Morgengedanken

Sonntag, 07. 04. 2002. 6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
ORF Regionalradios
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, ORF Regionalradios

 

 

von P. MMag. Roman Nägele,
Kaplan in Wiener Neustadt-Neukloster

 

 

Sonntag, 07. April 2002

Jeder Christ lebt eine österliche Existenz. Oftmals merken wir es nicht.

Die Alltagssorgen lassen uns oft vergessen, dass Ostern das Fest ist, das von der Vergänglichkeit zum Leben führt.

Dieses Bewusstsein unterscheidet uns von anderen Menschen.

Deshalb hören wir österliche Texte aus der Heiligen Schrift.

An die Auferstehung glauben ist für uns Christen eine Chance und zugleich eine Aufgabe.

Am heutigen Tag sollen uns bewusst werden: Christus ist für alle gestorben, damit die Lebenden nicht mehr für sich leben, sondern für den, der für sie starb und auferweckt wurde.

Der Tod Jesu am Kreuz war nicht sinnlos. Gott hat ihn von den Toten auferweckt.

Für mich und für sie soll das heißen: Die Macht der Liebe ist stärker als der Tod.

Der Apostel Paulus sagt: "Ihr seid mit Christus auferweckt. Eines muss uns klar sein:

Die Vollendung haben wir noch nicht erreicht.

Unsere Vergänglichkeit ist ausgerichtet auf die Unvergänglichkeit.

Deshalb sehnen wir uns nach dem Himmel, "wo Christus zur Rechten Gottes sitzt".

Heute sind wir eingeladen, diese Worte der Schrift mit den Ohren zu hören und mit dem Herzen aufzunehmen. Uns steht der Himmel offen.

 

 

Montag, 08. April 2002

Die Auferstehung hat niemand mit den Augen gesehen.

Die Menschen in Jerusalem haben sie nicht miterlebt, am Anfang nicht zur Kenntnis genommen.

Der Geschundene, Verhöhnte, der Abgelehnte und Ermordete ist zu neuem Leben auferstanden – allein – aus der Kraft Gottes.

Es musste so sein, denn dieses Geschehen war ganz und in vollem Umfang Tat Gottes.

Sie war nur ihm möglich, ohne jede menschliche Beteiligung.

Augenzeugen wären eine Quelle von Missverständnissen gewesen.

Das Ereignis der Auferstehung ist mit den Sinnen nicht zu erfassen.

Gott hat gewusst, warum er es ganz im Verborgenen geschehen ließ.

Gott hat zum Heil der Menschen die erfolgte Auferweckung sichtbar gemacht.

Er drängt es den erwählten Zeugen geradezu auf. Sie waren nicht gefasst darauf.

Er wollte, dass es weltweit bekannt werde. Die Menschen, die Erwählten, mussten Jesus erleben.

Das Tun Gottes in der Auferstehung hat die Welt umgestaltet, sie menschenwürdiger gemacht.

Sie tut es heute noch, bei Zustimmung und trotz - Ablehnung der Menschen.

 

 

Dienstag, 09. April 2002.

Ostern will bedeuten: Wir Christen freuen uns über den Sieg des Lebens.

Für uns Christen hängt allerdings alles davon ab, ob in uns das Bild des Herrn kraftvoll lebt oder aber abgegriffen und matt ist.

Woher kommt dem Gläubigen das Bild, das er von Jesus hat?

Vor allem aus der Kunst.

Sie kann einen Moment der Ergriffenheit auslösen, in die Phantasie hineinwirken und das Herz anrühren.

Die Kunst vermag die Grenze des Menschen zu überwinden.

In vielen privaten und öffentlichen Räumen unseres Landes hängt ein Kreuz.

Viele Autofahrer haben den Rosenkranz mit dem Kreuz im Auto am Rückspiegel hängen.

Der Mensch sehnt sich nach Schutz, Geborgenheit und Hilfe und nicht zuletzt nach dem Jenseits.

Das Bild, das wir uns von Christus machen, erhält seinen Stoff vor allem aus der christlichen Lehre in Kirche, Schule und Familie.

Kinder und Erwachsene hören hoffentlich, wer Christus war und ist, was er gesprochen und getan hat und was mit ihm geschehen ist.

Bemühen wir uns, anhand eines Bildes oder eines vorbildlichen Menschen zu einer echten Begegnung mit dem Herrn zu gelangen.

 

 

Mittwoch, 10. April 2002

In diesen Tagen bekennen Christen der ganzen Welt: Der Herr ist wahrhaft auferstanden. Halleluja.

Zu diesem Bekenntnis steht die Kirche und mit ihr der Christ in der Welt von Heute.

Jesus hat sich von den Fesseln des Todes befreit. Anders gesagt: Der Tod konnte ihn nicht festhalten.

Er konnte den Tod überwinden, weil er ganz von Gott kommt und dieser ist Herr über den Tod.

Wir Christen bekennen Jesus als den "Gesalbten des Herrn" – "Christus".

Christus ist der Lebendige, den der Tod nicht festhalten kann.

Der in der Kirche verkündete Gott tritt uns in Jesus von Nazaret, einem Menschen, gegenüber.

Er ist für uns wie das Gesicht Gottes.

Wir brauchen Maßbilder für Christus: große Persönlichkeiten; ideale Lehrer und große Vorbilder, den gütigen Freund und Helfer; den sozialen Idealisten; das religiöse Genie.

Eines ist wichtig: das Idealbild hat einen Namen: Jesus, der Christus.

Heute wie damals wird er von einigen verhöhnt, von vielen akzeptiert, geschätzt und angenommen.

Er ist die wirkliche, wissende und eingeweihte Liebe Gottes.

Vollständig.

 

 

Donnerstag, 11. April 2002

In der Apostelgeschichte 3,13f heißt es:

"Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Gott unserer Väter, hat seinen Knecht Jesus verherrlicht, den ihr verraten und vor Pilatus verleugnet habt ...

Den Urheber des Lebens habt ihr getötet, aber Gott hat ihn von den Toten auferweckt."

Wir wissen auch, dass die Auferstehung nicht Erfindung menschlichen Geistes ist.

Wir leugnen nicht, dass Menschen Nahrung, Kleidung und Wohnung und Arbeit brauchen, um existieren zu können.

Zum Leben gehört mehr – Wohlbefinden und Glück sollen nicht in unerreichbarer Ferne liegen.

Menschliches Leben will mehr als ein Dasein in Mangel und Angst.

Darum hat jeder seine eigene Vorstellung darüber, wie es sein müsste.

Viele Vorstellungen sind nicht erreichbar und Ideen nicht durchsetzbar, das ist uns klar.

Die Christen von Heute brauchen keine Jesus-Psychologien.

Sie bringen im besten Fall das persönliche Wunschbild des betreffenden Psychologen, im durchschnittlichen Fall Überheblichkeit und im schlimmsten Fall etwas sehr Böses, nämlich Hass gegen das Heilige.

Von Jesus gibt es nur eine einzige, echte Psychologie: die Einsicht, dass Erklärbarkeit aufhört:

Seine Lebensmitte ist "Glaube".

 

 

Freitag, 12. April 2002

Jesus Christus ist vom Tode erstanden.

Jesus ist nicht nur eine religiöse Gestalt, abgehoben, unerreichbar.

Das eigentliche ist: In Jesus stellt sich der Mensch dem Willen des Vaters zur Verfügung. Dadurch erfahren wir, was Gott mit uns Menschen möchte. Gott will das Sehnen des Menschen erfüllen: er will Gemeinschaft, Liebe, Freude, Trost und Vergebung schenken.

Deshalb öffnet sich der Mensch dem Willen Gottes.

Mit diesem Dasein und Denken beginnt das Christliche.

Jeder von uns hat eine Entwicklung, Krisen, Kämpfe, Stürze und Aufstiege.

Wir reden von dem, der unser Heil ist.

Wir müssen, wenn es um Jesus geht, mit dem Herzen suchen, verlangen, anklopfen, bitten.

Die Bitte "er möge sich offenbaren" darf nicht nachlassen.

Vielleicht bleibt das Wort "Christus" lange Zeit hindurch ein bloßer Name.

Verbleiben wir im Hören und im Bitten, dann kommt einmal der Augenblick, da wir wissen: Er lebt – er waltet- er ist das Eigentliche und unser Heil.

 

 

Samstag, 13. April 2002

Michael Denis hat im Osterlied "Der Heiland ist erstanden" den Sieg Jesu Christi über den Tod wunderbar beschrieben: "Mein Glaube darf nicht wanken, o tröstlicher Gedanken!

Ich werde durch sein Auferstehn gleich ihm aus meinem Grabe gehn. Halleluja!"

Dieses Lied spricht von Leben und von Sinnhaftigkeit.

Der Mensch kann sich allerdings dieses Geschehen nicht selbst in Gang bringen.

Es muss jemanden geben, der zuverlässig lehrt, jemand, der gültige Ziele setzt.

Wer von den Menschen kann das leisten, da doch alle, auch beim besten Willen in Gefahr sind zu irren.

Ist jemand in der Lage das zu leisten, außer Gott selbst?

Wer kann uns loslösen von einer sinnlosen Lebensweise?

Die Apostel lehren uns: nur Jesus Christus ist dazu in der Lage.

Der Preis, um dessentwillen er bewiesen hat, dass er dazu befähigt ist, ist sein Blut, das er für uns vergossen hat.

Bewahren wir uns diesen Glauben mit ganzer Kraft.

Befassen wir uns mit dem Sinn des Lebens.

Beten wir um die Vermehrung des Glauben, die Stärkung der Hoffnung und die Festigung der Liebe.