Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
Msgr.
Dr. Ernst Pöschl aus Eisenstadt
Sonntag, 09. Februar 2003
Er gehört zwar nicht zu den Pop-Sängern der jüngsten Zeit, aber er
fasziniert mich deshalb, weil er sich als Christ offen zum Glauben
bekennt. Sein Name ist Cliff Richard.
In seinem Buch erzählt er die Geschichte seiner Bekehrung.
Auf einer seiner Tourneen nahm er die Bibel, die auf dem Nachtkästchen
lag, zur Hand und begann darin zu lesen. Er fand gleichsam zufällig
folgende Stelle aus der Geheimen Offenbarung des Johannes: “Siehe,
ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und mir
öffnet, bei dem kehre ich ein.” (Offb. 3,20) So stammelte er ein
Gebet. Das hörte sich ungefähr so an:
“Okay, Jesus, ich spüre, dass du anklopfst, komm bitte herein und nimm
mich in Besitz!” Er erinnert sich nur noch daran, dass er das
meinte, was er sagte, und dass er bereit war, die Konsequenzen
daraus zu ziehen.
Es hat sich da nicht die Türe geöffnet und Jesus stand im Zimmer. Es
gab auch keine unsichtbare Stimme.
Er hat erkannt, dass er Jesus nötig hat. Viele Jahre später, so
schreibt er, “ist es mir völlig klar, dass Jesus diese Einladung
zu kommen, angenommen hat”. Cliff erlebte im Inneren die Nähe
Jesu und er erlebte Jahre, in denen er sich Jesus immer mehr
anvertraute und überließ.
Montag, 10. Februar 2003
Kardinal Josef Cardijn, der Gründer der Weltbewegung der Katholischen
Arbeiterjugend erzählte, wie es dazu kam, dass er Priester geworden
ist.
“Als meine Geschwister schon zu Bett waren, schlich ich noch einmal
barfuß in die Küche hinunter, wo trotz der späten Stunde meine
Eltern um den Ofen herum saßen. “Vater”, sagte ich, “ich möchte
dich um etwas bitten. Bitte, lass mich studieren.” „Aber du weißt
doch”, antwortete mein Vater, “dass du der Älteste bist und
dass wir alle deinen Verdienst brauchen.”
Ich erzählte ihm, dass ich den Ruf Gottes fühle, Priester zu werden.
Eine Weile war es still, dann sagte mein Vater: “Wir haben schon
schwer genug gearbeitet, aber für diese Freude werden wir noch
schwerer arbeiten, nicht wahr, Mutter?” Und so durfte Josef
Cardijn studieren. Als er noch im Priesterseminar war, kam die
Nachricht, dass sein Vater todkrank sei. Vor seinem Vater, der sehr
tapfer war, schwor er, sich sein ganzes Leben für die
Arbeiterschaft einzusetzen. Ich durfte Cardijn 1954 als Jugendlicher
in Mariazell mit 7.000 anderen aus ganz Österreich erleben. Bei der
Kundgebung auf dem Sportplatz begann Cardijn mit den Worten: “Hört
nicht auf meine mangelhafte Sprache, sondern auf die Liebe meines
Herzens.”
Immer wieder klang der Ruf auf: “Vater Cardijn! Vater
Cardijn! Vater Cardijn! Von
dieser Zeit an ist mein Leben durch Cardijn, der versprochen hatte,
sein Leben für die Arbeiterjugend zu geben, geprägt worden.
Dienstag, 11. Februar 2003
Ein ganz persönliches Bekenntnis legt unser Papst Johannes Paul II. ab,
wenn er in seinem jüngsten Schreiben über den Rosenkranz sagt:
“Seit meinen Kinder- und Jugendjahren hat dieses Gebet einen
wichtigen Platz in meinem geistlichen Leben eingenommen. Es hat mich
in Augenblicken der Freude und der Prüfung begleitet. Der
Rosenkranz ist mein Lieblingsgebet. Rosenkranz beten ist nichts
anderes, als mit Maria, das Antlitz Christ betrachten.“
In dem genannten Schreiben wünscht der Papst, dass dieses Gebet in den
verschiedenen christlichen Gemeinschaften besonders geschätzt
werden soll und er erklärt den Zeitraum vom Oktober 2002 bis
Oktober 2003 zum “Jahr des Rosenkranzes”.
Im Rosenkranz bitten wir um das Geschenk des Friedens, der gerade jetzt
so gefährdet ist. In diesem Schreiben lenkt der Papst unsere
Aufmerksamkeit auf die sogenannten “lichtreichen” Geheimnisse
des Rosenkranzes indem er fünf bedeutungsvolle Momente aus dem
Wirken Jesu hervorhebt.
Als Jugendseelsorger begegne ich immer wieder Jugendlichen, die jeden Tag
den Rosenkranz beten und erzählen, dass er ihnen hilft, den Alltag
besser zu bewältigen.
Ich persönlich weiß aus Erfahrung, dass der Rosenkranz vor allem dann
hilft, wenn man ihn regelmäßig betet.
Mittwoch, 12. Februar 2003
Ein indischer Dichter erzählt in einem Gleichnis, was dann geschieht,
wenn ein Mensch alles Gott übergibt:
Ein Bettler geht in einem Dorf von Tür zu Tür und bettelt. Da sieht er
den prunkvollen Wagen des Königs, der eben vorbeifährt. Er denkt
sich: “Die schlimmsten Tage sind vorüber, wenn mir der König
auch nur ein wenig schenkt.”
Der König steigt aus seinem Wagen, geht auf ihn zu, lächelt. Da streckt
der König seine rechte Hand aus und sagt: “Und was willst du mir
schenken?” Der Bettler ist verlegen, unentschlossen steht er da.
Er nimmt endlich ein einziges Reiskorn aus seinem Sack und gibt es
dem König. Der bedankt sich und fährt weiter.
Aber wie groß ist das Erstaunen des Bettlers, als er am Abend in seinem
Reisbeutel kramt und das kleine Reiskorn wiederfindet – in Gold
verwandelt. Da fängt er an, bitterlich zu weinen, weil er nicht den
Mut hatte, dem König alles zu geben. Er beginnt zu verstehen: Wer
alles gibt, bekommt alles, in Gold verwandelt, zurück.
Ich finde diese Haltung im Gebet, das wir Kardinal Josef Cardijn, dem Gründer
der Katholischen Arbeiterjugend verdanken, ganz konkret ausgedrückt.
Ich habe es mir als Morgengebet ausgewählt:
Herr Jesus Christus, ich opfere dir meinen Tag
Und schenke dir aus Liebe meine Arbeit, meine Kämpfe, meine Freuden und meine Schwierigkeiten.
Donnerstag, 13. Februar 2003
Jugendliche, die in der Arbeitswelt leben, können oft sehr konkret sein.
Christian, ein Bäckerlehrling, hat es einmal auf diese Weise
ausgedrückt: “Ich habe erfahren, dass Menschen ihr ganzes Geld in
Aktien angelegt haben, damit sie reich werden. Vor ein paar Jahren
habe ich mich für die Aktie “Jesus” entschieden. Ich habe in
dieser Zeit erfahren, wie manche fast ihren ganzen Besitz verloren
haben, weil ihre Aktien so stark gefallen sind. Ich habe
Erfreuliches erlebt: Seit ich mich für Jesus entschieden und alles
auf ihn gesetzt habe, ist der Kurs immer gestiegen. Ich habe in
meinem Leben genug Schwierigkeiten und Prüfungen. Ich weiß aber,
dass das alles ganz einfach dazu gehört. Ich habe ja Jesus, der mir
dabei hilft. Was für mich ganz wichtig ist: Ich bin viel glücklicher
als vorher, Ich bin überzeugt, dass ich schon jetzt etwas vom
Himmel, der uns versprochen ist, erleben darf.”
Sie können sich denken, dass ich sehr glücklich war, als ich dieses
Glaubenszeugnis gehört habe, gerade in einer Zeit, in der es so
viel Schlimmes gibt. Die Geschichte dieses Bäckerlehrlings hat mich
an die Worte Jesu aus dem Johannesevangelium erinnert: “Dies alles
habe ich zu euch gesagt, damit meine Freude in euch sei und eure
Freude immer vollkommener wird”. (Joh 15,11)
Auf diese Weise sind diese Worte für mich ganz aktuell geworden.
Freitag 14. Februar 203
Father Flanagan, ein Priester aus Irland, hat in Amerika die sogenannte
“Bubenstadt” gegründet. Als Student habe ich mit Begeisterung
seine Lebensgeschichte gelesen. Seinen Glauben an die Jugend hat
Father Flanagan kurz so ausgedrückt. “Es gibt keinen schlechten
Jungen.” Nicht, dass er damit Neigungen der Menschen als Folge der
Erbsünde leugnen wollte. Aus seiner langen Lebenserfahrung sprach
er die Tatsache aus, dass Kinder und Jugendliche nicht von Natur aus
schlecht sind. Vielmehr ist ein Milieu, in dem sie keine Liebe
erlebt haben, die Hauptursache für ihre Entgleisungen. So wird von
einem achtjährigen Buben berichtet, der als Mittäter bei einem
Banküberfall mit Mord festgenommen wurde. Die Polizei war mit ihrem
Latein am Ende. In diesem Alter konnten sie den Buben weder vor
Gericht stellen noch einsperren. Er kam in die “Bubenstadt” zu
Pater Flanagan.
Jahre später erzählte er: “Zum ersten Mal bin ich damals einem
Menschen begegnet, der ohne es mit Worten zu sagen mir zeigte, dass
in mir Gutes steckt. Und ich bin dann ein anderer Mensch
geworden.“
Gott ist der Unbegreifliche. Gott ist die Liebe.
Wir haben auch in unserer Umgebung die Möglichkeit, diese Liebe nicht
bloß durch Worte, sondern durch unser Verhalten weiterzugeben. Ich
bin überzeugt, dass sich auf diese Weise vieles ändern könnte.
Samstag, 15. Februar 2003
Jemand begegnet auf der Straße einem Bekannten, der ihm sagt: “Du
siehst heute aber gut aus.” Das heißt, jemand hat den Knopf
“Zustimmung” gedrückt und der andere wird sozusagen um zehn
Zentimeter größer.
Dann meint jemand im Gespräch: “Was ist los mit dir? Du hast dich in
der letzten Zeit so verändert.“ Der hat auf den Knopf
“Kritik” gedrückt und der andere ist am Boden zerstört. Ist es
uns bewusst, wie sehr wir Angst haben, Fehler zu machen und von den
anderen ausgelacht zu werden?
Wenn jemand einen Fehler macht oder zurückgewiesen wird, empfindet er
eine schreckliche Leere. In dieser Situation schleppt er sich dahin
und bettelt um die Droge “Ermutigung” oder “Angenommensein”.
Eine Wirkung dieser Droge ist, dass viele die Fähigkeit verlieren
zu lieben, weil sie die Menschen nicht mehr sehen können. Sie
registrieren nur noch, ob man sie ernst nimmt oder ob man sie
ablehnt. Wollen Sie von dieser Droge befreit werden? Dann müssen
Sie versuchen, ohne das Lob der anderen zu leben. Haben sie dabei
Geduld mit sich selbst. In solchen Situationen denke ich an das Wort
der Bibel aus dem Alten Testament: “Die Menschen sehen auf das Äußere,
Gott aber sieht auf das Herz.” (1.Samuel 16/7) Wenn ich das
beachte, kann ich ruhig werden. Ich brauche diese Droge nicht mehr.
Ich bin frei geworden.
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