Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

Pfarrer Wolfgang Fank, Dechantskirchen, Steiermark

 

Sonntag, 29.Februar 04

 

Fasten

 

Wir sind bereits in der Fastenzeit. Fasten scheint „in“ zu sein. Fasten macht schlank. Dazu motiviert die Eitelkeit. Fasten ist auch gesund. Wer fastet, lebt länger. Das Fasten ist also ein Vorteil für den Körper.

Beim religiösen Fasten geht es eigentlich nicht um Vorteile für den Körper, sondern um Vorteile für die Seele. Die Bedürfnisse des Körpers sollen etwas zurückgenommen werden, um verstärkt Ausschau zu halten nach dem, was die Seele ernährt. Der Mensch lebt ja „nicht nur vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes kommt“, so lautet die Botschaft vom heutigen Sonntag.

Fasten heißt: ganz bewusst Gott ins Leben einbeziehen, entschlossen mit Gott rechnen: mit seinem Wort, das mir wie ein Licht auf dem Weg ist, mit seinem Geist, der mich beflügelt, mit seiner Liebe, die mich umfängt und hält.

Seit ich Krebs hatte, träume ich sogar von einer Liebe Gottes, die mich warmherzig umfangen wird, gerade dann, wenn ich im Tod auf meinen Körper werde ganz verzichten müssen. Dann habe ich immer noch etwas, wovon ich lebe: die Liebe Gottes und all seiner Engel und Heiligen.

 

 

Montag, 1. März 04

 

Entscheiden                                  

 

„Ich will in meinem Leben nichts versäumen!“ Mit diesem Satz wird um ein Produkt geworben. „Ich will in meinem Leben nichts versäumen.“ Ich frage mich: Ist das im Leben überhaupt möglich? Suggeriert dieser Satz nicht die Meinung, dass man im Leben alles haben kann, dass man überall dabei sein kann?

Ist’s im Leben nicht anders? Muss man sich nicht ständig entscheiden und aus mehreren Möglichkeiten eine auswählen?

Wenn ich Schi fahren gehe, kann ich nicht zugleich anstehende Arbeiten erledigen. Wenn ich abends fernsehe, kann ich nicht gleichzeitig einen Besuch machen. Wenn ich studiere, kann ich nicht gleichzeitig eine Lehre absolvieren. Wenn ich heirate, kann ich nicht gleichzeitig ledig und frei sein.

Ich muss mich entscheiden! Habe ich mich entschieden, muss ich das auch mögen, wofür ich mich entschieden habe.

Ein Psychologe sagte einmal: Wenn du zwischen einer Birne und einem Apfel entscheiden kannst, und dich beispielsweise für die Birne entschieden hast, dann musst du diese auch genießen und nicht jammern und sagen: Schade, dass ich keinen Apfel habe.

Man kann im Leben nicht alles haben. Aber das, was man hat, kann man dankbar annehmen, es genießen und sich daran freuen.

 

 

Dienstag, 2.März 04

 

Vater unser                               

                                                                  Wer heute bei einer hl. Messe ist, wird als Evangelium das Vater-unser hören. Es stammt von Jesus. Ich habe auch so ein Vater-unser gemacht. Es geht so:

Vater unser, bleib schön brav oben im Himmel, und misch dich ja nicht in meine eigenen Angelegenheiten ein. Ich bin mein eigener Herr.

Und wenn es schon sein muss, dann soll mein Einfluss größer werden, in der Familie und in der Öffentlichkeit.

Es soll geschehen, was ich will, nicht nur auf Erden, sondern auch im Himmel, wenn es den überhaupt gibt.

Das tägliche Brot möchte ich haben und noch einen Luxus dazu. Und wenn schon von Schuld gesprochen wird, dann soll der andere sich entschuldigen. Denn ich bin ja o.k.

Und sei kein Spielverderber in der Versuchung und droh nicht mit dem Bösen.

Den mein ist das Reich, groß mein Einfluss und mein Ansehen. Amen. So sei es!

Ist dieses Gebet eine reine Erfindung? Ist es nicht ein Gebet, das aus dem Herzen kommt? Aus dem noch sehr unerlösten Herzen?

 

 

Mittwoch, 3. März 04

Die Gletscherspalte

 

Heute ist es Jahrestag, dass ich in eine Gletscherspalte gefallen bin. Es ist schon lange her, aber ich hab’s noch im Gefühl als wäre es gestern gewesen.

Wir waren zu Dritt unterwegs, in den Ötztaler Alpen.  Nach einer Spitzkehre wollte ich mit dem Stock antauchen, da brach er ein, dann die vorderen Schispitzen, dann der ganze Körper, Salto vorwärts „hoffentlich nicht zu weit“ und plötzlich, nach ca. 12 Metern, stand ich wieder, auf einem einsamen Eisband,  vor mir ging die Spalte noch 30 Meter hinunter hinter mir ebenfalls. Wäre ich 20 cm weiter vorne oder weiter hinten hinuntergefallen, hätte mich niemand mehr retten können. Ich musste eine Zeitlang auf Rettung warten, starrte in die gähnende Tiefe und aus der Tiefe meiner Seele kam das Bekenntnis: „Die Barmherzigkeit Gottes ist überaus groß.“ Nach ca. 2 Stunden war ich wieder gerettet.

Ich erlebte an jenem Tag, was der Papst später einmal ausgesprochen hat: „Wenn wir fallen, fallen wir nicht tiefer als in Gottes Hand.“

  

 

Donnerstag, 4.März 04

C.S.I.                                                          

 

Ich habe einmal das Fernsehprogramm angeschaut. Da las ich: 20 Uhr 15: C.S.I., Krimiserie. Ich habe schmunzeln müssen. Denn ich kenne auch ein C.S.I. Da geht es auch kriminell zu, aber anders! C.S.I.  ist die Abkürzung von Christliche Solidarität International. Dieser Verein macht Fälle bekannt, in denen Menschen verfolgt werden, weil sie Christen sind, oder weil sie sich für ungerecht Behandelte einsetzen. Das passiert vor allem in den noch kommunistischen Ländern und zum Teil in den moslemisch regierten Ländern. In der monatlich erscheinenden Zeitung „Christen in Not“ werden solche Fälle bekannt gemacht. Dieser Zeitung liegt auch eine vorgedruckte Karte bei, adressiert an den unschuldig Gefangenen oder an die betreffende Regierung. Diese Karte soll abgeschickt werden. Je mehr, desto wirksamer ist eine solche Aktion. Denn ein Mensch, der international öffentlich bekannt ist, den können sie nicht mehr so leicht verschwinden lassen. Das kann sich die betreffende Regierung nicht so leicht leisten.

Im vorigen Jahr sind 29 Priester umgebracht worden, von den vielen Laien habe ich keine genauen Zahlen. Ihnen kostete ihr Einsatz für Gerechtigkeit das Leben, uns kostet es bloß ein paar Briefmarken.

 

(Wenn Sie sich näher über CSI informieren wollen, dann wenden sie sich bitte an CSI-Österreich, Lindengasse 63, 1070 Wien.

Adresse und Telefonnummer von CSI können Sie auch über die ORF-Landesstudios erhalten)

 

 

Freitag, 5. März 04

Familienfasttag                               

                                                                  Bei einem Radiointerview habe ich einmal gesagt, dass die Welt nicht in Ordnung ist:

Über 800 Millionen Menschen sind am Verhungern, jeden Tag sterben 100.000 Menschen an Hunger.

Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer, usw.

Die Interviewpartnerin fragte darauf: „Und was tut die Kirche dagegen?

Aufs Schnelle gefragt, ist mir nicht viel eingefallen. Beim Heimfahren war ich dann verärgert über mich! Hättest nicht sagen können, dass allein in unserer Pfarre Dechantskirchen jährlich ca. 20.000 Euro für die Notleidenden in der Welt gespendet werden. Das sind nach dem alten Geld immerhin 280.000 Schilling.

Hättest nicht sagen können, dass bei der Dreikönigsaktion österreichweit jährlich 12 Millionen Euro ersungen werden.

Heute gibt es den sogenannten Familienfasstag. Und am Sonntag wird an den Kirchtüren um eine Spende gebeten werden für Hilfsprojekte in Asien und Lateinamerika. Ca. 2,5 Millionen Euro werden zusammenkommen.

Das alles ist wie ein Tropfen auf den heißen Stein! Das ist schon richtig.  Aber durch die vielfältigen Spenden, die in den Kirchen oder auch durch Erlagscheine gespendet werden, haben viele Millionen Menschen ein menschenwürdigeres Leben.

 

Samstag, 6.März 04                                                             Nachhaltigkeit                              

 

Ein Bauer forstet auf. Er setzt Bäumchen um Bäumchen und umgibt sie mit einem Zaun. Und das alles auf windiger Höhe. Das kostet ihn etliches. Er sagt: „Ich habe nichts davon, meine Kinder auch nicht. Aber dafür die Enkelkinder.“  Das nenne ich Nachhaltigkeit.

Ganz anders die Ölkonzerne und jene, die mittun. Eine  europäische Studie ist zu einem erschreckenden Ergebnis gekommen: Österreich hat durch den CO2-Ausstoß jährlich Umweltschäden in der Höhe von 600 Milliarden Schilling. Wer wird das bezahlen: die Kinder und Kindeskinder und Kindeskinder.

Und erst der Atomstrom? Wenn die Brennstäbe abgebrannt sind, müssen sie endgelagert und gegen Terroranschläge bewacht werden und das für hundert tausende von Jahren.  Was die heutige Generation genießt, dafür müssen tausende Generationen bezahlen. Ich halte das für verantwortungslos.

Da lob ich mir jene Pioniere, die Strom gewinnen wollen mittels Windräder oder jene, die Sonnenlicht in Strom verwandeln wollen. Oder jene, die Biomasse in Energie umwandeln. Manche halten sie für Spinner. Ich halte sie für verantwortungsbewusste Menschen. Die nachfolgenden Generationen werden es ihnen danken.