baue. Und dann gibt es auch
sonnige Tage. Nun kommt es immer darauf an, wo ich hinschaue. Wenn
ich immer nur auf das schaue, was mich belastet, werde ich
unzufrieden oder gar trübsinnig. Wenn ich hingegen das Schöne in
meinem Leben sehe, werde ich mich wohlfühlen; ich werde froh und
dankbar. Ich schlage also vor: Schauen wir heute vor allem auf das,
was uns Freude bereitet.
Dienstag, 5. Februar 2002
Lourdes
Seither pilgern jährlich an die 5 Millionen Menschen da hin. An
die 6.000 sind geheilt worden, körperlich, vielleicht auch
seelisch. Zu den letzteren zähle auch ich mich.
Vor gut drei Jahren war ich in Lourdes. Ich bin zur Grotte
gegangen und dann bin ich auch ins Heilbad gegangen. Während mich
die Helfer rücklings ins kalte Wasser gelegt haben, habe ich
gebetet: "Mutter Gottes, wenn ich irgendwo krank bin, dann
heile mich." Man weiß ja nie, was schon in einem steckt.
4 Monate später hatte man in meinem Körper Krebs entdeckt,
einen Tumor im Darm, einen bereits ausgewachsenen, und bösartigen
dazu. Es folgten drei Operationen, dann Strahlentherapie, die sich
bei mir fürchterlich ausgewirkt hat. Ein volles Jahr Leiden.
Die Muttergottes hat mich damals nicht geheilt. Ich bin leiblich
nicht rein geworden. Aber meine Seele ist durch das Leiden reiner
geworden und reifer. Seither ist alles viel schöner.
Mittwoch, 6. Februar 2002
Innerer Reichtum
"Die Fähigkeit, glücklich zu leben, kommt aus einer Kraft,
die der Seele innewohnt" sagt der alte römische Kaiser Marc
Aurel. Es kommt also auf die Seele an, nicht auf die Gegenstände,
die ich um mich habe, ob ich glücklich bin oder nicht. Die eigene
Seele bestimmt den Wert dessen, was mich umgibt.
Für den einen ist beispielsweise das Auto ein
Gebrauchsgegenstand und nicht mehr, der andere behandelt sein Auto
wie einen Kultgegenstand.
Der eine meint, wenn er den stärkeren Traktor hat oder die
schönere Küche, ist er ein besserer Mensch. Der andere ist
zufrieden mit einer bescheideneren Einrichtung und freut sich des
Lebens.
Es kommt immer darauf an, welchen Wert ich diesem oder jenem
beimesse. Wenn meine Seele einen Glanz hat, wird alles, was außer
mir ist auch einen Glanz haben. Die Größe der Seele macht die
Dinge erst groß.
Nun gehe ich noch einen Schritt weiter. Als Christ glaube ich,
dass Gott in mir wohnt. Wenn nun meine Seele einen göttlichen Glanz
hat, dann wird auch das, was ich sehe, denke und tue, einen
göttlichen Beigeschmack haben. Der gläubige Mensch sieht nichts
mehr nur irdisch, sondern zugleich auch himmlisch.
Donnerstag, 7. Februar 2002
"Liebe baut auf"
Ich lade Sie ein, mir bei einem physikalischen Experiment zu
folgen. Nehmen wir einen Behälter mit Wasser, reinem Quellwasser.
Sprechen wir in dieses Wasser das Wort "Du machst mich
krank!". Dann lassen wir das Wasser gefrieren und schauen
mittels eines Elektronenmikroskops die Struktur dieses gefrorenen
Wassers an und wir sehen: die Struktur ist zerstört. Einzig durch
ein schlechtes Wort. Gedanken sind Energien. Sie beeinflussen die
Materie.
Und nun machen wir das Experiment weiter. Wir tauen das Eis auf.
Es wird wieder zu Wasser. Und sagen wir das Wort "Liebe"
übers Wasser, frieren es wieder ein und schauen es mittels des Elektronenmikroskops
an und sieh da, das Wasser hat die ursprüngliche Struktur und damit
seine Lebendigkeit wieder.
Von dieser Wandlungskraft der Worte berichtet der deutsche
Biophysiker Peter Ferreira.
Gedanken beeinflussen die Materie. Die Naturwissenschaft
bestätigt, was die Bibel sagt: "Liebe baut auf!". Wenn
das stimmt, dann ist es wichtig, dass beispielsweise das Essen mit
Liebe zubereitet wird; dann ist ein Tischgebet besser als über das
Essen zu schimpfen. Dann ist es auch ganz, ganz wichtig, auf die
Mitmenschen mit positiven und liebevollen Gedanken zuzugehen.
Ich schlage vor: Probieren wir es heut! Machen wir einander einen
guten Tag.
Freitag, 8. Februar 2002
Dankbarkeit
Ein Gedicht von Hans Magnus Enzensberger möchte ich Ihnen, liebe
Zuhörer, gleich in aller Herrgottsfrüh zumuten. Es geht so:
Sie glauben also im Ernst, Sie wären zu kurz gekommen.
Ungerecht, behaupten Sie, hätte die Welt Sie behandelt?
Dabei sehen wir doch, wie emsig Sie ohne Krücken tippeln, in
Ihrem Alter, und nachts versinken Sie in eine Dame, die sie
erträgt!
Womit haben Sie es verdient, unter einem höheren Himmel als Ihr
Hündchen zu wandeln? Als ob Ihnen zustünde, was sie alles
verschlingen, wenn der Tag lang ist, zum Beispiel die Luft!
Wir warnen Sie! Nicht auszudenken, was Ihnen zuteil würde, ginge
es mit rechten Dingen zu. Das Beste nämlich fällt uns umsonst in
Schoß und Mund – Ihnen auch! -, warum und woher weiß niemand,
launisch, Gerechten und Ungerechten, manchmal wie Manna im Sand.
Soweit der Dichter.
Das Selbstverständliche nehmen wir oft so unbedankt entgegen.
Das Wichtigste ist uns geschenkt: Das Leben ist gratis, die Erde auf
der wir stehen ist gratis, die Luft, die wir atmen, die Füße, die
Gedärme, die Bilder, die Gedanken, die Gefühle. Und vieles, vieles
andere. Das zu sehen, bewirkt Dankbarkeit, und die Dankbarkeit
bewirkt Freude.
Samstag, 9. Februar 2002
Karne-vale
Der Fasching ist heuer kurz. Karneval nennt man diese Zeit in
Deutschland; ähnlich auch in den romanischen Ländern. Das Wort
Karneval kommt vom Lateinischen carne vale, und heißt salopp
übersetzt: "Pfiati Gott, Fleisch".
Früher hat man viel deutlicher gewisse Zeiten
auseinandergehalten, wie zum Beispiel Fasching und Fasten,
Ausgelassenheit und Besinnung. Schon die hl. Theresia hat vor
einigen Jahrhunderten gesagt: "Wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn, wenn
Fasten dann Fasten."
Ich finde dieses Auseinanderhalten von unterschiedlich geprägten
Zeiten gut!
Denn das Leben verläuft rhythmisch. Es verläuft in Gegensätzen
und das hält das Leben in Spannung.
Der Mensch der heutigen Zeit will alles gleichzeitig und sofort.
Aber das Leben ist strukturiert.
Also Karne-vale. Pfiati Gott Fleisch, damit es zu Ostern wieder
ganz köstlich schmeckt.
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