Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

von P. Petrus Hübner, Pfarrer im Neukloster in Wiener Neustadt

 

Sonntag, 24. August 2003

Guten Morgen, heute am Sonntag, am Tag der Auferstehung unseres Herrn Jesus.

Und mit diesem Tag klingt auch schon das Thema unserer gemeinsamen Gedanken für die kommende Woche an: Der Glaube an den Auferstandenen schenkt Ihnen einen neuen Lebenszugang!

 

Der Evangelist Johannes überliefert uns sieben Zeichen, die Jesus vor den Menschen gewirkt hat und die uns diesen neuen Lebenszugang erschließen.

 

 „Sieben“ ist die Zahl der gottbestimmten Fülle, d.h. in diesen Zeichen weist uns der Herr darauf hin, dass ER dieser Welt, jedem einzelnen von uns, die Fülle seines Lebens schenken will: Es ist das neue Leben, das Leben des Auferstandenen.

 

Das erste Zeichen ist die Hochzeit zu Kana, wo ER Wasser in Wein verwandelt.

„Am dritten Tag“, so wird dieses erste Zeichen Jesu begonnen, „am dritten Tag“ – und schon leuchtet Ostern auf! D.h. es geht bei dieser Frohen Botschaft gar nicht so sehr um die Rettung aus einer Verlegenheit, sondern darum – will uns der Evangelist sagen -, dass Jesus Dein Leben verwandeln kann, wenn Du an ihn glaubst!

Durch diese Glaubensbeziehung zu Jesus Christus, dem Auferstandenen, erneuert sich Dein Leben. Ständig.

 

Montag, 25. August 2003

Im 4. Kapitel des Johannesevangeliums berichtet uns der Verfasser vom zweiten Zeichen, das Jesus getan hat: Ein königlicher Beamter, dessen Sohn schwer krank ist, hört davon, dass Jesus in Galiläa weilt, und sucht ihn auf.

Und es ist einem, als ob  wir  zu Jesus kommen, mit unseren Sorgen und Lasten. Denn wenn der irdische Jesus den Menschen begegnet, ihnen verkündet und sie heilt, dann begegnet und wirkt ER immer als der bereits auferstandene und verherrlichte Herr an  uns,  seiner Gemeinde.

Und so sagt ER eben auch zu uns: „Geh, dein Sohn lebt!“, D.h. „Geh, ich weiß um deine Anliegen; geh wieder zurück ins Leben, in deinen Alltag, ich werde mit dir sein!“

 

Allein der  Glaube, das unerschütterliche Vertrauen in seine Nähe, die ja den empirischen Beweis weit übersteigt, dieser Glaube schenkt unserem Leben eine neue Dimension, eröffnet eine neue Perspektive, einen neuen Lebenszugang.

So geht der Glaube ins Leben und verwandelt es; er verwandelt aber auch die, die mit uns leben: „Und er wurde gläubig mit seinem ganzen Haus“, heißt es dort.

 

Dienstag, 26. August 2003

Im dritten Zeichen Jesu, das uns das Johannesevangelium überliefert, hören wir von einem Mann, der – wie es im Urtext heißt – „achtunddreißig Jahre tragend an seiner Krankheit war.“ D.h. er schleppt sich ab damit, es drückt ihn nieder, er kann nicht mehr auf; er ist wie gelähmt – so oder so.....- und das durch viele Jahre!....

Kennen wir das nicht auch? Tragen wir nicht auch oft schwer an der Last des Lebens? Schon von klein auf müssen wir das erfahren: das Scheitern, das Hinfallen, das nicht-mehr-Können, das verzweifelt-Sein.

Dass jemand zu uns etwas sagt, und es bleibt uns sozusagen die Luft weg, wir sind wie gelähmt.

Wir verlieren den Arbeitsplatz – wie soll es weitergehen? Das ist Lähmung.

Es wird jemand schwer krank, es stirbt ein geliebter Mensch, vielleicht sogar ein Kind – das ist totale Lähmung, hier erleben wir schon vorzeitig den Tod!

 

Und dann das Wort Jesu: „Steh auf  und geh!“

Das ist Auferstehung!

Trotz allem: Trotz Krankheit, Verzweiflung, Leid und Tod – „steh auf! Lebe!“

Auch wenn menschlich noch lange nicht alles aufgearbeitet ist –

In unserem Herzen sind wir bereits geheilt!

 

Mittwoch, 27. August 2003

Jeder von uns macht die Erfahrung: Ohne Brot, d.h. ohne Essen und Trinken können wir nicht leben. Das kann natürlich zu der Versuchung führen, zu meinen, dass das Leben, der Sinn des Lebens, in der Sattheit besteht:

Dass wir möglichst schnell, möglichst oft möglichst viel haben!

Unseren Lebenshunger also bloß mit dem Angebot dieser Welt abzuspeisen.

 

Als Jesus die Brote vermehrte und den vielen Menschen damals zu essen gab, wollte er sie nicht bloß irdisch satt machen. Er wollte ihnen vielmehr mit diesem Zeichen klar machen, dass unsere unendliche Sehnsucht nach Leben auch nur mit einer unendlichen Gabe gestillt werden kann.

Und deshalb kommt Gott in diese Welt, macht sich zum alltäglichen Lebensmittel, zum Brot des Lebens, damit wir „Leben in Fülle“ haben.

Damit verwandelt ER sich in unser Leben hinein, verwandelt uns und macht uns zum Zeichen seiner Nähe:

„Ich bin das Brot des Lebens, wer davon isst, hat das ewige Leben!“

 

Donnerstag, 28. August 2003 

Nach der Brotvermehrung passiert etwas Eigenartiges: Es ist dunkel geworden, der See ist stürmisch, die Jünger sitzen im Boot, und Jesus erscheint ihnen mitten auf dem See. Die Jünger fürchten sich sehr, können dieses Ereignis nicht einordnen, denn da heißt es etwas kryptisch: „Jesus war noch nicht zu ihnen gekommen.“

D.h. ER war ihnen noch nicht vertraut, sie hatten noch keine Glaubensbeziehung zu IHM, zuviel Unbegreifliches und Dunkles lag da noch dazwischen.

 

Ist nicht auch in unserem Leben viel dunkel?

Die Gewalttaten, Naturkatastrophen, Leid und Not;

Vielleicht erleben Sie persönlich auch gerade solche dunkle Stunden.

 

Und da sagt Jesus auch zu Ihnen: „Fürchte dich nicht.  Ich  bin es!“

Es ist die verstärkte Redeweise des Gottesnamens. Mit diesem ICH verbindet sich alles: Seine Nähe, Seine Treue zu uns und vor allem Seine unendliche Liebe zu uns.

Auch wenn diese Liebe nicht immer mit unseren Augen und Ohren wahrnehmbar ist – Aber sie ist da! Und dieser Glaube trägt uns durch alle Unsicherheiten unseres Lebens hindurch. Und vor allem: Er bereichert auch das Schöne, das uns geschenkt wird!

 

Freitag, 29. August 2003 

Unter den körperlichen Gebrechen ist die Blindheit sicherlich das Schlimmste, was einem passieren kann. Gerade jetzt in der Urlaubszeit, wo wir so Vieles und so Schönes gesehen und erlebt haben, wird uns das so recht bewusst: Wie schrecklich muss es wohl sein, das alles nicht sehen zu können....

Aber – und das will uns Jesus in seinem sechsten Zeichen vor Augen führen –

Wie dunkel ist das Leben erst für jemand, dessen Herz verschlossen ist:

Und das ist in dieser Geschichte im 9. Kapitel des Johannesevangeliums nicht der Blindgeborene, sondern die, die nicht  glauben.

Wobei es bei diesem Glauben nicht um Glaubensinhalte geht, sondern um die vertrauliche und sich ständig erneuernde und sich vertiefende Beziehung zu Jesus Christus. Es ist schier unerträglich, wenn Glaube so kämpferisch als Besitz wie ein Schild vor sich hergetragen wird, und jeder abgeurteilt wird, der einen anderen Weg versucht. Unser Glaube hat sich an der Güte und Liebe Jesu Christi zu orientieren! In dieser Verbundenheit mit IHM wird auch unsere Lebenshaltung ständig an seiner ausgerichtet und korrigiert. Und das heilt unsere Herzensblindheit, unter der auch wir manchmal leiden.

Jeden Morgen wollen wir den Herrn bitten:

„Herr, heile mein Herz, damit ich sehend werde, und nichts und niemanden

übersehe!“

 

Samstag, 30. August 2003

Das siebente und letzte Zeichen Jesu, das uns das Johannesevangelium verkündet, ist wohl das eindrucksvollste. Es steht nicht nur in der Mitte des vierten Evangeliums, es  i s t  auch die Mitte der Frohen Botschaft Jesu:

„Ich bin die Auferstehung und das Leben!“

 

Zunächst wird uns angesichts des Todes von Lazarus die Trauer und Verzweiflung vor Augen geführt, die uns alle befällt, wenn wir einen lieben Menschen verlieren.

Lazarus will aber in diesem Zeichen eine Illustrationsfigur sein:

Lazarus ist jeder von uns; der Name bedeutet ja auch: „Der, dem Gott hilft.“

D.h. so sensationell es ist, dass ein Gestorbener zum irdischen Leben zurückgerufen wird – noch sensationeller ist es, dass der Herr jedem, der glaubt, das ewige Leben, sein ganz von Liebe erfülltes Leben schenkt.

Mit anderen Worten wir werden bereits zu Lebzeiten zum neuen Leben erweckt!

Wir leben soz. In der Aura Gottes, oder wie Paulus sagt: „Nicht ich lebe,

Christus lebt in mir!“

 

So darf ich mich von Ihnen verabschieden, und Ihnen vom Herzen dieses Bewusstsein wünschen, dass der Auferstandene in Ihnen lebt und durch Sie wirken will!