Morgengedanken

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ORF Regionalradios

 

 

Pfarrerin Christine Hubka (Wien)

 

Sonntag, 20.4.2003

„Den Mund voll Lachens haben die Erlösten“, lese ich in der Bibel. Der Glaube ist also eine fröhliche Angelegenheit.

 

Heute, am Ostersonntag bietet uns die Bibel ein komisches Bild:

Da bekommen römische Krieger einen seltsamen Auftrag. Sie sollen ein frisches Grab bewachen. „Passt auf, dass der Tote nicht davon läuft!“, hat der Kommandant gesagt. Aber am frühen Morgen fallen sie in voller Kriegsausrüstung um. Bumm, da liegen sie. Wie Zinnsoldaten purzeln sie durcheinander. Sonst passiert ihnen nichts.

Aber der Tote, den sie bewachen sollten, ist über alle Berge. Und Gott lacht, weil er den Tod besiegt hat.

 

Der Glaube an die Auferstehung ist also eine fröhliche Angelegenheit. Doch er hat auch seine ironischen Seiten:

Fragt ein Atheist einen Pfarrer: Glauben sie wirklich, dass wir im Himmel alle unsere Lieben wieder sehen? Ja, sagt der Pfarrer, das glaube ich. Sagt der Atheist: Das möchte ich auch, alle meine Lieben wieder sehen. Ab heute werde ich Christ. Sagt der Pfarrer: Bevor sie etwas tun, was sie hinterher bereuen, denken sie daran: Wir sehen zwar alle unsere Lieben wieder. Aber, die anderen auch!

 

Der Glaube ist eine fröhliche Angelegenheit. Den Mund voll Lachen haben die Erlösten. Mit dem Ostersonntag fängt das Lachen an.

 

Montag, 21.4.2003

Den Mund voll Lachens haben die Erlösten, lese ich in der Bibel. Der Glaube ist also eine fröhliche Angelegenheit.

 

Auch wenn ich nicht jeden Morgen im Spiegel ein lachendes Gesicht sehe. Die Wissenschaft sagt ganz ernsthaft, dass dieses Gesicht, zu einem Homo sapiens gehört. Das ist ziemlich schmeichelhaft. Denn Homo sapiens bedeutet ungefähr: Kluger Mensch. Da kann man natürlich nicht gleich am frühen Morgen grinsen.

 

Es gibt aber auch Leute, die meinen ganz unwissenschaftlich: „Der Mensch is a Krätzn.“

Wie zwei Planeten, die einander im weiten Weltall treffen. Der eine sagt zum anderen: „Was hast du denn, du schaust ja furchtbar aus. Bist du krank?“ Sagt der andere: „Ja, mir geht’s gar nicht gut. Ich hab Homo sapiens.“ Drauf sagt der erste beruhigend: „Mach dir nix draus, du weißt, das geht vorbei!“

 

Wer ist der Mensch? Wer bin ich? Meine Freunde sagen etwas anderes, als die Leute, die mir aus dem Weg gehen. Und ich selber schau an manchen Tagen – das sind die guten – das Gesicht im Spiegel mit einem Lächeln an. An anderen Tagen kriegt es nur einen bösen Blick.

 

Die Bibel sagt: Der Mensch ist das Großartigste, was Gott geschaffen hat.

Und sie empfiehlt allen, die sich in den Spiegel schauen, zu sagen: Gott, ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin.

 

Wenn das für sie ein Satz ist, über den sie nur lachen können, dann ist das kein Wunder: Denn der Glaube ist eine fröhliche Angelegenheit.

 

Dienstag, 22.4.2003

Den Mund voll Lachens haben die Erlösten, lese ich in der Bibel. Der Glaube ist also eine fröhliche Angelegenheit.

 

Die Bibel erzählt: Hundert Jahre ist Abraham alt und seine Frau Sara ist 90 als Gott dem Abraham einen Sohn verheißt. Daraufhin bekommt der alte Abraham einen Lachanfall.

Gott spricht und Abraham lacht. Das ist nicht respektlos. Das ist nicht ungläubig. Sondern: Glaube an die Verheißung Gottes und Lachen gehören zusammen: Denn jede Verheißung jeder Segen sagt: Das, womit du nie rechnen würdest, das, was du dir nicht einmal in deinen kühnsten Phantasien ausmalst, das, was du nicht einfordern kannst, das, was du dir nicht kaufen kannst, genau das wird Gott dir schenken.

 

Also lacht der alte Abraham, als ihm ein Sohn verheißen wird, und was macht Gott, als Abraham sich vor Lachen zerkugelt? Die Bibel erzählt es:

Da sprach Gott: Sara, deine Frau wird dir einen Sohn gebären, den sollst du Isaak nennen...

Der Name Isaak aber bedeutet: Gott lachte. Gott stimmt in das Lachen Abrahams ein. Gott lacht mit. Wie einer, dem eine wunderbare Überraschung gelungen ist.

 

Der Glaube ist eine fröhliche Angelegenheit. Den Mund voll Lachen haben die Erlösten. Und - wer weiß ob Gott heute nicht wieder einmal mit Ihnen lachen wird.

 

 

Mittwoch, 23.4.2003

Den Mund voll Lachens haben die Erlösten, lese ich in der Bibel. Der Glaube ist also ein fröhliche Angelegenheit.

 

Auch wenn manche sich Gott als eine Art himmlischen Scharfrichter vorstellen. Diese Leute warten nur darauf, dass alle, die sie für böse halten, von göttlichen Blitzen vernichtend getroffen werden. Und wenn es ihnen zu lange dauert, bis diese Blitze kommen, nehmen sie die Sache in Gottes Namen gerne selbst in die Hand.

 

Aber nicht jeder, der triumphierend schreit: „Gott mit uns!“ hat Gott auch wirklich auf seiner Seite, wenn er auf andere los geht.

 

Und wer sich Gott als eine Art Mitarbeiter des Wach- und Schließdienstes vorstellt, hat sich so getäuscht, wie der Nachbar eines Pfarrers:

Dieser Mensch hat in seinem Garten einen Apfelbaum mit wunderschönen Äpfeln. Jeden Abend steigt der Sohn des Pfarrers in der Dunkelheit über den Zaun und stiehlt ein paar Äpfel. Nächtelang legt sich der Nachbar auf die Lauer. Aber er erwischt den Apfeldieb nicht. Schließlich schreibt er auf ein Schild: „Gott sieht alles“ und hängt es in den Apfelbaum. Am nächsten Morgen fehlen wieder ein paar Äpfel. Und auf dem Schild steht: „Aber er verpetzt mich nicht!“

 

Der Glaube ist eine fröhliche Angelegenheit, weil die Druckmacher und Bombenwerfer Gott nicht für sich vereinnahmen können. Wenn ich heute so einen Typ treffe, denn werde ich mich lächelnd an den biblischen Satz erinnern: „Der im Himmel wohnt, lacht ihrer und der Herr spottet ihrer.“

 

 

Donnerstag, 24.4.2003

Den Mund voll Lachens haben die Erlösten, lese ich in der Bibel. Der Glaube ist also eine fröhliche Angelegenheit.

 

Denn Gott lässt sich nicht aufhalten von Mauern, die Menschen bauen. Da belagert eine ganze Armee die stark befestigte Stadt Jericho. Die Mauern sind uneinnehmbar.

 

Den Feldherrn juckt es, endlich den Befehl zum Angriff zu geben. Aber Gott sagt: warte noch ein Weilchen. Lass jeden Tag sieben Posaunenbläser um die Stadtmauer herum gehen und ihre Stücke spielen. So spaziert also täglich musizierend ein Posaunenchor um die Stadt. Am siebenten Tag fällt die Mauer ganz von selber um.

 

Eine ziemlich lächerliche Geschichte für alle, die mit einem Orden für Tapferkeit gerechnet haben.

 

Aber auch von den Mauern in den Herzen und Köpfen der Menschen lässt Gott sich nicht aufhalten:

 

Kommt einer nach seinem Tod in den Himmel und wird von Petrus durch das Paradies geführt. Alles toll. Er ist begeistert: Traumhafte Landschaften, Menschen verschiedener Kontinente, verschiedener Religionen und Nationen. Alles wunderschön. Bis - ja bis er auf einmal vor eine riesige Betonmauer kommt. Er ruft Petrus, der ein Stück vorgegangen ist, laut: „He, Petrus, was ist denn das?“ Petrus kommt aufgeregt angerannt: „Psssst! Dahinter sind die Christen, die glauben sie wären allein.“

 

Der Glaube ist eine fröhliche Angelegenheit. Wer weiß, vielleicht werden auch sie heute Abend sagen: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“ (Ps.18, 30)

 

Freitag, 25.4.2003

Den Mund voll Lachens haben die Erlösten, lese ich in der Bibel. Der Glaube ist also eine fröhliche Angelegenheit.

 

Als der Pfarrer am Sonntag Morgen früh aufwacht, strahlt die Sonne aus einem tiefblauen Himmel. Der Pfarrer ist ein passionierter Golfspieler. Er beschließt, auf den Golfplatz zu gehen, obwohl er eigentlich im Gottesdienst sein sollte.

 

Und schon erblickt ihn der Engel Gottes. Erbost eilt der Engel zu Gott: „Statt im Gottesdienst zu sein spielt dein Pfarrer Golf!“ Gott sagt: „Du hast recht, Strafe muss sein!“

Der Engel Gottes steigt wieder auf die Erde, um an Ort und Stelle die Strafe Gottes für den Pfarrer mitzuerleben. Er sieht, wie der Pfarrer mit dem Golfschläger weit ausholt und den Golfball so gut trifft, dass er direkt - mit diesem einen Schlag - ins Loch fällt.

 

Schwer enttäuscht eilt der Engel umgehend vor Gottes Angesicht: „Das soll die Strafe gewesen sein? Der Pfarrer hat den besten Schlag seines Lebens gemacht.“ „Ja, eben“, antwortet Gott. „Aber er kann es niemandem erzählen!“

 

Erzählen, was mich bewegt - große Freude oder auch meine Traurigkeiten, das verdoppelt die Freude. Das verkleinert die Traurigkeit. Manchmal aber ist niemand da, dem ich sagen kann, was mir auf dem Herzen liegt. Gott kann ich alles erzählen, auch das Unsagbare.

 

Wenn sie das heute ausprobieren, sagen sie vielleicht auch heute Abend, wie der biblische Dichter: „Klagen hast du mir verwandelt und einen Reigen.“

 

 

Samstag, 26.4.2003

Den Mund voll Lachens haben die Erlösten, lese ich in der Bibel. Der Glaube ist also eine fröhliche Angelegenheit.

 

Auch wenn manche meinen, dass der Glaube hauptsächlich dazu da ist, den Leuten Moral beizubringen.

 

Kommen drei Bischöfe in den Himmel. Sie werden von Petrus am Eingang empfangen. Statt sie einzulassen, händigt Petrus ihnen einen ganzen Stapel Formulare aus. „Das müsst ihr alles ausfüllen“, sagt er. „Dann wird man über euren Einlass in den Himmel beraten.“ Die Pfarrer beantworten also brav die Fragen, ob sie in ihrem Erdenleben dieses getan und jenes unterlassen haben. Die Finger tun ihnen schon weh vom Schreiben.

Da kommt ein neuer Anwärter in den Himmel und klopft ans Tor. Petrus macht auf, begrüßt ihn freundlich. Und lässt ihn ohne jede Formalität herein.

 

Die Bischöfe beschweren sich: „Wieso müssen wir hier so viele Fragen beantworten, und der da kann gleich hinein gehen.“ Da antwortet Petrus: „Ihr habt die Leute jahrelang mit euren moralischen Appellen gelangweilt. Dieser hier ist ein Clown im Zirkus gewesen und hat die Menschen bei jeder Vorstellung zum Lachen gebracht.“

 

Wer ein Lächeln in den Augen und im Herzen hat, der begegnet anderen ganz ohne moralische Vorschriften so, wie sie es sich wünschen.

 

Den Mund voll Lachens haben die Erlösten, lese ich in der Bibel, die von der Freiheit erzählt, die Gott uns Menschen gegeben hat. Es ist auch die Freiheit, andere so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden will.