Morgengedanken
Sonntag, 11. 08. 2002. 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
ORF Regionalradios
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, ORF Regionalradios
Pfr.
Martin Müller (Waiern, Kärnten)
Generationenwechsel
Sonntag,
11.8.2002
Eli
war ein alter Mann. Müde und ein wenig verbittert.
Seine
Söhne hatten sich ganz anders entwickelt, wie er sich das gedacht
hatte.
Und
seine Zeit als Prophet war vorbei. Er war wohl noch im Heiligtum und
hat dort seinen Dienst versehen. Aber eben müde und kraftlos. Und:
„Gottes Stimme ist nicht mehr zu hören aus Elis Mund“ haben die
Leute gesagt. Das Feuer ist verglommen.
Dienst
nach Vorschrift, sagen wir.
Aber
dann zeigt dieser alte, verbitterte Mann doch Größe.
Ein
Prophetenschüler findet sich bei ihm ein. Samuel. Sie leben,
arbeiten und lernen zusammen – wie es eben in alten Zeiten üblich
war, wenn ein Schüler in die Lehre ging.
Eines
Nachts meint Samuel Elis Stimme zu hören und geht zu ihm. Aber Eli
hat ihn nicht gerufen. Samuel legt sich wieder schlafen. Wieder hört
Samuel eine Stimme. Wieder geht er zu Eli. Und wieder weiß Eli von
nichts.
Als
sich das ganze zum 3.Mal wiederholt, erkennt Eli, dass es Gottes
Stimme sein muss, die Samuel hört. „Leg dich noch mal nieder“ rät
er dem jungen Samuel. „Und wenn du die Stimme Gottes hörst, dann
sag einfach: Rede, Herr, dein Knecht hört!“
Eli
weiß, so beginnen neue Wege mit Gott. Wenn einer hinhört wie
Samuel, kann Gott reden. Und für Eli ist es Zeit, als Prophet
abzutreten.
Es
geht nicht immer leicht ab, wenn junge Menschen den Platz der alten
einnehmen sollen. Es hat etwas zu tun mit loslassen können,
Verantwortung vertrauensvoll in junge Hände legen. Wo es so geht,
wie bei Samuel und Eli, ist es ein Segen.
Montag,
12.8.2002
Das
Grab für Myriel beeindruckt mich.
Weil
es so schlicht und liebevoll gestaltet ist.
Und
weil ich die Geschichte von Myriel kenne. Die Geschichte einer
hoffnungsvollen und dann sehr traurigen Vorweihnachtszeit, wo ich
als Pfarrer eine junge Familie zu begleiten hatte, die sich am Tag
der Geburt ihres 2.Kindes wieder von ihm verabschieden musste.
Geburts-
und Todestag von Myriel haben das selbe Datum.
Das
Grab für Myriel beeindruckt mich.
Eine
aufrechte Grabplatte aus Holz. In der Mitte die Silhouette eines
Kreuzes, nach oben hin offen – Segen mitten im Leid.
Davor
keine Einfassung. Nur Blumen, in kleinen Polstern, rundherum Wiese.
Und
aus dem gleichen Holz, wie die Grabplatte, steht ein kleiner Schemel
in der Wiese. Ein Ruheplatz zur Besinnung, wo man Platz nehmen kann.
Manchmal
sehe ich die Mutter drauf sitzen, allein, in Gedanken.
Dann
wieder sind Mann und Kind dabei, eine kleine Familie in stiller
Trauer.
Friede
geht von diesem Bild aus. Respektvoller Abschied, respektvolles
Gedenken, Trauer in Geborgenheit.
Das
Grab für Myriel beeindruckt mich.
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