Morgengedanken

Sonntag, 26. 05. 2002. 6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
ORF Regionalradios
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, ORF Regionalradios

 

 

von Provinzial P. Rupert Schwarzl OFM, Innsbruck

 

Sonntag, 26. Mai 2002

Die roten Kalendertage

 

Haben Sie zufällig einen Terminkalender zur Hand? Gut, dann schauen Sie hinein und sie werden feststellen, dass die Sonntage dort rot eingetragen sind. Wissen Sie auch warum? – Ich habe dazu einmal eine Geschichte gehört, die mich sehr nachdenklich gestimmt hat: Also: Gott, der große Kalendermacher, hat sich bereit erklärt, dem Teufel auch ein paar Kalendertage zu überlassen. Schlau, wie er nun einmal ist, der Teufel, bittet er Gott um die Sonntage. Gott gesteht dem Teufel die erbetenen Sonntage zu. Sind ja helle und freundliche Tage; da kann man niemanden hinters Licht führen und auf falsche Wege bringen. Und zudem sind sie ja die Tage des Herrn, die Sonntage. Was soll denn da der Teufel schon anstellen können? Mir fällt da ein leicht abgewandeltes Sprichwort ein: Der Mensch denkt und Gott lenkt: Gott dachte und der Teufel lachte. Aber zurück zu unserer Geschichte. Wie ist sie weitergegangen?

 

Nach einigen Wochen taucht der listige Teufel wieder bei Gott auf und bedankt sich bei ihm ganz überschwänglich für das Geschenk der Sonntage. Er sagt zu Gott: Nochmals Dankeschön, mein Geschäft läuft ganz ausgezeichnet.

 

Diese Geschichte kann theologisch gar nicht wahr sein und ist natürlich erfunden; aber trotzdem ist sie sehr tiefsinnig. Warum stehen die Sonntage rot im Kalender? – Weil sie sich in den Boden hinein schämen.

 

Montag, 27. Mai 2002

Morgenstund‘ hat Gold im Mund

 

Motivationstraining für den Beginn der neuen Arbeitswoche: Morgenstund‘ hat Gold im Mund – und Blei im Hintern, heißt ein volkstümlicher Zusatz. Ja, wenn nur das Aufstehn nicht wär‘! Es bleibt uns nicht erspart. Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr; solange wir eben können – ich meine aufstehen können. Der Tagesbeginn ist nicht nur für Christen eine gute Gelegenheit zu Motivationstraining mit dem sogenannten guten Gedanken, dem Stoßgebet, der guten Meinung am Beginn des neuen Tages. Und es ist ja wirklich nicht egal, mit welcher Einstellung ein Mensch in seinen Tag und an seine Arbeit geht. je mehr Arbeit, je mehr Verpflichtungen, je mehr Verantwortung, umso mehr braucht es eine gute Einstellung. Ich habe mir ganz systematisch wieder ein Morgengebet aus meiner Kindheit angewöhnt. Es reimt sich und ist vielleicht ein bisschen kitschig, aber der Inhalt, auf den kommt es doch an. Und da heißt es: „O Gott, du hast in dieser Nacht so väterlich für mich gewacht. Ich lob und preise dich dafür und dank‘ für alles Gute dir. Bewahre mich auch diesen Tag vor Sünde, Tod und jede Plag‘, und was ich rede, denk‘ und tu‘, das segne bester Vater du!“

 

Ich wünsche Ihnen allen, die sie jetzt zuhören, einen vom Vater im Himmel gesegneten Tag – und, dass alles, was Sie heute reden, denken und tun, für ihre Mitmenschen, für sie selber zum Segen wird.

 

Dienstag, 28. Mai 2002

„Il Santo“, Antonius von Padua

 

Ursprünglich hat er Fernando geheißen, später ist er Franziskaner geworden und hat den Namen Antonius erhalten. Trotz der kurzen Lebenszeit von knapp 40 Jahren ist sein Name bekannter und beliebter geworden als der seines Ordensgründers Franziskus. 700 Jahre später, als bei uns der Nationalsozialismus im Vormarsch war, gab es nicht wenige Eltern, die ihre Kinder Adolf oder Hermann genannt haben; einige dieser Namensträger empfinden das heute als Belastung. Und in jüngster Vergangenheit haben manche Moslemeltern ihren neugeborenen Buben den Vornamen Osama gegeben, weil Osama-Bin-Laden in ihren Augen ein Held ist.

 

Antonius war ein ganz anderer Held. „Il Santo“, den Heiligen nennen ihn die Italiener. Wie hat er das gemacht, der Antonius? Ganz einfach: Er hat die christliche Gottes- und Nächstenliebe überzeugend gelebt und mit Begeisterung verkündet. In kaum einer Kirche fehlt heute die Antoniusstatue mit dem Jesuskind auf dem Arm. „Ich sehe meinen Herrn“, waren seine letzten Worte. Antonius ist am 13. Juni 1231 gestorben, vier Tage später wurde er begraben; es war an einem Dienstag. Und seitdem ist der Dienstag auch der Antoniustag.

 

Stellen Sie sich einmal vor: Wir würden – wie seinerzeit Antonius – so leben, dass man sich darum reißen würde, die Kinder späterer Generationen auf unsere Vornamen taufen zu lassen? Eine größere Auszeichnung könnten wir uns als Christen gar nicht wünschen.

 

Mittwoch, 29. Mai 2002

Josef, der stille Heilige

 

An alter Greis, im Bart schneeweiß, soll Vater sein dazu – In einem volkstümlichen Lied wird er so genannt. Wissen Sie, wer da gemeint ist? Der Heilige Josef, der Bräutigam der Muttergottes, der Ziehvater Jesu. Heute und immer am Mittwoch, ehrt die Kirche den Hl. Josef. Wir Tiroler natürlich besonders, weil er unser Landespatron ist. Früher hat in kinderreichen Familien der Vorname Josef kaum einmal gefehlt. Heute ist es ruhig geworden um den Hl. Josef. Aber das passt genau zu ihm. Er war keiner, der viel geredet hat, aber auch kein zahnloser Gipsheiliger, sondern ein Mann der Intuition und des konsequenten Handelns; und zwar besonders dann, wenn ihm ein Engel im Traum erschienen ist mit klaren und eindeutigen Botschaften und Aufträgen Gottes zum Wohl und Schutz seiner Frau und des ihm anvertrauten Kindes.

 

Heute ist ja wieder mehr von den Engeln die Rede; fast modern sind sie geworden. Die Bibel erwähnt Engel immer dann, wenn es um wichtige Entscheidungen geht. Das hat der Hl. Josef mehrmals in seinem Leben erfahren, dafür hat er wache Ohren gehabt und ein offenes Herz. Ich bin überzeugt: Es gibt die Engel auch in unserem Leben. Hören wir wie der Hl. Josef noch viel bewusster als bisher in uns selber hinein, und nehmen wir ihren Rat an für die wichtigen Entscheidungen, die wir in unserem Leben zu treffen haben.

 

Donnerstag, 30. Mai 2002

Fronleichnam: Monstranz-Demonstration

 

Ich hab sie noch im Ohr, die vielen Anrufe an den Fronleichnamstagen in der Früh, wenn das Wetter unsicher oder schlecht war: Ist heute die Prozession oder fällt sie aus? Letztes Jahr war ich auf Aushilfe im Zillertal. Der Himmel war bedeckt und ein Einheimischer hat gemeint: Es wird gleich regnen. So habe ich die Hl. Messe in der Kirche gefeiert und anstelle der Prozession am Schluss ein Evangelium gesungen mit feierlichem Segen in der Kirche. Mir tut es immer leid, wenn die Fronleichnamsprozession wetterbedingt ausfallen muss. Auch wenn’s für uns Priester recht anstrengend ist, das Tragen der Monstranz und das viele Singen – es ist doch immer wieder ein großes Erlebnis.

 

Leute gehen auf die Straße, um für oder gegen etwas zu demonstrieren. Einmal im Jahr auch gehen wir Christen auf eine Demo; Aber auf eine friedliche und nicht gegen etwas, sondern für etwas. Konkret für das Wertvollste, was wir haben, für Jesus im Altarsakrament. Ihn und für ihn demonstrieren wir am Fonleichnamstag. Wir zeigen ihn her in der konsekrierten Hostie, die in der Monstranz heute durch die Straßen getragen wird. Das Wort Monstranz kommt vom lateinischen monstrare, und heißt zeigen. Ja, wir haben wirklich was zum Herzeigen am Fronleichnamstag; Den Leib Jesu in der schlichten Brot-Hostie, aber auch ein Stück unseres christlichen Glaubens mit allem ehrfürchtigen Brauchtum, das seit der Väterzeit damit verbunden ist.

 

Freitag, 31. Mai 2002

Seliger Otto Neururer (+ 30.Mai 1940)

 

Es gibt zwei Instanzen, die für einen Christen verbindlich sind: Die Gebote Gottes und das eigene Gewissen. An beiden hat sich der Tiroler Priester Otto Neururer orientiert, für seinen Glauben hat er sein Leben gegeben. Märtyrer nennt man Menschen, die für ihre christliche Überzeugung leben und sterben. Am 24. November 1996 hat Papst Johannes Paul II. unseren Tiroler Priester in Rom seliggesprochen. In der Nazizeit stand die Kirche nicht hoch im Kurs. Als gottgläubig hat man sich damals bekannt, aber das hatte mit Christsein wenig bis gar nichts zu tun. Weil Pfarrer Neururer klar zu den Prinzipien der christlichen Ehe stand, kam er im Dezember 1938 zuerst ins Gestapogefängnis nach Innsbruck, im März 1939 ins KZ Dachau und anschließend nach Buchenwald. Dort gab Pfarrer Neururer einem Konvertiten Glaubensunterricht und spendete heimlich die Sakramente. Das war streng verboten und wurde ihm zum Verhängnis. Man hat ihn stundenlang an den Füßen mit dem Kopf nach untern aufgehängt; an den Folgen dieser Folter ist er vor 62 Jahren verstorben; Gestern war sein Sterbetag.

 

Niemand von uns kann sich so eine Zeit wieder wünschen. Aber wenn es doch wieder einmal anders kommen sollte, wer weiß, wie vielen von uns, wenn’s auf Leben und Tod ginge, wäre der Glaube gleich viel wert wie das eigene Leben?

 

Seliger Otto Neururer, bitt‘ für deine Landsleute, für alle Christen in unserer Heimat!

 

Samstag, 1. Juni 2002

Samstag Marientag

 

Die Samstage sind besonders der Gottesmutter Maria geweiht. Der Marienmonat Mai ist gestern zu Ende gegangen. Maiandachten erfreuen sich in der christlichen Volksfrömmigkeit großer Beliebtheit und die Gottesmutter macht es uns Christen ihre Verehrung und Wertschätzung ja auch leicht. Maria ist unkompliziert, sie getraut sich, Fragen zu stellen, sie bleibt ihrem JA-Wort treu: Gott und dem Josef gegenüber; sie bewahrt alles, auch das, was sie nicht verstanden hat, in ihrem Herzen. Maria hat auch große Nehmerqualitäten – vielleicht gilt das für Frauen ganz im allgemeinen. Sie hat als die Leidens- und Schmerzensmutter in den Darstellungen der Kunst unzähligen Christen in ihrem Leid und Schmerz Kraft und Trost gegeben.

 

Es tut gut, dass durch Maria, die Mutter Jesu, auch das Mütterliche, das Frauliche im christlichen Glauben seinen festen Platz hat und nicht zu kurz kommt. Ich denke da an die vielen Marienwallfahrtsorte auf der ganzen Welt; an die Millionen von Pilgern, die an den Gnadenstätten der Gottesmutter Hilfe und Trost suchen und die von dort mit neuer Kraft und Zuversicht wieder heimkehren. Freilich gibt es auch manch einseitige und übertriebene Formen von Marienverehrung – es müssen wirklich nicht alle Tränen und Blutstropfen an Marienstatuen echt sein. Seien wir Gott dankbar dafür, dass er uns mit und durch Maria so menschlich erlöst hat und dass Maria dabei eine so große und wichtige Rolle spielen durfte.