Morgengedanken

Sonntag, 14. 07. 2002. 6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
ORF Regionalradios
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, ORF Regionalradios

 

 

                                                                     von Pfr. Peter Mömken, Berndorf, NÖ

 

Sonntag, 14. Juli 2002

Gäste und Fremdlinge

 

Wie lang kann ein Gast ein Gast sein ohne zu stören? Ohne den Unmut der Gastgeber hervorzurufen? Wie lange muss ein Gast bleiben, um vom Fremden zum Mitbürger zu werden?

 

Keine Frage: Viele Menschen haben Angst vor dem Fremden, dem Ungewohnten, dem Neuen. Es beunruhigt. Es stört. Es verunsichert.

 

Die Ursache liegt oft auch darin, dass ich selbst unsicher bin und das ich es auch irgendwie ahne, ohne es begründen zu können. Außerdem muss es auch immer jemanden geben, der Schuld an dem ist, was in meinem Leben nicht gelingt. Der so genannte „Sündenbock“ auf den ich alles abladen kann, was mich stört und ärgert.

 

Im christlichen Glauben geht es anders zu. Gott ist der Hausherr seines Reiches, in dem es keine Ausländer gibt, sondern nur Inländer, Einwohner, ja Eigentümer.

 

Gott sagt aber auch: „Inländer raus“ – in dem Sinne, dass ich als Christ in die Welt gehen soll und anderen zeigen, wie ich lebe und vor allem was ich lebe, nämlich: Liebe, Verständnis, Frieden. Vor Gott sind alle Menschen gleich. Bei ihm hat jeder das Recht zu bleiben. Und ich wünschte mir eine Kirche, die so offen und einladend ist, dass sie nicht nur die anspricht, die eh da sind, sondern sich gerade um Gäste, um Distanzierte, um noch nicht Dazugehörende kümmert.

 

Montag, 15. Juli 2002

Verplant

 

Heute habe ich keine Zeit. Der Tag ist verplant. Vom Aufstehen bis zum Niederlegen: Beruf, Familie, und ich möchte auch selbst etwas von mir haben und etwas für mich tun, Autowaschen oder ein Buch lesen. Meine Zeit ist verplant, heute, morgen, jeder Tag, jede Woche, außer im Urlaub und auch der ist organisiert und viel zu schnell zu Ende. Meine Zeit ist verplant. Unvorhergesehenes hat keinen Platz. Und wenn es doch anders kommt, als ich geplant hatte? Wenn mich eine Krankheit aus der Bahn wirft, wenn ein Todesfall in meiner Umgebung eintritt, oder ein ernstes Gespräch, oder ein unerwartetes Glück – es muss ja nicht gleich ein Lotto Jackpot sein.

 

Ich will die Dinge wieder in den Griff kriegen. Das, was meinen Plan stört, wieder einebnen. In dem Ungeplanten, Ungewöhnlichen kann mich Gott ansprechen, im Anruf eines Freundes, im erlittenen Unfall oder in der Zeile eines Buches. Da kann es um die Grundlagen meines Buches gehen. Und dann kommt es darauf an, dass ich mir Zeit zum hören nehme, zum Nachdenken. Das ist wie beim Autofahren: Da kann ich auch nicht immer nur Gasgeben. Ich muss auch bremsbereit sein.

 

So muss ich auch mein Leben einrichten: Dass nicht nur Planung und Routine das letzte Wort haben, sondern auch die Offenheit zum Hören – auch auf das Wort Gottes.

 

 

Dienstag, 16. Juli 2002

Wechselfälle

 

Es gibt ausgesprochene Pechsträhnen. Da geht alles schief: Rückschläge im Beruf, Ärger mit Kollegen, Probleme in der Familie, schlechte Noten in der Schule, gesundheitliche Sorgen. Es reißt einfach nicht mehr ab. Gott sei Dank gibt es auch das Gegenteil. Und der Lebensweg kann auch zu Stationen führen an denen beide Phasen zusammentreffen.

 

Wer gibt mir die Kraft, das alles – das Gute und das Schlechte – auszuhalten? Ich glaube, es ist ganz wichtig, in solchen Situationen zu wissen, und sich darauf verlassen zu können, das andere an mich denken. Ihre Teilnahme an meinem Leben zu spüren und in Freundschaft und Liebe verbunden zu sein. Solche Hilfe kann neue Kräfte wecken, um in den Wechselfällen des Lebens durchzuhalten. „Alles kann ich durch den, der mich stark macht“ hat der Apostel Paulus einmal geschrieben. Der Christliche Glaube ist so eine Hilfe. Auch unter Christen gibt es ganz unterschiedliche Menschen. Junge und Alte, Gesunde und Kranke, Überzeugte und Skeptische. Aber alle ahnen oder wissen, dass sie Jesus viel zu verdanken haben. Und ich bin davon überzeugt, das Jesus Christus mich stärkt für alle Wechselfälle des Lebens. Es ist und bleibt mir nahe, gleichgültig wie es um mich steht.

 

 

Mittwoch, 17. Juli 2002

Wegweiser

 

Wer mit dem Auto in den Urlaub fährt, wird sich die richtige Route vorher aussuchen, Straßenkarte studieren, und auf die Fahrt mitnehmen. Wegweiser sind dann eine gute Hilfe. Am Ferienort stoßen alle Urlauber auf Hinweisschilder. Zur nächsten Toilette, zum Restaurant, zum Strand, zum Skilift. Wenn wir aber keinen Wegweiser finden und niemand uns Auskunft geben kann, dann wird uns bewusst, wie wichtig solche Hinweise sind. Es gibt aber auch lebendige Wegweiser: Eltern, Kindergärtnerinnen, Lehrer, Schriftsteller, Pfarrer, vielleicht auch Journalisten und manche Politiker. Menschen die mir Vorbild sein können, die mir helfen, Schritte in die richtige Richtung zu gehen. Die mir Entscheidungen fällen helfen. Und vielleicht bin ich selbst für andere Wegweiser für meine Kinder, Enkel, Schüler, Untergebene, Gemeindemitglieder, Nachbarn, Verwandte. Und wenn ich schon an Wegweiser denke, dann sollte ich auch die Wegweisung nicht vergessen, die mir die Bibel anbietet. Natürlich ist die Bibel kein Rezeptbuch, dass mir alle Zutaten des Lebens nennt. Aber eine Richtung wird mir gegeben: Hin zu Gott und hin zum Nächsten. So hat es Jesus im Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe gesagt: Und wenn ich so lebe hat mein Leben einen Sinn und ein Ziel.

 

 

Donnerstag, 18. Juli 2002

Jesus versorgt mich

 

Immer wieder erstaunt es mich, wie lebensnahe die Bibel ist. In Neuen Testament wird insgesamt 6 Mal von der Speisung der 5000 bzw. der 4000 berichtet. Das erstaunliche daran ist nicht so sehr die wunderbare Brotvermährung – da geht es ja auch darum, dass Menschen das was sie haben, mit anderen Menschen teilen. Nein, ich staune immer darüber, dass Jesus in seinem Reden und tun nicht nur die geistliche Seite unseres menschseins anspricht, sondern auch die körperlichen Bedürfnisse unseres Lebens nicht übersieht. Er ermöglicht seinen erschöpften Jüngern Erholung. Er selbst zieht sich zurück um alleine zu sein um zu beten. Und er gibt den vielen Menschen, die ihm zuhörten auch Sättigung ihres Hungers. Natürlich ist Erholung und Stillung des Hungers nicht das ganze Leben. Es gibt leider auch Anlässe, die mich resignieren lassen oder unzufrieden machen. Aber welcher Mensch lebt immer „Herrlich und in Freuden?“ Ich verstehe jedenfalls das Angebot Jesu „Ich bin gekommen, damit sie das Leben und volles Genüge habe“ so, dass ich auch aufatmen und Abstand gewinnen kann, von vielem das mich im normalen Alltag beschäftigt.

 

Das macht mich dankbar. Ich habe natürlich auch selbst erarbeitet und geleistet, aber letztendlich verdanke ich alles Gott, der mir das Leben und volles Genüge gibt.

 

 

Freitag, 19. Juli 2002

Wasser

 

Ein Glas Wasser – eine herrliche Erfrischung, wenn meine Kehle trocken ist, ausgedörrt von Hitze und Arbeit, gerade jetzt im Hochsommer.

Die Flut des Wassers. Unermessliche Kräfte, die wir vor einiger Zeit im südlichen Niederösterreich erleben mussten. Mit zerstörten Häusern, Brücken und Autos, entwurzelten Bäumen – eine Spur der Verwüstung.

 

Die Kraft des Wassers treibt Mühlräder und Turbinen an und erleichtert den Menschen die Arbeit.

 

Eine Gießkanne Wasser – Pflanzen mit hängenden Blättern leben wieder auf. Aus Wüsten wird fruchtbares Land. Wasser – das Grundelement des Lebens. Wir Menschen bestehen aus 80% Wasser. Und die vielen Wassergeschichten der Bibel. Die Schöpfung, als der Geist Gottes über den Wassern schwebte. Die Sintflut und die Rettung Noahs und seiner Familie mit all den Tieren an Bord der Arche. Die Stillung des Sturm Jesus wo die Jünger sich fragten: Wer ist der, dass ihm sogar die Elemente gehorchen. All diese Berichte zeigen, wie lebenswichtig das Wasser ist. Gott hat das Wasser gegeben, damit wir leben können. Wasser ist nicht nur einfach ein Rohstoff, mit dem wir machen können was wir wollen. Wasser hat selbst ein Recht auf Leben, so wie wir.

 

 

Samstag, 20. Juli 2002

Vergangenheit und Zukunft

 

Meine Vergangenheit trage ich immer mit mir herum – sie umgibt mich – angefangen bei den Möbeln, die ich von meiner Großmutter geerbt habe – und jedes Stück hat seine Geschichte, die Fotos, die anderen Erinnerungsstücke – und wenn es nur die alte Lesebrille der Tante ist. Oder, im Traum, die Bilder der Schule, Kriegserinnerungen, die ersten Ehejahre... Und manchmal lebe ich auch von der Vergangenheit: Habe ich nicht doch schon einiges geleistet und erreicht, bin ich nicht auch schon oft gelobt worden?

 

Ohne Zweifel bringe ich einen Schatz von Erfahrungen aus der Vergangenheit mit, egal wie alt ich bin. Und dieser Schatz wird immer größer. Und was wäre ich ohne die Erfahrungen? Aber was ist mit den dunklen Punkten? Schuld und Fehler möchte ich eigentlich streichen oder zumindest an den Rand drängen. Doch sie sind da. Sei melden sich. In meiner Angst. In meinen Entscheidungen. In meiner Selbstbestätigung. Wie ist das Verhältnis meiner Zukunft zu meiner Gegenwart? Ein Satz fällt mir ein: Wer seine Hand an den Pflug legt und zurücksieht, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes. Das ist eine bäuerliche Erfahrung. Wer den Blick nur auf die Vergangenheit lenkt kann keine Gerade Furche ziehen. Ich glaube, dass Jesus in der Zukunft ist. Er kommt auf mich zu. Davon lebe ich. Von der Vergangenheit kann ich lernen aber nicht leben. Doch sie ist bei Jesus aufgehoben.