Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
Msgr.
Dr. Ernst Pöschl aus Eisenstadt, Burgenland
Sonntag,
27. Juli 2003
Ich
möchte gerade ein Buch mit dem Titel schreiben: „Wie erlebe ich
den Himmel auf Erden?“ Wie ich das einem Freund erzählt habe, hat
er gemeint: „Geht das überhaupt?“ Ich bin überzeugt, dass es möglich
ist. Ich habe schon oft Situationen erlebt, wo ich ganz glücklich
war. Natürlich wurde ich dann immer wieder daran erinnert, dass ich
auf Erden, und nicht im Himmel bin. Solche Erlebnisse betrachte ich
wie einen Schatz, der mir geschenkt wurde. Es können Begegnungen
mit Menschen sein, die mich sehr glücklich gemacht haben. Auch in
der Stille, im Gebet, kann ich vieles erleben. Es kann ein
Sonnenaufgang sein – an einem See oder im Gebirge, der mich die
Freude über die Schöpfung Gottes erleben lässt.
Vor
ein paar Wochen habe ich mit einem Mann darüber gesprochen, der
sich seinen Jugendtraum erfüllen konnte: Er hat sich ein neues Auto
– einen Porsche – gekauft. Er hat dann zu meinen Gedanken über
den Himmel auf Erden gemeint: „ Das möchte ich auch gerne wissen,
wie man das erleben kann.“ Da habe ich mir gedacht: „Am Geld
allein kann es wohl nicht liegen, sonst hätte er längst diese
Erfahrung gemacht.“
Die
Sehnsucht, glücklich zu sein, ist uns einfach ins Herz gelegt.
Warum sollten wir uns dann nicht wenigstens wünschen, den Himmel
schon auf Erden zu erleben? Sollten wir nicht Gott bitten, uns etwas
von seinem unendlichen Glück heute schon zu schenken?
Montag,
28. Juli 2003
Wenn
sie an den Himmel denken, was fällt ihnen dazu ein? Verbinden wir
den Himmel nicht sofort mit dem Gedanken Ewigkeit? Das ist auch
verständlich. Denn an einen Himmel zu denken, der plötzlich zu
Ende ist, das wäre nicht mehr der Himmel. Und ewig? Was heißt das
eigentlich? Wie lange ist das, das kein Ende hat? Ich meine, dass
wir das kaum erklären können. Am ehesten gelingt dies mit einer
Geschichte. Mir persönlich hilft dabei die folgende Geschichte. Ich
möchte sie ihnen jetzt kurz erzählen:
Sie
handelt von einem Vogel, der in ein fernes Land fliegt. Dort gibt es
einen Berg aus reinem Diamant, das härteste Material, das es überhaupt
gibt. 500 Meter hoch ist dieser Berg aus Diamant. Da kommt der Vogel
daher geflogen, schleift dort mit seinem Schnabel an dem
Diamant–Berg und fliegt wieder zurück. 10.000 Jahre später,
fliegt wieder ein Vogel in dieses ganz ferne Land. Er schleift dort
ebenso mit seinem Schnabel und fliegt auch wieder weg. Dies
geschieht immer, immer wieder – so lange, bis der ganze Berg
weggeschliffen ist. Und dann ist – so erzählt die Geschichte –
die erste Sekunde der Ewigkeit vergangen. Da hat die Ewigkeit erst
begonnen. Ich denke oft über diese Geschichte nach.
Dienstag,
29. Juli 2003
Auf
dem Stephansplatz in Wien gab es vor einigen Wochen im Rahmen der
Stadtmission ein ergreifendes Spiel. Die Jugendlichen aus der
Gemeinschaft Cenacolo, in der drogenabhängige Jugendliche Heilung
finden, waren die Darsteller. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn aus
dem Lukasevangelium ist eine Geschichte mir der sich die Burschen
und Mädchen aus der Gemeinschaft identifizieren können. Sie alle
flüchteten sich in falsche Träume, die sie fast das Leben
kosteten. „Es ist meine Geschichte, eigentlich ist es die
Geschichte von uns allen“ erzählt ein Mädchen. Mit zwölf Jahren
hat sie ihren ersten Joint geraucht, weil sie traurig und leer
gewesen ist. Zehn Jahre später landete sie beim Heroin. Heute ist
die 27jährige clean. Sie ist früher nicht gläubig gewesen, erzählt
sie. Durch einen tiefen Glauben hat sie es geschafft, ihre Sucht zu
besiegen.
Im
Refrain zum Abschluss des Musicals hieß es: „Du hast den Tod
besiegt. Wir sind geboren, um zu leben.“ Die Zuseher lauschten
gebannt, klatschten und hatten großteils feuchte Augen als sich der
Vater und sein heimgekehrter Sohn in die Arme fielen. Denn sie
wussten, was auf der Bühne gezeigt wurde, haben die Jugendlichen
erlebt.
Mittwoch,
30. Juli 2003
Es
ist noch gar nicht lange her, da bin ich nach dem Urlaub nach Hause
geflogen. Eine Mutter mit ihrer vielleicht 5jährigen Tochter ist
vor mir eingestiegen. Die Mutter war schrecklich nervös. Nichts
konnte ihr die Kleine recht machen. Da hat das Mädchen zu weinen
angefangen und gejammert: „Und jetzt hast du für mich nicht
einmal den Fensterplatz bekommen!“ Da habe ich zur Mutter gesagt:
„Ich bin gerne bereit ,den Platz mit der Kleinen zu tauschen.“
Wie war das Mädchen glücklich! Ich habe mit dem Kind ein bisschen
geplaudert und mich erkundigt, wie es im Urlaub war. Da habe ich sie
gefragt: „Was glaubst du, welchen Beruf ich habe?“ „Ein
Kindergärtner!“ – hat die Kleine spontan gerufen.
Da
habe ich mir gedacht: „Wäre es nicht schön, wenn die Leute, die
auf Urlaub fahren, wenigsten versuchen würden, wie Jesus es uns
sagt, ein bisschen wie Kinder zu werden. Wenn sie schon danach ständig
im Stress leben müssen, dass sie wenigsten am Ziel ihres Urlaubs
etwas von dem erleben, was sie früher als Kinder erlebt haben.
Vielleicht würden sie dann nicht so nervös und schnell gereizt
sein. Und sie würden dann zufriedener nach dem Urlaub nach Hause
zurückkommen.
Donnerstag,
31. Juli 2003
Zu
einem Weisen, der gerade an einem Fluss meditierte, kam ein Mann und
bat ihn: „Ich möchte gern Gott sehen. Zeig mir, wie ich Gott
erfahren kann.“ So ähnliche Fragen habe ich immer wieder von
meinen Lehrlingen in der Berufsschule gehört: „Herr Pfarrer,
warum kann ich Gott nicht sehen? Können sie mir beweisen, dass es
Gott überhaupt gibt?“ Der Weise sagte damals zu seinem Besucher:
„Komm mit. Ich möchte im Fluss ein Bad nehmen.“ Als die beiden
im Wasser waren, drückte der Weise den Kopf des Mannes unter das
Wasser und hielt ihn fest. Da versuchte der Arme ganz verzweifelt,
sich loszureißen. Nach einer Weile ließ der Weise den Mann los und
fragte ihn: „Warum hast du so gestrampelt, als ich deinen Kopf
unter Wasser gehalten habe?“ Da seufzte der Mann: „Ohne Luft wäre
ich ja gestorben.“ Darauf der Weise lächelnd: „An dem Tag, an
dem du so verzweifelt nach Gott verlangst, wie du gerade nach Luft
gerungen hast, an dem Tag wirst du ihn finden.“
Der
Hauptgrund, warum wir Gott nicht finden liegt vielleicht darin, dass
wir ihn in den falschen Dingen suchen.
Freitag
1. August 2003
Es
war im Sommer, zur Zeit der großen Hitzewelle dieses Jahres. Die
Fenster meines Schlafzimmers waren geöffnet. Unter meiner Wohnung
in der Stadt hatten viele Autos einen Parkplatz. Am frühen Morgen
werde ich plötzlich aus dem Schlag gerissen. So unsanft geweckt,
wollte ich mich zuerst wegen dieser Ruhestörung selbst bedauern.
Dann aber habe ich mit denen unter meiner Wohnung in Gedanken ein
Gespräch begonnen. Ich frage sie: „Warum macht ihr das
eigentlich? Ihr seid von weit hergekommen. Warum investiert ihr so
viel Zeit und so viel Geld?“ Und ihre Antwort habe ich mir
vorgestellt: „Das ist doch einfach. Das ist unser Vergnügen. Wir
wollen uns unterhalten und entspannen.“
Eine
Popgruppe aus Irland – sie nennt sich U2 – hat das in einem
ihrer Lieder für jungen Leute so ausgedrückt: „Ich habe immer
noch nicht gefunden, was ich suchte“. Wissen diese Menschen, dass
sie auf der Suche nach dem Glück sind, nach dem echten Glück, habe
ich mich damals am frühen Morgen gefragt. Habt ihr schon das
gefunden, was ihr sucht?
Samstag,
2. August 2003
Ein
Mensch hat sich in der Wüste verirrt. Es wird verdursten, wenn
keine Hilfe kommt. Da sieht er vor sich Palmen, ja, er hört sogar
Wasser sprudeln. Aber er denkt: „Das ist nur eine Fata Morgana,
meine Phantasie spiegelt mir etwas vor. In Wirklichkeit ist da
nichts.“ – Ohne Hoffnung, halb Wahnsinnig, lässt er sich zu
Boden fallen .Kurze Zeit später finden ihn zwei Beduinen – tot.
„Kannst du so etwas verstehen?“ sagt der eine zum anderen, „so
nahe am Wasser , und die Datteln wachsen ihm fast in den Mund! Wie
ist das möglich?“ Da sagt der andere: „Er war ein moderner
Mensch!“
Wie
viel muss ein Mensch schon mitgemacht haben, dass er die Hand, die
sich ihm entgegenstreckt, die für ihn die Rettung bedeuten würde,
nicht ergreift? Wie viele Enttäuschungen muss ein solcher Mensch
bereits erlebt haben? Ist das wirklich das Bild, in dem der moderne
Mensch sich erkennen kann? Wie ist er dazugekommen? Ist es wirklich
nur Zufall, dass wir leben? Oder gibt es einen Gott, der uns liebt,
dessen Hand wir nur zu ergreifen brauchen? Die Bibel gibt uns die
Antwort: Gott hat uns schon geliebt, bevor er uns noch erschaffen
hat.
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