Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

Dir. Johannes Fenz, Präsident des Kath. Familienverbandes Österreich

 

Sonntag, 19. Oktober 2003

In Gott’s Nam gehn mir’s an!

IIn Gott’s Nam gehn mir’s an, heißt ein Burgenländischer Spruch. Das heißt soviel wie: Tun wir unsere Arbeit mit Gott. Dieser Satz ist leicht hingesagt aber was bedeutet er im konkreten Lebensalltag? In der Familie, in der Schule, in den Betrieben?

 

Wenn ich meine Arbeit in Gottes Namen tue, dann muss ich den Menschen sehen. Es muss die Person, mit der ich zusammen lebe und zusammen arbeite im Mittelpunkt stehen. Das kurze Gebet „In Gott’s Nam“ ist ein Auftrag. Der bedeutet für mich: Geduldig sein, Verständnis zeigen, ehrlich sein. Aber auch versuchen, die Situation des anderen zu verstehen, Streit vermeiden, gemeinsam nach Lösungen suchen und das Positive sehen. Wie einfach klingt das!

 

Der Anspruch: „In Gott’s Nam“ die Arbeit zu tun, ist nicht leicht zu erfüllen, das weiß ich als Direktor an einer Berufsschule aus eigener Erfahrung. Einen Versuch, so glaube ich, ist es aber immer wert.

 

Montag, 20. Oktober 2003

Partnerschaftlich am Weg

„Die Ehe ist und bleibt die wichtigste Entdeckungsreise, die ein Mensch unternehmen kann“, sagte der dänische Philosoph und Theologe Sören Kierkegaard. Der Anfang dieser Reise ist ein kleines, kurzes JA. Das Ziel von diesem JA ist: Freud und Leid gemeinsam zu teilen.

 

Über den Weg, der uns ans Ziel führt, muss ich mich mit meiner Frau einigen. Er wird manchmal steinig, manchmal geradlinig, manchmal steil bergauf, manchmal abschüssig sein. Es gibt Wegkreuzungen bei denen wir unsicher sind. Beide haben wir bestimmte Vorstellungen von diesem Weg, den wir gehen möchten. Diese Vorstellungen sind nicht immer die gleichen. Durch das gegenseitige Vertrauen, die Rücksichtnahme sowie den nötigen Freiraum, welchen wir uns schenken, bleiben wir am gemeinsamen Weg. Einmal bestimme ich ihn, einmal bestimmt ihn meine Frau.

 

Es kommt natürlich auch vor, dass die Wege nicht immer die gleichen sind. Eines versuchen wir, auch wenn es oft schwierig ist, nämlich das gleiche Ziel, das wir mit unserem JA gesagt haben, nicht aus den Augen verlieren.

 

 

Dienstag, 21. Oktober 2003
Erziehung - Beziehung

Wenn eine Schildkröte geboren wird weiß sie, dass sie auf dem kürzesten Weg in das Wasser kriechen muss, um zu überleben. Wir Menschen kommen nicht so vollkommen auf die Welt, dass wir das schaffen würden. Unsere Kinder werden unfertig geboren. Als kleines zartes zerbrechliches Wesen, das von uns Eltern abhängig ist und erst in weiterer Folge von Vorbildern lernt. Sie müssen erst erproben wie die Welt funktioniert. Mutter und Vater stehen ihnen dabei zur Seite. Sie geben ihnen Halt, Sicherheit und vermitteln ihnen die Werte, die sie dann im Leben bestehen lassen.

 

Als Vater von drei Kindern weiß ich, dass diese Aufgabe eine Herausforderung ist. Es ist nicht immer leicht diese Aufgabe zu erfüllen. Von uns Eltern wird hier viel gefordert! Geborgenheit, Schutz, Versorgung, Erziehung und die Einübung in das menschliche Zusammenleben sollen wir vermitteln. Als Referent bei Elternseminaren erfahre ich immer wieder, dass sich Eltern bei dieser Aufgabe überfordert fühlen. Wir wollen das schönste, klügste, beste Kind, das es gibt. In unserem Ehrgeiz merken wir aber gar nicht, dass wir die Kinder dabei überfordern.

 

Ich denke mir manchmal, wir sollten unsere Kinder einfach nur zu selbständigen Menschen erziehen, dann werden sie überleben wie die Schildkröte, die rasch das Wasser erreicht.

 

 

Mittwoch, 22. Oktober 2003

Die Türe öffnen

Ich war in meiner Schulzeit immer ein sehr schlechter Schüler. Wie ich mit meinem Halbjahreszeugnis, das mit mehreren Nicht Genügend gespickt war, nach Hause gekommen bin, habe ich es meinem Vater gezeigt. Ich habe die übliche Moralpredigt erwartet. Sie ist nicht gekommen. Mein Vater hat nur gesagt: „Na ja, zum Herzeigen ist das aber nicht!“ Ich bin überrascht gewesen, das habe ich nicht erwartet. Nach den Semesterferien hat mich mein Vater in die Schule gebracht. Im Auto hat er begonnen, mit mir darüber zu reden, wie es weitergehen wird. Ich habe gedacht: Jetzt kommt die Predigt. Sie kam wieder nicht. Er erklärte mir nur mit ruhiger Stimme, dass er die schulischen Leistungen nicht ganz verstehe, da ich mir selbst die Schule ausgesucht habe und eigentlich mit Freude einen Beruf im Tourismus angestrebt habe. Ich bin daraufhin in irgendwelche Entschuldigungsfloskeln geflohen. Zum Abschluss hat er gesagt: „Ich kann dir die Tür nur aufmachen, durchgehen musst du schon selber!“

 

Dieser Satz hat mich wie ein Blitz getroffen. Da habe ich gemerkt, dass es Zeit ist, meinen eigenen Weg zu gehen und die Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. „Ich kann die Tür nur aufmachen, durchgehen musst du selber!“, ein Hinweis, der mir in der Erziehung meiner Kinder hilft und mich bis heute prägt.

 

 

Donnerstag, 23. Oktober 2003

Generationenfrage

Mit meinen 43 Jahren werde ich etwa die Hälfte meines Lebens hinter mir haben. Ich muss sagen bis jetzt hatte jede Zeit seine Lust und seine Last. Einmal mehr Lust, ein anderes Mal mehr Last. Je älter ich aber werde, umso öfter frage ich mich, wie wird das einmal wenn ich alt bin.

 

Natürlich möchte ich alt werden und noch viel erleben. Ich will aber später nicht einmal verbittert zurückblicken. Damit das gelingt, muss ich heute an meine Kinder Werte wie Zufriedenheit und Freundlichkeit weiter geben. Dann kann mein Wunsch in Erfüllung gehen. Ich denke mir, dann werde ich zufrieden sein, da ich meine Frau, meine Kinder und hoffentlich auch Enkel und Urenkel, Verwandte und Freunde um mich habe. Ich werde sie in der alltäglichen Familienarbeit wie und wo ich kann unterstützen.

 

Ich will, wenn ich alt bin, keinen Kampf der Generationen. Vielmehr nehme ich mir vor, die Alterstugenden der Gelassenheit, Langsamkeit, Milde und der Weisheit an die jungen Menschen weiter zu geben. Das Weitergeben dieser Tugenden und meine Unterstützung wenn ich gebraucht werde, das könnte einmal mein Beitrag zum Generationenvertrag sein.

 

 

Freitag, 24. Oktober 2003

Eltern aus dem Leben begleiten

 „Das erste was der Mensch im Leben vorfindet, das Kostbarste was er besitzt und das Letzte wonach er greift, ist die Familie“, sagte Adolph Kolping vor 150 Jahren.

 

Dieser Spruch stimmt mich, je öfter ich ihn höre nachdenklicher. Von Untersuchungen weiß ich, dass drei Viertel der Österreicherinnen und Österreicher auch heute noch daheim und in einer vertrauten Umgebung sterben wollen. Diese Erkenntnis lässt in mir einen Druck entstehen. Ich bin bis jetzt nicht gewohnt, mit kranken und pflegebedürftigen Eltern und Großeltern zusammenzuwohnen. Trotzdem nehme ich mir vor, wenn es soweit ist, einmal meine Eltern aus dem Leben zu begleiten. Eines ist mir schon klar: Ich werde dabei professionelle Unterstützung brauchen. Mir läuft es manches Mal kalt über den Rücken, wenn ich Diskussionen verfolge, bei denen gefordert wird, dass Menschen durch die Hand von Menschen sterben sollen. Für mich gehört der Tod zum Leben.

 

Nicht durch die Hand eines Menschen, sondern an der Hand eines Menschen sterben. Hoffentlich ist das nicht nur mein frommer Wunsch.

 

 

Samstag, 25. Oktober 2003

Im Dienst der Familie

Vor 50 Jahren hat Kardinal König den Katholischen Familienverband Österreichs gegründet. Ziel war es damals, die Familien materiell abzusichern und die Interessen der Familien gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten. Heute bestehen diese Aufgaben nach wie vor. Wir brauchen heute eine finanzielle Gerechtigkeit für die Familie und eine Arbeitswelt, die auf die Familie Rücksicht nimmt. Ich wünsche mir, dass Ehe und Familie wieder einen höheren Stellenwert bekommen.

 

Daher bemühe ich mich, als derzeitiger Präsident dieses Verbandes, dass Familie mit Kindern von seiner positiven Seite dargestellt wird. Das Glück der Kinder und das Glück, Kinder zu haben, ist vorhanden. Es lässt sich zwar nicht erklären, weil es auch an den Augenblick und an die Plötzlichkeit der Empfindung gebunden ist aber es ist da. Kinder sind eine echte Bereicherung des Lebens. Leben mit Kindern heißt Gewinn an Selbsterkenntnis und Lebenserfahrung. Wer selber Leben gezeugt, geboren und begleitet hat, weiß aus Erfahrung, dass der Sinn des Lebens im Leben liegt. Das gilt es zu vermitteln. Dazu sind alle Familien und der Familienverband aufgerufen.

 

 

Sonntag, 26. Oktober 2003

Nationalfeiertag

Wir sind an diesem heutigen Tag stolz auf unser Land. Auf unsere Unabhängigkeit, auf unsere Neutralität und auf die besonderen Leistungen unserer Bewohner. Stolz auf Österreich sein, darf aber nicht bedeuten, Menschen mit anderer Sprache, anderer Hautfarbe, anderer Kultur oder anderer Religion auszugrenzen.

 

An diesem Tag denke ich daran, dass wir in einem größer werdenden Europa leben, wo staatliche Grenzen durchlässiger werden. Ich will in mir aber keine neuen Grenzen gegenüber fremden Menschen aufbauen. An diesem Nationalfeiertag will ich die Vielfalt sehen, die dieses gemeinsame Europa bietet. Ich persönlich sehe die Kultur fremder Menschen als Bereicherung, ich bewundere ihre Bräuche und Sitten und genieße ihre regionalen Speisen.

 

Das Ausstrecken der Hände, das Zugehen auf fremde und anders denkende Menschen überwindet jede Angst vor dem Unbekannten. Ich träume davon, dass wir einmal an einem Nationalfeiertag stolz darüber sind, dass es keine Diskriminierung und keinen Fremdenhass mehr gibt.