Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

Senior Karin Engele (Graz)

 

Sonntag, 23.2. 2003

Große Erwartungen sind mit dem Sonntag verbunden. Der Wunsch nach ein wenig Sonne und Wärme. Zu oft blieb der Himmel in den vergangenen Monaten grau und wolkenverhangen. Möge sie ihnen scheinen, die Sonne. Mögen sie genügend Zeit haben zum Ausspannen, zur Erholung, ein ausgiebiger Brunch (so nennt man heute diese Mischung aus Frühstück und Mittagessen), ein kleiner oder längerer Spaziergang am Nachmittag vielleicht.

 

Wahrscheinlich haben auch sie schon längst vergessen, warum an diesem Tag frei ist. – Der siebente Tag der Schöpfung ist einer Schülerin von mir eingefallen, da ruhte doch Gott von seinen Werken. Schon, aber das ist der Samstag, der Sabbat – der Feiertag der Juden.

 

Nein, Sonntag war und bleibt der 1.Tag der Woche, der Tag der Auferstehung Jesu. Nicht nur zu Ostern, auch jetzt inmitten kalter Tage, jeder Sonntag Auferstehungstag, so wie die Sonne von neuem aufgeht - und sie kommt von Osten, das Licht, das Leben – sie kommen von Osten - deshalb sind die Kirchen so gebaut: Der Eingang im Westen, der Hauptaltar im Osten, von dort gelangt das neue Leben in unsere Welt. Grund genug Gott zu danken.

 

Montag, 24.2.2003

Guten Morgen am Montag – am Mond – Tag.

Nach der Sonne ist der Mond das Gestirn des Himmels, das manche Menschen am stärksten bewegt. Neu entdeckt von der Esoterikwelle, unterstützt er nicht nur manch romantische Liebesnacht, sondern begleitet den Zyklus der Frau, Anbau und Ernte, Holz und Haarschnitt werden nach ihm ausgerichtet. Manche bringt er zur Verzweiflung – mondsüchtige Nachtwandler verbringen schlaflose Nächte, körperliches Wohlbefinden und Unbehagen hängen von seinem Zyklus ab. Erinnern sie sich an die Geschichte von Dornröschen, 12 Feen waren geladen zum Fest, sie stehen für die 12 Sonnenmonate, die Jahreseinteilung nach 13 Mondmonaten wurde abgelöst. Die 13. Fee kommt ungebeten, ein Fluch wird auf das Mädchen gelegt. Die 13 wird zur Unglückszahl. Der Mond steht also für die weibliche Seite, die lange Zeit verdrängt wurde. Er hat schon etwas Mystisches, selbst moderne Hexen feiern wieder Mondrituale.

Neben all den mond-bezogenen Geschichten ist es dann gut, seinen Kopf wieder frei zu bekommen für Psalm 104: Lobe den Herrn meine Seele. Du hast den Mond gemacht, das Jahr danach zu teilen. Gott, wie sind deine Werke groß. Du hast sie geordnet und die Erde ist voll deiner Güte.

 

Dienstag, 25.2.2003

Kein christlicher Tag – der 2. Arbeitstag der Woche. Aber keine Sorge – es ist kein Aufruf zu unablässigem Dienst. Nein der altnordische Gott Tiu ist Namensgeber für diesen Tag. Er war ursprünglich der oberste der germanischen Himmelsgötter, später verdrängt von Odin. Er galt als Wahrer des Rechts und als einarmiger Kriegsgott. Recht und Krieg in einer Hand vereint – so bestimmen bis heute germanische Gedanken unsere Lebens- und Denkvollzüge. Das Recht steht auf der Seite der Mächtigen, Recht spricht, wer die Macht hat – es müssen nicht immer militärische Mächte sein, die ihr Recht den unterdrückten Völkern diktieren, es kann die Konzernleitung sein, der Generaldirektor, der Chef, die das Recht auf ihrer Seite haben. Deshalb sollen wir uns lösen von Tiu und uns vom Psalmisten ermutigen lassen (Ps 146): „Wohl dem, der seine Hoffnung setzt auf den Herrn, seinen Gott, der Recht schafft denen, die Gewalt leiden. Der Herr macht die Gefangenen frei, die Blinden sehend. Der Herr richtet auf, die niedergeschlagen sind. Er liebt die Gerechten.“ Eine neue Gerechtigkeit wird zur Vision der geplagten Menschenkinder – im Lichte Gottes die Schwachen zu schonen und den Leidenden zu helfen. Nicht nur am Dienstag, sondern an allen Tagen unseres Lebens.

 

Mittwoch, 26.2.2003

Mittwoch – Mitte der Woche – merkwürdig, es ist doch erst der 3. Tag. Wer hat sich da vertan? Niemand, denn die christliche Woche beginnt mit dem Sonntag. Jetzt geht es darum, die Mitte zu finden, Mitte der Woche, Mitte des Lebens – eine gute Zeit, da weiß ich, wer ich bin, was ich mir zutrauen kann, wo meine Grenzen liegen.

 

Da habe ich die wichtigen Lebensentscheidungen getroffen, mich neu orientiert in meinem Beruf, in meinen Beziehungen, da blicke zurück, vielleicht nicht mehr mit Zorn, oder Mutlosigkeit, sondern mit wachsendem Verstehen, für das, was gewesen ist. Und ich blicke nach vorn – die Mitte ist überschritten, mir wird bewusst – mein irdisches Leben dauert nicht ewig, auch ich werde älter, auch ich bin sterblich. Ich kann lernen, meine Zeit sinnvoll und intensiv zu nützen, Beziehungen zu pflegen, Wichtiges und Unwichtiges voneinander zu trennen.

Ich weiß, dass ich nicht endlos Zeit habe. Ich kann aber getrost leben, denn die Mitte meines Lebens bildet Jesus Christus, der dem Tod die Macht genommen hat und das Leben und ein unvergänglich Wesen ans Licht gebracht hat.

 

Donnerstag, 27.2.2003

Heute werden wir verwiesen auf den germanischen Ursprung dieses Namens. Thor (dt. Donar) stand Pate, der Herr des Donners der alten Germanen. Aber nicht der schimpfende Himmelvater taucht auf, sondern ein Gott der Stärke, der mit seinem Hammer Mjöllnir wahre Heldentaten vollbringt, mit denen er Götter und Menschen vor der Bedrohung durch Dämonen schützt. Sein heiliger Baum war die Eiche.

 

Weithin hallten die Axtschläge, bis der mächtige Baum sich neigte und krachend zu Boden schlug. Gebannt warteten die Männer des Chattenstammes auf den Zornesblitz ihres Gottes Donar. Dies geschah im Jahre 723 unweit von Geismar. Winfried Bonifatius, Benediktinermönch und Missionar aus England hatte zu dieser Machtprobe aufgerufen, die Ohnmacht der germanischen Götter zu erweisen. Die Tat wurde zum Fanal. Der alte Götterglaube war erschüttert. Viele neigten ihr Haupt zur Taufe. Das Holz der Eiche diente zum Bau der ersten Kirche an einem Ort, den Bonifatius Frideslar (Fritzlar) nannte. Von hier sollte die Botschaft des Friedens ausgehen in die deutschen Lande. Geblieben ist nur mehr der Name des Wochentags, die Macht von Donar war gebrochen.

 

Freitag, 28.2.2003

Warum haben wir nicht heute schon schulfrei, fragen spitzfindige 10 jährige, angesichts des Namens Frei-Tag. Da wird die Oberlehrerin in mir wach. Der Tag war niemals frei, sondern hat seinen Namen der germanischen Göttin Freyja zu verdanken, der Gemahlin Odins. In einem Mythos wird Freyja zu einer Gestalt ergreifender Tragik. Als besorgte Mutter hatte sie alles getan, was in ihrer Macht stand, um drohendes Unheil von ihrem Sohn Baldur abzuwehren. Alle Lebewesen hatten ihr versprochen, ihm nichts zu leide zu tun, nur die unansehnliche Mistel hatte diesen Eid nicht abgelegt. Das bedeutete schließlich Baldurs Tod. Großes Leid erfährt Freyja auch durch Odins Tod in seinem letzten Kampf gegen die Dämonen. Hier stoßen wir auf den Kern ihres Wesens, als liebende göttliche Mutter und Gattin.

 

So wäre der Freitag eigentlich ein Muttertag, bestimmt aber ein Frauentag. (Auch der Weltgebetstag der Frauen wird seit mehr als 100 Jahren am 1. Freitag im März gefeiert.)

Die befreienden Erfahrungen, die Frauen mit Jesus gemacht haben, runden dieses Bild ab. Ich möchte deshalb den Freitag zu einem befreienden Tag für Frauen erklären, an dem Männer ihre Mitverantwortung für Haushalt und Kinder in besonderer Weise wahrnehmen sollen.

 

Samstag, 1.3.2003

Was tut Mann/Frau am Samstag? Länger schlafen als sonst, Auto waschen, Wohnung putzen – warum, ja das wissen die Götter. Ursprünglich dem Saturn gewidmet, wurde der Samstag später vom Sabbat hergeleitet, dem 7. Tag der jüdischen Woche, an dem nicht gearbeitet wird.

 

Unser Brauch, alles zu putzen und zu reinigen, entstand vielleicht aus dem Bedürfnis, den Schmutz der vergangenen Woche abzuwaschen, um sich am Sonntag wie ein neuer Mensch zu fühlen. Auch bei uns zu Hause wurde am Samstag der Badeofen eingeheizt, Körper und Haare wurden einer Großreinigung unterzogen, es war eine langwierige Prozedur.

 

So äußerlich und innerlich gereinigt wollte man ursprünglich Gott begegnen. Heutzutage treibt es einen in die Stadt mit frisch gewaschenem Auto oder Haaren ins Shopping Center, denn dort werden heute die Bedürfnisse befriedigt. Wie lange wird es noch dauern und der freie Markt zwingt uns den Kaufrausch auch am Sonntag auf. Wir könnten vom Judentum nur lernen – bedächtig und dankbar diesen 7. Tag der Woche zu begehen. Sich Zeit lassen, die Hände eine Weile in den Schoß legen. Kein volles Programm, sondern Raum für Erholung und Besinnung, die dann einmünden in den Sonntag, in den Tag des Herrn, ins Fest der Auferstehung.