Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

Univ. Prof. Dr. Johann Paarhammer (Salzburg)

 

Sonntag, 8. Dezember 2002

„Für den gottverbundenen Menschen ist das Leben eine einzigartige Gnade.“ Dieses Wort des heiligen Kirchenlehrers und Bischofs Augustinus ist zum heutigen Marienfeiertag zuerst im Blick auf die Gottesmutter zu sehen: „Du bist voll der Gnade“, sagt der Erzengel Gabriel zur Jungfrau aus Nazareth. Sie hat es in ihrem ganzen Leben erfahren, was es heißt: „Für den gottverbundenen Menschen ist das Leben eine einzigartige Gnade.“ Dieses Wort des heiligen Augustinus gilt auch jedem von uns, der sich darüber bewusst ist: Mein Leben ist ein einzigartiges Geschenk. Es ist mir gegeben als Gabe und Aufgabe. Hinter mir steht Gott, mein Schöpfer und Erlöser. Durch die Gnade des Glaubens darf ich wissen: Woher komme ich – wohin gehe ich – woran kann ich mich halten. Paulus sagte einmal: „Durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin!“ Gott sei Dank gibt es sie, die „begnadeten Menschen“, auch heute. Begnadete Menschen waren immer schon ein Segen für unsere Welt, sie sind es auch heute für unser Land und seine Menschen. Ich wünsche Ihnen ein gottverbundenes Leben, eine begnadete Zeit!

Montag, 9.Dezember 2002

„Mehr als Worte sagt ein Lied“, heißt es in einem Liedstrophe in unserem liturgischen Gesangbuch Gotteslob. Jetzt im Advent und dann zur Weihnachtszeit wird uns in mannigfaltigen musikalischen Weisen und Liedern die Frohe Botschaft der Heiligen Nacht nahegebracht; das Sehnen der Menschen seit unvordenklichen Zeiten nach Heil klingt an; die Botschaft der alten Propheten wird heute vernehmbar; die Freude, dass Gott zu uns kommt und unter uns Mensch wird und wohnt, wird in vielfältigen Facetten verkündet. Diese vielen Lieder sind nicht nur etwas für unser Gemüt, sie wollen uns zur Besinnung führen auf den tragenden Grund und Halt unseres Menschseins, ja noch mehr: Es soll eine Grundmelodie der dankbaren Freude unser Leben bestimmen. Diese dankbare Freude möge Ihnen, verehrte Hörerinnen und Hörer, niemals abhanden kommen. Ich wünsche Ihnen die Freude am schönen Lied. Und wenn Sie selbst die Gabe zum Singen und Musizieren haben, schenken Sie ein Lied unserem menschgewordenen Gott und seinem „irdischen Bodenpersonal“, uns des frohen Liedes bedürftigen Menschen.

 

Dienstag, 10. Dezember 2002

„Nehmt Gottes Melodie in Euch auf!“ So schrieb einst um das Jahr Hundert nach Christus der heilige Bischof Ignatius von Antiochien in einem Brief an eine seiner Christengemeinden. Ignatius war der Legende nach jenes Kind, von dem die Evangelien berichten, dass Jesus es nahm, in die Mitte seiner Jünger stellte und sagte: „Wer so klein sein kann wie dieses Kind, der wird in das Himmelreich kommen!“ Ignastius von Antiochien war ganz und gar geprägt von der Freude über seine Gotteskindschaft und von der Dankbarkeit dafür, dass Gott sich unser angenommen hat. Aus seinen Briefen klingt eine Melodie auf, bei der man spürt: Hier ist Gott selbst der großartige Komponist einer frohmachenden Weise, die den hörenden Menschen staunen lässt, dass er leben und auf Gott zugehen darf, jeden Tag ein Stück näher. Liebe Hörerinnen und Hörer! Nehmt Gottes Melodie in Euch auf, gerade jetzt im Advent! Jeder Tag ist ein Grund zum Staunen und Danken, dass wir leben dürfen. Wer darum weiß, der hat immer einen Grund zu singen: „Die Freude in Gott ist unsere Kraft!“

 

Mittwoch, 11. Dezember 2002

„Es gibt ein Wort und das ist für Dich das Leben, - es gibt ein Licht, das die Sonne überstrahlt! Du hast ein Ziel, welches Gott für Dich gegeben, wenn er Dich ruft, musst Du gehen, vielleicht schon bald!“

Dieses moderne Lied – gerne gesungen in unseren Kinder- und Jugendchören – bringt auf den Punkt, worauf es in unserem Leben ankommt: Nämlich zu begreifen, dass unser Leben Sinn und Ziel hat.

Keiner von uns ist ein Zufallsprodukt! Wir sind vielmehr Gottes geliebte Kinder. Jeder Mensch ist auf seine Art und Weise einzigartig, einmalig, kostbar, unwiederholbar. Wir sind geschaffen nach Gottes Bild und Gleichnis. Der Psalm 8 sagt es so wunderbar: „Was ist der Mensch, dass Du, o Gott, an ihn denkst; des Menschen Kind, dass seiner Du Dich annimmst.“ In jedem Herzen lebt eine unstillbare Sehnsucht nach Angenommensein, nach bleibendem Glück und ewiger Erfüllung. Augustinus hat dies so ausgedrückt: „Herr, Du hast uns Richtung gegeben hin zu Dir, unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Dir!“ Ich wünsche Ihnen diese Unruhe des Herzens, bis wir Ruhe finden bei Gott, bis wir angelangt sind bei ihm, der unsere Hoffnung ist.

 

Donnerstag, 12.Dezember 2002

In vielen Stuben und Wohnzimmern schmückt ein Adventkalender unser Zuhause. Die Kinder sind gespannt, aber auch nicht wenige Erwachsene kenne ich, die es genauso sind, wenn sie heute das zwölfte Türchen öffnen. Was steckt hinter dieser Tür? Was kommt auf mich zu? Was darf ich erwarten, erhoffen? Wenn ich meinen Adventkalender mit seinen 24 Türen betrachte, kommt mir immer wieder das uralte Adventlied in den Sinn: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit. Es kommt der Herr der Herrlichkeit!“ Wir sind selbst angesprochen, es geht um uns und unsere menschliche Existenz, wenn wir den Brauch des Adventkalenders pflegen und Tag für Tag ein weiteres Türchen öffnen. Es geht um unsere Offenheit, Aufgeschlossenheit und Bereitschaft für Gott. Im letzten Buch der Bibel, in der sogenannten Geheimen Offenbarung des heiligen Johannes spricht Jesus: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn einer meine Stimme hört und mir aufmacht, will ich einkehren bei ihm und Mahl mit ihm halten und er mit mir!“ Ich wünsche Ihnen zum heutigen Adventtag diese menschliche Tugend der Aufgeschlossenheit für Gott.

 

Freitag, 13. Dezember 2002

Ein Bild für die Sehnsucht, die die Adventszeit in uns wecken möchte, ist der Stern. Der Stern, der am nächtlichen Himmel leuchtet, ist seit jeher ein Symbol für das göttliche Licht, das die menschliche Dunkelheit und Finsternis erhellt. Mich fasziniert es immer neu, wenn nachts ein klarer Sternenhimmel leuchtet. Gerne denke ich zurück in meine Kinderjahre, wenn mein Vater mir die Sternbilder am Himmel gezeigt und erklärt hat. Sterne drücken die Sehnsucht aus, dass Gott meine menschliche Dunkelheit erleuchtet. Es liegt ein tiefer Sinn darin, wenn wir manchmal sagen: „Jetzt geht mir ein Licht auf!“ Uns allen ist mit Jesus Christus ein Licht aufgegangen, das unser Leben wahrhaft hell macht. Wir gehen in keine finstere Zukunft. Jede Kerze, die wir in diesen dunklen Tagen des Jahres entzünden, will uns auf das „wahre Licht“ hinführen, das in die Welt gekommen ist und uns Menschen erleuchten will. ER – Jesus - das Kind von Bethlehem, der Menschensohn, ist das Licht der Welt. Er hat uns das gute Wort gesagt: „Wer mir nachfolgt, wird nicht im Finstern gehen, er wird das Licht des Lebens haben!“ Und von ihm schreibt der Apostel Petrus in seinem Brief; „Jesus ist der Morgenstern, der aufgehen soll in unseren Herzen.“ Denn er will unser Leben hell und froh machen.

Verehrte Hörerinnen und Hörer! Möge dieser Morgenstern Ihr Leben bestimmen. Von Herzen wünsche ich Ihnen dieses Sternzeichen. Für uns Christen steht unser Leben immer unter einem guten Stern! Jesus Christus ist der Weihnachtsstern unseres Lebens, unter seinem Sternzeichen lässt sich froh und sinnvoll leben! Wagen und gestalten wir unser Leben nach diesem Sternzeichen!

 

Samstag, 14. Dezember 2002

Der dritte Adventsonntag trägt den lateinischen Titel: „Gaudete!“ „Freuet Euch!“ Man erinnert sich an den Aufruf des Apostels Paulus an seine Lieblingspfarrgemeinde Philippi, der er schreibt und zuruft: „Freuet Euch im Herrn, ja, noch einmal sage ich Euch, freuet Euch, denn der Herr ist nahe!“ Mit dem Völkerapostel Paulus ruft uns die Kirche mitten im Advent ebenso zu: „Gaudete!“ „Freuet Euch!“ Der christliche Mensch hat immer Grund zur Freude, weil er weiß, dass Gott mit uns ist, dass er unsere Traurigkeit wandeln wird in ewige Freude. Der „Immanuel“ – der Gott mit uns – ist uns im Menschen Jesus nahegekommen, hat unser Leben gelebt bis in die Finsternis des Todes hinein. Es ging ihm in der Menschwerdung einzig und allein darum, dass wir das Leben in Fülle erlangen und haben. Beim letzten Abendmahl hat Jesus in seiner Abschiedsrede jenen bedeutungsvollen Satz gesprochen, der die Jünger nie mehr losgelassen hat: „Ich will, dass meine Freude in Euch ist und dass so Eure Lebensfreude groß und vollkommen wird!“

Gaudete! Freuet Euch! Sagt uns die Kirche mitten im Advent! Das möchte auch ich Ihnen heute sagen: Gaudete! Freuet Euch. Der christliche Mensch ist im Grunde seines Gemütes ein froher Mensch. Da fällt mir ein noch ein ergreifendes Lied ein, wo es im Refrain heißt: „Die Freude ist das Licht des Lebens, ein Sonnenstrahl von Gott, erhellt alle dunklen Stunden und wendet jede Not!“ Liebe Hörerinnen und Hörer! Gott erfülle Ihr Leben mit diesem Sonnenstrahl seiner Liebe! Gott segne Sie mit jener Freude, die Ihnen niemand mehr nehmen kann.