Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

Pfarrer Franz Trojer (Pirmin, Innsbruck)

 

 

Sonntag, 2.2. 2003

Prophetische alte Menschen

Ich kenne alte Menschen, mit denen zu reden es einfach spannend ist. Ich könnte ihnen stundenlang zuhören. Da macht es auch nichts, wenn sie sich manchmal wiederholen. Es versteht sich, dass solche Menschen oft die Lieblinge ihrer Enkel sind.

 

Heute am Fest Maria Lichtmess hören wir vom alten Simeon, wie er Josef, Maria den kleinen Jesus im Jerusalemer Tempel empfängt. Simeon hat trotz seines Alters die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Er ist offen für den Wink des Heiligen Geistes und geht deshalb genau in dem Moment in den Tempel, in dem Maria und Josef das Jesuskind hereinbringen. Wie ein liebevoller Opa nimmt er Jesus in seine Hände und betet das große Abendgebet der Kirche:

 

Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden.

Denn meine Augen haben das Heil gesehen,

das du vor allen Völkern bereitet hast,

ein Licht, das die Heiden erleuchtet,

und Herrlichkeit für dein Volk Israel.

 

Solche Menschen wie Simeon waren vor 2000 Jahren Hoffnungsträger und sind es auch heute. Sie überzeugen.

 

Unsere Welt braucht prophetische alte Menschen.

 

 

Montag, 3.2. 2003

Auch Kranke haben einen Namen

 

Unsere Medizin macht es möglich, dass immer mehr Krankheiten geheilt werden. Das ist ein Glück und Segen.Und doch gibt es immer noch Krankheiten, die unheilbar sind, in denen sich Menschen selbst in Gefahr bringen und nur mit Medikamenten beruhigen lassen. Die Bibel nennt diese Kranken unter anderem Besessene. Wir hören heute im Evangelium von einem solchem Kranken, dem Besessenen von Gerasa.

 

Als Jesus aus dem Boot stieg, lief ihm ein Mann entgegen, der von einem unreinen Geist besessen war. Er kam von den Grabhöhlen, in denen er lebte. Schon oft hatte man ihn an Händen und Füßen gefesselt, aber er hatte die Ketten gesprengt und die Fesseln zerrissen; Bei Tag und Nacht schrie er unaufhörlich in den Grabhöhlen und schlug sich mit Steinen. (Markus 5,2-5)

 

Jesus fragt den Besessenen: “Wie heißt du?“ Die Antwort sagt leider schon alles:

„Mein Name ist Legion, denn wir sind viele“

 

Solche Krankheiten werden wir trotz aller Medizin kaum heilen können. Wir dürfen aber die Achtung vor den Kranken nie verlieren. Auch sie haben einen Namen. Auch sie verdienen die Frage Jesu: Wie heißt du?

 

Dienstag, 4.2. 2003

Dein Glaube hat dir geholfen

 

„Dein Glaube hat dir geholfen.“ Wie ein Abschlussrefrain schließt dieser Satz so manche Wunder Jesu ab.

 

Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden! sagt Jesus zur blutflüssigen Frau, die schon 12 Jahre krank ist.

 

Geh, dein Glaube hat dir geholfen! sagt Jesus zum blinden Bartimäus.

 

Auch die stadtbekannte Sünderin hört die Worte Jesu:

Deine Sünden sind dir vergeben.

Dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden

Diese Worte hat sie wohl ihr ganzes Leben nie vergessen.

 

Steh auf und geh! Dein Glaube hat dir geholfen! sagt Jesus zum Samariter, der als einziger von zehn zurückkommt und sich bedankt. Er ist jetzt nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich geheilt:

 

Zur Heilung unserer Krankheiten und zur Veränderung von schwierigen Situationen braucht es demnach nicht nur eine Kraft von außen, sondern auch unsere innere Bereitschaft. Manche Psychologen behaupten, dass wir Menschen zwar ständig von Veränderungen reden, aber selbst das größte Hindernis dazu sind.

 

Ich wünsche ihnen heute die Kraft und den Mut, etwas zu ändern und den ersten Schritt zu wagen.

 

Mittwoch, 5. 2. 2003

Mut vom Glauben zu reden

 

Kennen Sie Taize?

In diesem kleinen Dorf in Frankreich treffen sich alljährlich tausende Jugendliche aus aller Welt, um miteinander die bekannten Taizelieder zu singen, und von ihrem Leben und ihrem Glauben zu erzählen.

Vor zwei Jahren passierte in Taize folgendes: Drei Jugendliche aus einem Tiroler Dorf fuhren gleichzeitig dorthin. Zu ihren Freunden haben diese Jugendlichen jeweils gesagt: Wir fahren auf Urlaub, wir fahren nach Burgund in Frankreich. Niemand hatte den Mut zu sagen, was er wirklich vorhatte. Und dann sind diese drei Jugendlichen fast gleichzeitig in Taize angekommen, alle mit eigenem Auto.

Sie können sich sicherlich vorstellen, wie die drei große Augen gemacht haben, als sie die zwei anderen dort antrafen.

 

Warum haben diese Jugendlichen voreinander verheimlicht, dass sie engagierte suchende Menschen sind. Warum war es nicht möglich, dass sie gemeinsam nach Taize fuhren?

 

Dieses Beispiel zeigt, dass sich heute viele schämen, mit anderen über ihren Glauben zu reden, sich als gläubige Christen zu bekennen oder gar zur Kirche mit ihren Stärken und Fehlern zu stehen.

 

Ich möchte euch allen Mut machen, immer wieder miteinander über den Glauben zu reden: Daheim, mit Freunden, auch mit Arbeitskollegen. Das ist eine Hilfe fürs Leben.

 

Donnerstag, 6.2.2003

Gründe, warum ich Christ bin

 

Der Theologe Martin Krolzig erzählt folgendes Erlebnis aus seiner Studienzeit, das ihn für sein ganzes Leben geprägt hat:

Während der ersten Zeit meines Studiums erfuhr ich in einem Seminar, dass man im heißen Wüstensand Ägyptens einen kleinen Papyrusfetzen gefunden hatte, auf dem nur ein Satz stand: „Wer der Größte unter euch sein will, der sei euer aller Diener." Unser Professor nahm an dieser Stelle seine Brille ab, schaute uns nachdenklich, aber sehr freundlich an und erklärte nach einer kurzen Pause:

„Wenn es von dem ganzen Neuen Testament nur dieses eine Wort Jesu gäbe, wäre das für mich ausreichender Anlass, um entweder Christ zu werden oder zu bleiben."

 

„Wenn es von dem ganzen Neuen Testament nur dieses eine Wort Jesu gäbe, wäre das für mich ausreichender Anlass, um entweder Christ zu werden oder zu bleiben.“

 

Was ist für Sie der wichtigste Satz Jesu, der Satz, der für Sie Grund genug ist, Christ zu werden und Christ zu bleiben.

 

Für mich sind es die Worte Jesu: Der Menschensohn ist gekommen um zu suchen und zu retten, was verloren war. Diese Worte geben mir die Sicherheit, dass Gott uns sucht und unsere Rettung ist.

 

 

Freitag, 7.2.2003

Die Freude, Fehler der anderen zu korrigieren

 

Es war einmal ein Gasthaus, das hieß Silberstern. Der Gastwirt kam auf keinen grünen Zweig, obgleich er das Haus gemütlich einrichtete, sorgte für eine freundliche Bedienung sorgte und die Preise tief hielt.

In seiner Verzweiflung fragte er einen Weisen um Rat. Dieser sagte: „Es ist sehr einfach. Du musst den Namen deines Gasthauses ändern.“ „Unmöglich“, sagte der Gastwirt. „Seit Generationen heißt es Silberstern und ist unter diesem Namen in der ganzen Gegend bekannt.“ „Nein“, sagte der Weise bestimmt. „Du musst es nun die fünf Glocken nennen und über dem Eingang sechs Glocken aufhängen.“ „Sechs Glocken? Das ist doch absurd. Was soll das bewirken?“ „Versuch es doch einmal und sieh selbst“, sagte der Weise lächelnd.

 

Also machte der Gastwirt einen Versuch, und folgendes geschah:

Jeder Reisende, der an dem Gasthaus vorbeikam, ging hinein, um auf den Fehler aufmerksam zu machen, jeder in dem Glauben, den Fehler als erster entdeckt zu haben. Und wenn sie erst einmal in der Gaststube waren, sahen sie die freundliche Bedienung und blieben da, um eine Erfrischung zu bestellen. Das war die Chance, auf die der Wirt so lange gewartet hatte.

 

In der Tat: Nichts entzückt uns Menschen mehr, als die Fehler der anderen zu sehen und zu korrigieren.

 

 

Samstag, 8.2.2003

Zeit fürs Wesentliche

 

Ein Wanderer kommt im Sommer bei einer Almwiese vorbei und sieht, wie Männer mit ihrer Sense mähen. Einige unterbrechen ihre Arbeit immer wieder und wetzen ihre Sense. Nachher geht’s schnell und mühelos weiter. Andere hingegen wetzen nie, sie mühen sich ab und sind trotzdem langsam.

So fragt der Wanderer einen von diesen: „Warum wetzt du deine Sense nie?“ und bekommt sofort die unfreundliche Antwort: „Ja siehst du nicht, dass ich zu langsam bin. Glaubst du, ich habe noch Zeit zum Wetzen!“ Eine fatale Logik.

 

Es ist wichtig, dass wir uns Zeit nehmen, um Kraft zu tanken. Auch Jesus tut dies. Die Apostel versammelten sich wieder bei Jesus und berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten. Da sagte er zu ihnen: Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus.

 

Nimm dir Zeit nachzudenken – das ist die Quelle deiner Kraft.

Nimm dir Zeit zum Lachen  – das ist die Musik der Seele.

Nimm dir Zeit zum Beten  – das ist die größte Kraft auf Erden.

Nimm dir Zeit zum Schlafen  – es erneuert die Kräfte für Leib und Seele.

Nimm dir Zeit zum Leben  – um Gott zu finden, denn ohne ihn ist jede Zeit verschwendete Zeit.