Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
Pater Prior
Dr. Albert Groiss, Stift Altenburg, Niederösterreich
Sonntag, 22.
Februar:
Engel des
Sonntags
In dieser Woche
möchte ich Ihnen je einen „Engel für den Tag“ aus dem
„engelreichen“ Stift Altenburg im Waldviertel schicken, der Sie
in Ihrem Alltag begleitet. Engel sind so etwas wie ein Lichtstrahl
der Sonne, wie der Duft frischen Brotes, wie der „Saum des
Gewandes“ Jesu – biblisch ausgedrückt: sie sind Boten Gottes,
sie machen die guten Gedanken und die wohltuenden Worte Gottes für
uns konkret. Immer weisen sie hin auf ihren Ursprung, ihren Sender,
der sich um uns Menschen sorgt.
Für heute wünsche
ich Ihnen einfach die Begegnung mit dem Engel des Sonntags. Der
Sonntag ist ein Tag, der die Qualität der ganzen Arbeitswoche fördert
und so als Ziel und Anfang der Woche heraussticht. Der Engel des
Sonntags lässt mir Zeit zum Ausruhen, er schenkt mir ein ausführlicheres
Gespräch mit Menschen, denen ich sonst nur kurz zugrüße, er macht
den lang hinausgeschobenen Besuch möglich und erinnert mich beim
Gottesdienst an meinen Schöpfer, der am 7. Tage, nachdem er alles
gut gemacht hat, ruhte.
Der Engel des
Sonntags bringt einen Lichtstrahl in den grauen Alltag, er macht
durch seinen Duft Appetit auf ein Festmahl, er schenkt Zeit und ermöglicht
dadurch ungeahnte Fähigkeiten und kreative Momente in mir.
Freuen Sie sich
auf den heutigen Tag – und lassen Sie den Sonntags-Engel in ihnen
zum Leben erwachen!
Montag, 23.
Februar:
Engel der
Heiterkeit
Wie schon
gestern möchte ich Ihnen einen „Engel für den Tag“ aus dem
„engelreichen“ Stift Altenburg im Waldviertel schicken, der
ohnehin in ihnen schlummert. Engel purzeln und spielen zu hunderten
über die Fresken und Altäre unserer Stiftskirche, sie geben dem
ernsten Leben der Mönche neuen Ansporn für eine fröhliche,
christliche Lebensgestaltung.
Heiterkeit ist
keine angeborene menschliche Eigenschaft, sie entsteht durch großes
Vertrauen, dass man so, wie man ist, bedingungslos angenommen ist.
Die frühen Mönche
waren überzeugt: Nur wer das Licht Gottes in alle seine Abgründe
der Seele eindringen lässt, der kann Heiterkeit ausstrahlen. „Hilaritas“,
die innere Klarheit, Helligkeit und Fröhlichkeit, ist ein Zeichen für
stimmige Spiritualität. Nicht mit finsterer Miene soll der Christ
seinen Weg gehen, sondern mit strahlendem Gesicht, einem Strahlen,
das von Innen kommt, weil alles in uns vom hellen und leuchtenden
Licht Gottes erleuchtet ist.
Echte
Heiterkeit steckt an; sie leugnet nicht die konkreten
Schwierigkeiten, doch sie schafft es, sich mit ihren Flügeln zu
erheben und alles Schwere mit innerer Heiterkeit anzuschauen.
„Engel können
fliegen,
weil sie sich selbst leicht
nehmen“, sagt ein schottisches Sprichwort.
Ich wünsche Ihnen heute die
Begegnung mit dem Engel der Heiterkeit, der innerlich aufhellt und
manches klar erscheinen lässt – und dadurch die Welt um Sie herum
heller und heiterer wird.
Dienstag,
24. Februar:
Engel der
Ausgelassenheit
Heute sende ich
aus dem „engelreichen“ Stift Altenburg bei Horn zum
Faschingdienstag passend den Engel der Ausgelassenheit. Auch wenn
ich selbst oft zu wenig ausgelassen bin, können vielleicht auch
gerade Sie wie ich diesen Engel brauchen. Ausgelassen-Sein meint,
dass ich meine Rolle einmal loslasse, die ich sonst spiele, dass ich
meine Maske fallen lasse, dass ich meine innere Lebendigkeit auch
nach außen lebe.
Unser Herz
quillt oft über vor Freude und Lebendigkeit, es braucht aber oft
Mut, sogar Über-Mut, um dies vor anderen zuzulassen.
Der Engel der
Ausgelassenheit möchte uns den Mut schenken, der eigenen
Lebendigkeit zu trauen. Ich muss nicht immer danach schauen, was die
anderen von mir denken und erwarten, ob das, was ich tue, dem Bild,
das die anderen von mir haben, entspricht. Ich darf so sein, wie ich
bin, wie Gott mich sieht. Ich darf mir und meinem Herzen, meinem
Inneren, trauen. Das Leben ist nicht immer nur Gewohnheit und
Pflicht, es ist oft strömend, überschäumend, übermütig, es ist
auch kindlich und spontan.
Der Engel der
Ausgelassenheit ist als Kind dargestellt. Er sagt mir, ich darf dem
Kind in mir trauen. Ein Kind lebt aus sich heraus und nicht aus den
Erwartungen, die die Umwelt und die erwachsene Welt an es stellt.
Ich darf einfach leben, ohne das Leben zu kompliziert zu sehen.
Ich wünsche
Ihnen, dass Sie der Engel der Ausgelassenheit in diese Freiheit des
Kindes hineinführt und Sie den heutigen Tag wie ein Kind mit allen
Sinnen genießen können.
Mittwoch,
25. Februar:
Engel des
Aufbruchs
Zu Beginn der
Fastenzeit schicke ich aus dem „engelreichen“ Stift Altenburg
den „Engel des Aufbruchs“. Die 40 Tage bis zum Osterfest sind für
uns Menschen eine besondere Chance, alte Zelte abzubrechen und den
Weg zum Leben erneut einzuschlagen. Man muss sich ständig neu auf
den Weg machen, immer neu aufbrechen. Aufbruch setzt immer einen
Abbruch voraus. Altes und Liebgewordenes muss abgebrochen werden,
ich kann nicht immer dort bleiben, wo ich gerade bin.
Obwohl das
Abbrechen und das Hinwenden zu Neuem oft Unsicherheit und Angst in
uns hervorbringt, steckt im Aufbrechen eine Verheißung, die Verheißung
von etwas Neuem, nie Dagewesenen, nie Geschehenen. Nur durch das
Aufbrechen entstehen neue Lebensmöglichkeiten für mich.
Gerade der
Aschermittwoch ruft für uns den Engel des Aufbruchs in den Alltag:
Ich darf aufbrechen zu neuen Ufern, zu neuen Möglichkeiten des
Miteinanders, zu einem neuen Umgang mit der Schöpfung. Aufbrechen
sollen meine selbst gezimmerten Vorstellungen, meine inneren
Blockaden, meine alten Gewohnheiten, damit neue Lebensweisen und
neue Wege eröffnet werden können.
Der Engel des
Aufbruchs spricht mir Mut zu, den eigenen Weg einzuschlagen – auch
wenn ich nicht genau weiß, wohin er mich führt. Doch:
„Engel wohnen
nebenan, wohin wir immer ziehen.“ (Emily Dickinson)
Donnerstag,
26. Februar:
Engel der
Langsamkeit
Die 106 Engel,
die an den Giebeln und Dächern des Stiftes Altenburg im Waldviertel
stehen, sprechen von einer „himmlischen Ruhe“, die alle Besucher
unseres Klosters umfängt. Sie beneiden in Gesprächen uns Mönche
um diese Ruhe und diesen Frieden, den wir aber auch nicht immer in
uns tragen. Nicht das Beschleunigen, sondern das Entschleunigen
sucht der Mensch von heute – er möchte Ruhe finden, zur Ruhe
kommen. Die Entdeckung der Langsamkeit in den Klöstern steht als
Gegenpol zum Stress und
zur Hektik in
unserem Alltag.
Lassen Sie sich
heute vom Engel der Langsamkeit aufsuchen und lernen Sie von ihm:
Versuchen Sie, die Langsamkeit bei den alltäglichen Verrichtungen
einzuüben. Es ist einen Versuch wert, nicht von einer Tür zur
anderen zu laufen, von einem Geschäft ins andere zu hetzen, sondern
bewusst jeden Schritt zu spüren, wahrzunehmen. Ein Anfang wäre, um
mit dem Engel der Langsamkeit ins Gespräch zu kommen, sich mehr
Zeit für das Frühstück zu nehmen, sich hinzusetzen, das Stück
Brot bewusst in die Hand zu nehmen, beim Essen die Speisen nicht zu
verschlingen, sondern zu kosten, zu genießen.
Den Engel der
Langsamkeit kann man kennen lernen, wenn man das Wasser beim Waschen
des Gesichtes erspürt oder mit dem Ablegen des Arbeitsgewandes auch
den Arbeitsalltag bewusst hinter sich lässt.
Der Engel der
Langsamkeit möchte Sie einführen in die Kunst, zu sein, intensiv
zu leben!
Freitag, 27.
Februar:
Engel der
Achtsamkeit
Der Engel der
Achtsamkeit ist ein Bruder des Engels der Langsamkeit. Auch er ist
im engelreichen Stift Altenburg im Waldviertel beheimatet und möchte
Ihnen heute begegnen. Der Engel der Achtsamkeit ist ein ruhiger
Beobachter mit offenem Herzen. Er begleitet uns von den ersten Gesängen
der Amseln in der Morgendämmerung bis zur erfüllten Stille in der
Nacht.
Der heilige
Benedikt fordert uns Mönche auf, achtsam und sorgfältig mit allen
Werkzeugen des Klosters umzugehen – und mit Achtung, Hochachtung
und Wertschätzung den Brüdern und Gästen, die ins Kloster kommen,
zu begegnen. Alles ist von Gottes Geist beseelt, in jedem Menschen
begegnet uns Christus: im Abt, im Kranken, im Fremden…
Der Engel der
Achtsamkeit möchte uns helfen, die Haltung der Achtsamkeit einzuüben.
Ich beginne bei mir selber – ich versuche, heute ganz da zu sein,
gegenwärtig zu sein, ganz eins mit mir und den Dingen.
Das heißt
eigentlich „Mönch“, ganz eins mit mir zu sein – „unter den
Augen des Schöpfers“. Ich bin bei mir, wenn ich ganz bei den
Menschen und meinen Aufgaben bin. Ein bekannter Ausspruch eines Mönchsvaters
lautet: „Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich stehe, dann stehe
ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich.“
Öffnen Sie
heute bewusst ihre Augen und Ohren für die unscheinbaren und
kleinen Dinge – sie werden einen zarten Hauch erleben, der ihren
Alltag reicher macht!
Samstag, 28.
Februar:
Engel der
Ausdauer
Im
Benediktinerstift Altenburg lebt unter seinen 1043 Artgenossen auch
der Engel der Ausdauer. Er weiß: das Kloster ist nicht an einem Tag
erbaut worden – und die Restaurierung der vielen Engel wird sich
auch über Jahre hinziehen… Das Ausdauern, das Aushalten des
Alltags und seiner oft widrigen Umstände ist auch im Kloster
gefragt und muss eingeübt werden. Die Mönche müssen das Ausdauern
sogar versprechen, wenn Sie das Gelübde der „Beständigkeit“
ablegen.
Der Engel der
Ausdauer hilft uns Menschen, bei einer Sache zu bleiben. Auch wenn
sich manchmal das Gefühl der Sinn- und Lustlosigkeit einschleicht,
wenn man meint, es hat doch alles keinen Zweck, dann sollte man dem
Engel der Ausdauer vertrauen. Er sagt mir, ich soll dranbleiben an
dem, was ich mir vorgenommen habe. Wenn man das, was man sich
vornimmt, nicht durchführt, dann bereitet man sich selbst die Hölle,
wie das Sprichwort sagt: „Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen
gepflastert.“
Vielleicht ist
der Beginn der heurigen Fastenzeit wieder Anlass, sich bewusst zu
machen, wo ich dran bleiben soll. Früher haben sich die Mönche zusätzlich
zur täglichen Pflicht „Fastenvorsätze“ vorgenommen, heute
scheint es mir sinnvoller zu sein, mein Leben anzuschauen, wo es an
Ausdauer mangelt.
Ich weiß –
der Engel der Ausdauer begleitet mich und sagt mir: Es ist möglich,
dass sich in mir etwas wandelt, dass es Spaß machen kann, wenn ich
mit Ausdauer an meiner Sache bleibe.
|