Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

Pfarrer Markus J. Plöbst (Bad Aussee, Stmk.)

 

Sonntag, 13. Oktober

Heute ist Sonntag. Nach alter Tradition läuten heute wieder die Kirchenglocken, wahrscheinlich auch in Ihrem Ort. Sie laden ein, zur heiligen Messe zu gehen. Es ist eine Einladung, wie sie heute auch im Sonntagsevangelium zu hören ist. In diesem erzählt Jesus den Hohenpriestern und Ältesten des Volkes ein Gleichnis vom Hochzeitsmahl, zu dem Gäste geladen sind, die aber nicht kommen wollen.

Die Begründungen für die Absagen sind alt und klingen doch neu. Es gibt immer gute Gründe und Argumente, eine Einladung abzulehnen. In der Tat ist es manchmal eine Überwindung in die Kirche zu gehen, weil die Sorgen des Alltags einen Kirchgang erschweren. Außerdem ist die Heilige Messe in unserer Erlebnisgesellschaft nicht wirklich spektakulär, der Ablauf bekannt und in der Predigt des Pfarrers ist nicht grundlegend neues zu erwarten. So ist es an nahezu allen Sonntagen des Jahres.

In diesem Zusammenhang ist es für mich als Pfarrer interessant, wie Medien über kirchliche Ereignisse berichten. Regelmäßig ist dabei das Wort „traditionell“ zu hören. Das Traditionelle vermittelt uns nichts neues, dafür aber das Gefühl von Heimat. Das Traditionelle hat uns geprägt und wir sind Teil dieser Tradition. Wir sind nicht Zuschauer.

Es ist wie in einer Ehe. Es reicht nicht, wenn Sie meinen, bei der Eheschließung hätten Sie bereits alles gesagt.

Heute läuten wieder die Kirchenglocken zur traditionellen Sonntagsmesse. Folgen Sie der Einladung, erleben Sie Heimat und geben Sie dem Sonntag einen Sinn.

Montag, 14. Oktober

Bei der Romwallfahrt besucht man gerne die nach Kallistus benannten Katakomben an der Via appia antiqua. An dieser alten Ausfahrtsstraße nach Brindisi hatte Kallistus die Sorge über die christlichen Begräbnisstätten. Er kam aus einfachen Verhältnissen, war Sklave, wurde getauft und 199 zum Diakon ernannt. Schon 18 Jahre später, also im Jahre 217, wurde er zum Papst gewählt. Sein Pontifikat war ein schwieriges und gekennzeichnet von einem heftigen Richtungsstreit um die richtige Lehre in der Kirche. Kallistus wurde seine Vergangenheit als Sklave zum Vorwurf gemacht. Als er auch noch die Hochzeit hochgestellter Frauen mit Sklaven akzeptierte, gab es gegen ihn regelrecht eine Hetzkampagne. Vermutlich im Jahre 222 wurde er seines Glaubens und seiner Einstellung wegen ermordet.

Schon damals gab es die bis zum heutigen Tag andauernde Diskussion, ob wir zu laxe Christen sind. Christen wurden in diesem 3. Jahrhundert verfolgt, weil sie mit ihren Gedanken das römische Staatsgefüge ins Wanken brachten. Sklaven waren nicht mehr eine Ware die man brauchte. Sie waren Menschen. Es war der Kampf für Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit. Die Grundbegriffe der Französischen Revolution waren die Ziele der ersten Christen. Wenn aber wir Christen nicht mehr für unseren Glauben eintreten, dann werden eben andere die Grundwerte unseres  Glaubens auf ihre Weise vertreten.

 

Dienstag, 15. Oktober

Das 16. Jhdt. war für die Katholische Kirche eine äußerst turbulente Zeit. In Rom trieben die Renaissancepäpste  ihr Unwesen, in Deutschland und Österreich rebellierte Martin Luther, in der Schweiz Calvin und Zwingli, in England trennte sich Heinrich VIII. von der Kirche. Das 1443 einberufene Konzil von Trient brachte auch nicht so einfach den erhofften Frieden. In dieser Zeit aber traten begnadete Menschen auf das Parkett der Weltkirche: In Spanien Ignatius von Loyola, Johannes von Kreuz und Theresia von Avila. Interessant ist besonders Theresia von Avila, deren Gedenktag wir heute begehen. Sie wurde im Jahre 1515 in Avila geboren. Das temperamentvolle und stürmische Mädchen wuchs mit den Werten des Humanismus und der Renaissance  auf. Mit 19 Jahren trat sie in den Orden der Karmelitinnen von Avila ein. Ihr Leben war geprägt von einem Streben nach Vollkommenheit und sie reformierte damit auf ihre Weise die Kirche ihrer Zeit. Es ging nicht einfach um eine Strukturreform, die Bekehrung des Herzens. Mit dieser Geisteshaltung hat sie die Kirche erneuert. Treffend schreibt Edith Stein über die Heilige Theresia: „Als die Heilige Theresia, die machtvolle Reformatorin ihres Ordens, in der Zeit des großen Glaubensabfalls der Kirche zu Hilfe kommen wollte, sah sie das Mittel dazu in der Erneuerung wahren, inneren Glaubens.“

Mittwoch, 16. Oktober

Liegt wirklich alles in unseren Händen? Viele von uns glauben es und meinen, nur in der Eigenleistung liege das Glück auf Erden. Dass dem nicht so ist, zeigt immer wieder die Jugend. Die meisten Eltern meinen doch, für ihr Kind alles getan zu haben. Dennoch treiben viele Kinder ihre Eltern an den Rand der Verzweiflung. Weshalb greifen Jugendliche zu schweren Drogen oder geraten auf die schiefe Bahn? Was führt zu so viel Streit und Hass, oft auch zu Gewalt in den Familien, in der sich die Kinder von den Eltern und die Eltern von den Kindern distanzieren?  Was kann man tun in einer solchen Situation?

 

Die heilige Hedwig, die Heilige des heutigen Tages, gibt vielleicht eine Antwort. Schon mit 13 Jahren wurde sie mit Herzog Heinrich I. von Schlesien vermählt und hatte sieben Kinder mit ihm. Sie kam zur Erkenntnis, dass man nur durch Gegensätze heilen kann: Hass durch die Liebe, Schuld durch Sühne. Hedwig bemühte sich als Büßerin durch Gebet und Askese ihr Leben zu gestalten und damit Gott um seine Hilfe zu bitten.

Sie lebte nach dem Grundsatz des heiligen Augustinus, der vielleicht auch mancher verzweifelten Mutter eine Hilfe sein kann. So zu leben, als ob alles vom Menschen abhänge, aber auch so zu beten, als ob alles von Gott abhänge. Manchmal haben wir alles Menschenmögliche getan, vielleicht aber haben wir die zweite Möglichkeit noch nicht in Anspruch genommen.

 

Donnerstag, 17. Oktober

Heute sind wir wieder im alten Rom angelangt und wir gedenken eines Märtyrers, des heiligen Ignatius, der seines  Glaubens wegen unter Kaiser Traian zum Tode verurteilt worden war. Im Jahre 117 wurde er im Kolosseum den wilden Tieren zum Fraße vorgeworfen.

Ignatius zählt zu den frühesten Glaubenszeugen. Er hat die Apostel noch selbst gekannt. Wie viel Mut müssen doch diese frühen Christen gehabt haben! Was hat Ignatius bewegt, sich gegen den Römischen Staat zu stellen? Was hat ihn bewegt, sein Leben aufs Spiel zu setzen?

Einer der wichtigsten Sätze, die jemals geschrieben wurden, ist, dass der Mensch Abbild Gottes ist. So war es im Judentum immer schon und durch die Taufe galt dieser Satz für alle Christen dieser Welt. Auf einmal waren Sklaven Menschen, und auf einmal waren Männer und Frauen gleichgestellt. Plötzlich gab es für jeden Menschen einen Sonntag und jeder hatte 52 freie Tage im Jahr. Das war Revolution. Aber kann etwas in der Geschichte überhaupt plötzlich sein? Lag dieses  Gedankengut nicht schon längst in der Luft? Ich meine, dass auch deswegen das Christentum in nur wenigen Jahren diese unglaubliche Verbreitung fand. Seit dem Tod von Ignatius sind rund 1900 Jahre vergangen, doch leider hat sich dieses christliche Gedankengut noch immer nicht durchgesetzt. Noch immer muss man heute für die Würde, die Rechte, die Gleichberechtigung von Mann und Frau eintreten. Wie lange noch?

 

Freitag, 18. Oktober

Der Heilige Lukas hat das dritte Evangelium und auch die Apostelgeschichte verfasst. Von ihm stammen so berühmte und berührende Texte wie die Verkündigung Mariens, das Magnifikat und das Weihnachtsevangelium. Der Überlieferung nach soll Lukas in Syrien als Heide geboren worden sein. Möglicherweise war er Arzt, und hat auch den Apostel Paulus behandelt. Lukas soll Paulus auf seinen Missionsreisen begleitet haben.

 

Sein Hauptanliegen ist es, die Barmherzigkeit Gottes und die Liebe Jesus zu den Armen und Sündern hervorzuheben. Es geht um den ganzen Menschen, um seinen Leib und um seine Seele. Dahinter könnte seine persönliche Betroffenheit und seine Gotteserfahrung stehen. In der Ganzheit seiner Person hatte Lukas diese Begegnung mit Gott. Und eben diese persönliche Betroffenheit spiegelt sich in seinem Evangelium und auch in der Apostelgeschichte wider. Wovon wir selbst betroffen sind, davon reden wir auch, weil es uns persönlich berührt. Was erzählen wir unseren Freunden, was ist uns wichtig? Wer aber erzählt heute noch gerne von Gott, seiner Barmherzigkeit und der Liebe zu den Armen?

 

Samstag, 19. Oktober

Es gibt keine Person dieser Welt, die sich derart oft in den Kalendern findet, wie Maria. Auch der Monat Mai und der Monat Oktober werden Marienmonate genannt. Es gibt unzählige Orte auf dieser Welt, die Marien-Wallfahrtsorte sind und Mariengedenkstätten haben. Sogar der Samstag erhält vielfach ein Gedenken an die Gottesmutter Maria, etwa der heutige. Dennoch zählt die Gottesmutter Maria zu den umstrittensten Persönlichkeiten dieser Welt.

 

Von Anfang an wird diese Frau diskutiert. Es sei auf das Konzil von Ephesus im Jahre 431 hingewiesen, das ganz dieser Frau und ihrer Bedeutung gewidmet war, oder auf ihre unterschiedliche Verehrung durch die katholischen und evangelischen Christen. In der traditionellen evangelischen Kirche gibt es kein Bildnis der Gottesmutter.

Genau genommen ist Maria aber der Angelpunkt für den christlichen Glauben. Als Mensch hat sie einen Menschen geboren, zugleich aber war dieser Mensch Gottes Sohn, der in ihrem Leib Mensch wurde. Sie hat Gottes Sohn begleitet, von der Empfängnis bis zur Auferstehung. Glauben Sie das?

 

An Maria scheiden sich die Geister, denn wie soll das alles geschehen sein? Was sind wir doch für hartherzige Menschen, wie leicht sagen wir: „Alles ist möglich.“ Weshalb sollte nicht auch das Geheimnis um Maria möglich sein?