Morgengedanken

Sonntag, 31. 03. 2002. 6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
ORF Regionalradios
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, ORF Regionalradios

 

 

von Mag. Paul Arzt, Salzburg

 

 

Ostersonntag, 31. März 2002

Heute ist Ostersonntag, das Fest der Auferstehung Christi, gleichsam das Herzstück unseres Glaubens. So wie Gott seinen Sohn Jesus, den Gekreuzigten, nicht im Stich gelassen, sondern ihn am dritten Tag auferweckt hat, so ist auch uns die Auferstehung zugesagt - und der Tod am Ende unseres irdischen Lebens wird nicht das letzte Wort haben.

 

Dieser Glaube soll froh machen. Deshalb haben im Mittelalter die Priester zu Ostern in der Kirche sogar Witze erzählt, um den Gläubigen das Osterlachen zu entlocken. Und in der Ostkirche ist es üblich, dass man einander am Ostertag besonders feierlich begrüßt: "Christus ist auferstanden!" lautet der Gruß. Und der Gegrüßte antwortet: "Ja, er ist wahrhaft auferstanden!"

 

Trotzdem: wir bleiben Menschen, und Leid, Verzweiflung und Schicksalsschläge bleiben uns nicht erspart. Der Osterglaube ist auch keine Impfung, die uns gegen alle Schwierigkeiten des Lebens immun machen würde. Aber er ist eine Arznei, ein wirksames Medikament, das es uns ermöglicht, den Kopf nicht hängen zu lassen, sondern immer wieder neue Hoffnung zu schöpfen.

 

In diesem Sinn wünsche ich Ihnen frohe und gesegnete Ostern!

 

 

Ostermontag, 1. April 2002
In meiner Kindheit gehörte der Emmaus-Gang am Ostermontag als Fixpunkt zum Osterprogramm. Gemeinsam gingen wir zu einer kleinen Kirche außerhalb meines Heimatortes, wo dann der Gottesdienst gefeiert wurde.

 

Die Freude am ersten Wachstum der Natur hat dabei die Osterfreude in besonderer Weise unterstrichen.

 

Außerdem kommt beim Emmaus-Gang das zum Ausdruck, was uns das Evangelium erzählt: Zwei Jünger, sehr verzweifelt nach der Hinrichtung Jesu, sind unterwegs. Jesus gesellt sich zu ihnen, aber sie erkennen ihn nicht. Erst als sie beim Essen zusammensitzen und er das Brot bricht, erkennen sie ihn.

 

Ähnliches gilt für uns: als Christen sind wir fast 2000 Jahre nach Jesu Auferstehung unterwegs; Zweifel und Unsicherheiten beschäftigen uns. Wie wird mein Leben weitergehen? Wohin steuert die Welt mit ihren zahlreichen Konflikten? Wo steht die Kirche mit ihrem Auftrag, glaubwürdig Zeugnis zu geben von einem menschenfreundlichen Gott?

Nur, wenn wir uns von Christus die Augen öffnen lassen, erkennen wir: Er, der Auferstandene, ist mit uns auf dem Weg. Er selbst erklärt uns die Schrift, die oft unklaren und alten heiligen Texte. Und er selbst bricht das Brot und teilt es aus.

 

 

Dienstag, 2. April 2002
Nach den Osterfeiertagen beginnt heute wieder die Arbeitswoche. Die Geschäfte haben offen, nur die Schulen bleiben noch einen Tag zu. Die Osteroktav aber dauert noch bis zum nächsten Sonntag. Ein gutes Mittel, um das Besondere dieser feierlichen Tage zu unterstreichen, ist ein gutes Morgengebet. Ich habe gesucht und bin fündig geworden: beim großen Reformator Martin Luther, über den mittlerweile auch der Papst Gutes zu sagen weiß. Sein Morgensegen, fast 500 Jahre alt, fasziniert mich mit seinen einfachen Worten, und ich lade Sie ein - so wie es Ihnen möglich ist - mit mir in dieses gute, alte Morgengebet einzustimmen:

 

Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn, dass du mich diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast, und bitte dich, du wollest mich diesen Tag auch behüten vor Sünden und allem Übel, dass dir all mein Tun und Leben gefalle. Denn ich befehle mich, meinen Leib und [meine] Seele und alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der Feind keine Macht an mir findet. - Amen.
Und Martin Luther fügt einen Hinweis an:
Alsdann mit Freuden an dein Werk gegangen und etwa ein Lied gesungen oder was dir deine Andacht eingibt.

 

 

Mittwoch, 3. April 2002
Wenn ich in der Früh aus dem Haus gehe und nicht total im Stress bin, werfe ich noch einen besinnlichen Blick auf unseren kleinen Vorgarten. Gerade jetzt im Frühling ist es ein besinnlicher Genuss, von Tag zu Tag wahrzunehmen, wie alles wächst und gedeiht - und zum Teil auch schon blüht. Die Blätter entfalten sich: zuerst mit ihrem zarten Grün, das dann immer kräftiger wird. Wie wir wissen, sind sie die Kraftwerke der Pflanzen, die - viel klüger als die Kraftwerke der Menschen - Sonnenenergie in Nährstoffe verwandeln; und nebenbei wird noch Sauerstoff frei, nicht Kohlendioxid wie in Kohlekraftwerken oder beim Autofahren.

 

Eigentlich haben wir uns alle schon sehr weit von der Natur, von Gottes Schöpfung entfernt. Daher ist es umso wichtiger, wenigstens dann und wann innezuhalten und zu versuchen, die Einheit der Geschöpfe zu spüren - und auch von der Natur zu lernen: zum Beispiel dass nicht alles immer schneller und schneller gemacht werden kann, sondern dass es eine Zeit zum Wachsen und Reifen braucht.

 

 

Donnerstag, 4. April 2002
Heute gedenkt die Kirche des hl. Isidor, der heute vor 1366 Jahren als Erzbischof von Sevilla gestorben ist. Gewiss wäre diesem Kirchenlehrer nicht im Traum eingefallen, dass er einmal zum Patron des Internet erklärt wird, wie es letztes Jahr geschehen ist.
Isidor wurde bereits mit 30 Jahren Abt und führte ein strenges Regiment; aber er war auch den Wissenschaften zugetan. Seine Klosterbibliothek gehörte zu den berühmtesten ihrer Zeit und beim Konzil von Toledo im Jahr 589 war er der führende Theologe. Als Nachfolger seines Bruders Leander wurde er Erzbischof von Sevilla. Hier legte er besonderes Gewicht auf die Ausbildung des Klerus und richtete Schulen und Bibliotheken ein.

 

Warum er nun zum Patron des Internet wurde, ist leicht erklärt: in seinem wichtigsten Werk, der "Etymologiae", versuchte Isidor, das gesamte Wissen seiner Zeit in 20 Bänden zu vereinen.

 

So etwas Ähnliches ist auch das Internet. Natürlich hat der hl. Isidor mit seinem neuen Patronat viel "Arbeit", denn so mancher ist schon vor der Scheinwelt des Computerbildschirms nächtelang verloren gegangen. So drängt sich geradezu das Stoßgebet auf: "Hl. Isidor, bitte für uns und alle Internetsurferinnen und -surfer!"

 

 

Freitag, 5. April 2002
Haben Sie noch gefärbte Eier im Körbchen? Oder erinnert Sie der Osterschmuck an das vergangene Fest? Vielerorts ist wohl wieder der Alltag zurück gekehrt. Wir sind zur Tagesordnung übergegangen, wie man so schön sagt. In uns allen aber wohnt die Sehnsucht, etwas vom Glanz des Festes zu bewahren. Wir stellen jedoch unweigerlich fest, dass es nicht möglich ist, schöne und berührende Momente festzuhalten. Wir können sie genießen, je offener und bereiter wir sind, umso intensiver, aber sie vergehen letztlich doch.

 

Gehen wir aber mit offenen Augen und Herzen durch unseren oft so grauen Alltag, erkennen wir: überall ist auch neues Leben: Knospen, die aufblühen; das Lächeln eines Kindes; eine erfrischende Begegnung mit einem lieben Menschen...
Heute ist Freitag, der Freitag in der Osteroktav. Um drei Uhr nachmittags läuten die Glocken zur Todesstunde Christi, der uns in seiner Auferstehung das Tor zu immer wieder neuem Leben erschlossen hat. Wachsen und Vergehen, Leben und Sterben, Tod und Auferstehung - alles ist in Gott geborgen: das ist das Geheimnis unseres Glaubens...

 

 

Samstag, 6. April 2002
"Paul, hast du Zeit für mich?", hat Nathalie vor ein paar Wochen durch die Gegensprechanlage gefragt. Unsre 7-jährige Nachbarstochter, die jetzt in die 1. Klasse geht, ist mir seit Jahren eine gute Freundin.
An jenem Sonntag im Vorfrühling, als die Sonne sehr freundlich schien, hatte sie aber einen besonderen Wunsch. Ich sollte ihr die Fußballregeln erklären, denn die anderen Nachbarskinder - mit Ausnahme der kleinen Vanessa lauter Buben - wollten sie beim Fußballspielen nicht mitspielen lassen. Gerne habe ich ihr alles erklärt und mit ihr ein Kurztrainingsprogramm gemacht, das uns beiden sehr gefallen hat. Und ich habe ihr auch von der letzten Damen-Weltmeisterschaft im Fußball erzählt, die ich zum Teil im Fernsehen verfolgt habe.

Gott schuf den Menschen als Mann und Frau, heißt es in der Bibel. Als Mädchen und Buben kommen sie auf die Welt - ein kleiner Unterschied mit großen Folgen. An uns Erwachsenen liegt es, gut hinzuschauen und aufmerksam hinzuhören, wo die Wünsche und Interessen der Kinder hingehen. Unsre Verantwortung ist es auch, sie bestmöglich zu fördern und auf ihrem Weg in die Welt zu begleiten. Kurzum: sie nicht vorschnell in fixe Rollen zu pressen.