Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

Pfarrer Alois Luisser aus Jennersdorf, Burgenland

 

 

Sonntag, 4.5.2003

Einen schönen guten Morgen wünsche ich Ihnen!

Besonders herzlich grüße ich heute alle Wehren in unserem Land. Heute am Fest des Hl. Florian feiern alle Feuerwehren ihren Schutzpatron. Wir, die Bevölkerung aber feiern unsere Wehren. Wir sind ihnen doch sehr viel schuldig! Das ganze Jahr über wachen sie über unsere Häuser und Höfe, sind zur Stelle, wenn Menschen oder Autos an einer Unfallstelle geborgen werden müssen! So mancher hilfsbereite Feuerwehrmann hat in seinem Einsatz sein Leben verloren oder sich lebenslange körperliche und seelische Schäden geholt.

 

Die Zahl derer, die heute etwas aus Nächstenliebe tun, wird nicht größer, sie schrumpft. Im Blick auf die Freiwillige Feuerwehr müssen wir allerdings auch bemerken, dass ihre Einsätze immer gefährlicher und lebensbedrohender werden, dass viel Freizeit draufgeht und ein ständiges Bereitsein für den einen oder anderen auch eine Minderung der Lebensqualität bedeutet.

Als Feuerwehrkurat, der eure Uniform trägt, der gerne zu eurer Gemeinschaft gehört, ermutige ich euch heute, stehen wir zu unserem Grundsatz: Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr!

 

 

Montag, 5. Mai 2003

Einen schönen guten Morgen wünsche ich Ihnen!

Der Bischof von Rom, Papst Johannes Paul hat das Jahr 2003 zum Jahr der Bibel erklärt! Eine gute Sache! Eine große Notwendigkeit seitens der Katholiken – wir wissen viel zu wenig von und aus der Bibel. Andere Christen sind uns weit voraus und andere Gläubige – wie die Moslems, kennen ihre „Bibel“, den Koran kapitelweise auswendig. Wie soll ich wissen, was ich als Christ zu tun habe, wie ich mich verhalten soll, was ich meiden soll, wenn ich den Inhalt und die Aussprüche Jesu nicht kenne. Manche, die sich aufgrund ihrer Taufe zwar „Christen“ nennen, befinden sich, was ihr religiöses Wissen betrifft, in einem geistigen Notstand. Durch das lange Fernbleiben von der Kirche, die religiöse Sprachlosigkeit im Freundeskreis, die Tatsache, dass man über Pfaffen und Kirchen nur schimpft, hat bei vielen dazu geführt, dass sie den Glaubensinhalt ihrer Religion nicht mehr kennen.

 

Da haben sich zu Ostern solche Leute getroffen zum Grillen – Hauptgesprächsthema war die Kirche. Worüber sie sich geärgert und gelästert haben, wollen sie wissen? Dass vor vielen Jahrzehnten in den Dorfkirchen die Frauen getrennt von den Männern recht und links in der Kirche gesessen sind. Wenn das Probleme sind – ich habe andere!

 

 

Dienstag, 6. Mai 2003

Einen schönen guten Morgen wünsche ich Ihnen!

Beim Evangelium Matthäus Kap. 18/20 steht: „Denn wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Das muss man einmal gespürt haben, diese Anwesenheit Jesu mitten unter uns! Wir sind nicht immer in gleich guter Verfassung, nicht in der Arbeit, nicht in der Freizeit! Jedoch manchmal gelingt mir eine Predigt sehr gut, ein anderes Mal nicht! Und wenn ich so gut drauf bin, die Leute mitreißen kann, es mir gelingt, die Leute in der Kirche zu begeistern, ihnen Freude ins Herz zu legen, dann gefällt mir das. Gehe ich dann nach dem Gottesdienst von der Kirche in die Sakristei, dann sage ich oft leise vor mich hin: „Jesus, das hast du heute super hingekriegt – ich danke dir!“ Ich fühle mich dann nur als Durchlaufstation, eigentlich ist es Jesus, der hier agiert, mitreißt und etwas in Bewegung bringt.

 

An den beiden Emmausjüngern, die völlig verzweifelt vor ihrer zerbrochenen Zukunft standen, sehen wir was Jesus, der dazugekommen ist, in ihnen bewirkt und erreicht hat. Herzbrennen hat ihnen seine Anwesenheit verursacht, das heißt, sie spüren, dass es jemand besonderer ist, der mit ihnen redet und die Schrift erklärt.

 

 

Mittwoch, 7. Mai 2003

Ich wünsche Ihnen einen schönen guten Morgen!

Das Bibelwort für heute: „Einer trage des anderen Last, so erfüllt ihr das Gesetz Christi!“ Galater 6/2

 

Der Apostel Paulus denkt hier wie ein Psychotherapeut! Er sagt uns, dass es unsere Aufgabe ist, einander beim Tragen der Sorgen, beim Lösen von Problemen, bei der Bewältigung von Trauer, beim Fertigwerden mit Kummer und Enttäuschungen, beizustehen und zu helfen! Dazu brauche ich keine spezielle Ausbildung – nur Ohren, die zuhören können, Lippen die stumm bleiben und das Gehörte nicht ausplappern, ein Herz, das weit genug ist, um all das zu bewahren, was einem anvertraut wurde. Jeder von uns sollte so eine Klagemauer sein können und jeder sollte auch für sich so eine Klagemauer haben!

 

So mancher Arztbesuch ist nur ein Ausschütten seines Herzens und ein Loswerden seiner Probleme, das könnten wir auch bei einer Vertrauensperson erledigen oder bei einem Pfarrer tun, der gut zuhören kann.

Nochmals: „Einer trage des anderen Last, so erfüllt ihr das Gesetz Christi!“

 

 

Donnerstag, 8. Mai 2003

Einen schönen guten Morgen wünsche ich Ihnen!

Das Bibelwort zum heutigen Tag: „Ich war hungrig und du hast mir zu essen gegeben!“

Diese Worte stehen bei Matthäus 25/31 - 46 und zwar schildert der Text den Ablauf unserer Verurteilung oder Beurteilung nach unserem Tod. Ganz einfach wird hier abgerechnet. Wie in einer Buchhaltung stehen auf der einen Seite, das was wir hätten tun sollen und auf der anderen das, was wir tatsächlich getan haben. Das Bemerkenswerte an dieser Szene ist, dass Jesus von uns nur ganz alltägliche Handlungen einfordert!

 

Es steht nichts davon, wie viele Weltreisen wir gemacht haben müssen, wie viele Seiden- und Wollkleider wir im Kleiderschrank haben müssen – nichts davon, wie gestopft unsere Freunde sein müssen – nichts davon, wie viele noble Partybesuche wir nachweisen müssen.

Ich war hungrig – du hast – oder hast mich nicht gespeist.

Ich war obdachlos – du hast – oder hast mir nicht aufgemacht.

Ich bat um ein Glas Wasser – du hast – oder hast es nicht gegeben.

 

Wird da noch einer sagen können, das mit den Spenden - ich trau dem nicht! Wer weiß, ob es ankommt, und die hohen Spesen. Ihn interessiert unsere Ausrede nicht – getan, oder nicht getan – das zählt!

 

 

Freitag 9. Mai 2003

Ich wünsche Ihnen einen recht schönen guten Morgen!

Diese Aufforderung Jesu an seine engsten Mitarbeiter, die Apostel, hat es mir angetan. Sie sagt uns doch deutlich, wie wir Pfarrer unseren kirchlichen Dienst betrachten sollen – nämlich, als von Gott Beschenkte, an andere auch wieder Geschenke zu machen. Z.B. wenn wir Sakramente spenden oder Begräbnisse halten. In Wirklichkeit lassen wir uns dafür aber bezahlen. Es gibt viele Argumente, warum wir doch etwas dafür verlangen – annehmen sollen. Was aber jederzeit und an jedem Priester erkennbar bleiben soll, dass wir das, was wir den Menschen tun, nicht um des Geldes willen tun!

 

Übrigens gilt ja dieses Schriftwort für alle anderen auch! Wir haben die schöne Welt umsonst zum Leben anvertraut bekommen! Wir ernten jedes Jahr umsonst die Früchte der Region – die Sonne und den Regen bringen nicht wir zustande. Umsonst haben wir unsere Talente in die Wiege gelegt bekommen – warum soll ein Architekt nicht auch einmal umsonst ein Haus planen – warum ein Künstler nicht einmal umsonst ein Konzert geben – warum ein Arzt nicht einmal umsonst einem armen Teufel eine kostspielige Operation schenken. Irgendwann hat uns Gott beschenkt, damit wir weiter schenken können – umsonst – versteht sich!

 

 

Samstag, 10. Mai 2003

Einen schönen guten Morgen wünsche ich Ihnen!

Markus 5/34: Er sagte aber zu ihr: „Meine Tochter dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden, du sollst von deinem Leiden geheilt sein“.

 

Keine Angst, ich will weder der ärztlichen Heilkunst ins Handwerk pfuschen noch selbst als Scharlatan auftreten. Wovon ich aber zutiefst überzeugt bin, dass nämlich Glaube heilen kann, das möchte ich klar aussprechen!

Dieser Heilprozess setzt voraus, dass der Kranke, der Suchende zutiefst religiös sein muss. „Der Glaube versetzt Berge.“ Wer sagt: „Probieren kann ich’s ja“ hat schon verloren!

Wer selbst unter Zuhilfenahme all seiner religiösen Kräfte das Ziel erreichen will, wer mutig und mit Ausdauer sich auf den Weg des Heilungsprozesses macht und Gott als seinen Begleiter einlädt, der kann es schaffen. Was aber schon alles abfällt an wunderbaren Auseinandersetzungen mit Gott, mit seiner Krankheit, mit seinem Schicksal, mit seiner Familie, das allein schon ist ein großer Schatz an neugewonnenen Erkenntnissen, die es leichter machen, mit seinem Leid fertig zu werden. Vielleicht ist am Ende nicht der Berg versetzt worden, sondern nur die vielen Hügeln, die dem Berg vorgelagert waren!