Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
Pastoralamtsleiter
Dr. Benno Elbs aus Feldkirch (Vorarlberg)
Sonntag,
9. 5. 2004
Botschaften
der Schöpfung
Die
Schöpfung ist ein wunderbares Geschenk an uns Menschen. Die ganze
Natur ist voller Stimmen. Vom Hl. Bernhard lernen wir das Staunen.
Wer staunt, durchstößt den gewohnten engen Horizont und macht sich
auf eine Entdeckungsreise in unendliche Weiten.
Im
Staunen schlägt das Herz die Augen auf. Das Staunen ist wie ein
Schlüssel. Die ganze Schöpfung ist die Schönschrift Gottes. Alle
erschaffenen Wesen sind Liebesbriefe an uns. Alle Wirklichkeit ist
ein Sakrament.
Wie
sich in einem Kunstwerk die Persönlichkeit des Künstlers ausdrückt,
so spiegelt sich in allen geschaffenen Dingen die Größe Gottes
wider.
Hier
zeigt sich Gott auf den ganz gewöhnlichen Wegen des Lebens. Wenn
wir aufmerksam sind und Augen wie Verliebte haben, dann zeigt er
sich uns mitten in unserer alltäglichen Welt.
Die
Dichterin Elizabeth Barrett Browning beschreibt diese Wahrheit in
folgenden Zeilen: "Die Erde ist mit Himmel voll gepackt und
jeder gewöhnliche Busch brennt mit Gott, aber nur der, der es
sieht, zieht die Schuhe aus. Die anderen sitzen herum und pflücken
Brombeeren."
Ich
wünsche Ihnen, dass der heutige Sonntag Ihnen hilft, zu staunen,
die Augen des Herzens zu öffnen.
Montag,
10. 5. 2004
Die
Botschaft der Bäume
Ich
habe einen Lieblingsbaum. Oben auf einem Stein wuchs er. Seine
Wurzeln umfassen den harten Fels und senken sich ins Erdreich.
Irgendwann hat der Wind ein Samenkorn auf den Stein getragen. Die
Wahrscheinlichkeit war gering, dort zu überleben. Dennoch wuchs der
Baum auf hartem, steinigen Grund. Der Fels nährt nicht, aber er
gibt Halt. Allen Stürmen hat der Baum widerstanden. Aufgegeben hat
er nie.
Wenn
mich manchmal die Sorgen des Alltags etwas bedrücken, dann denke
ich an diesen Baum. Manchmal mache ich sogar einen Spaziergang
dahin. Er steht auf hartem Felsen und kann dennoch leben.
Leben
wächst oft an Orten, wo wir es nicht vermuten. Chancen sind oft an
Orten unseres Lebens, wo wir sie am wenigsten erwarten.
Der
Hl. Apostel Paulus sagt: "Nicht du trägst die Wurzel, sondern
die Wurzel trägt dich". Der Baum sagt mir, dass ich getragen
bin aus der Kraft eines Anderen.
Bäume
reden von der Hoffnung.
Dienstag,
11. 5. 2004
Die
Botschaft des Brunnens
In
der Mitte eines alten Bauernhofes steht ein Ziehbrunnen.
Generationen schöpften täglich ihr Wasser daraus. Köstliches, kühles
Wasser aus der Tiefe des Erdreiches. Dann kam das technische
Zeitalter.
Der
junge Bauer deckte den alten Brunnen zu und legte eine elektrische
Pumpe an. Nach Jahren erinnerte sich der Mann an das frische, köstliche
Wasser aus dem Brunnen in der Mitte des Gehöfts. Er deckte ihn auf
und war überrascht, dass der Brunnen ausgetrocknet war.
Jahrhunderte hatte er seinen Vorfahren Wasser gespendet, jetzt war
er versandet.
Ein
Geologe erklärte es ihm. Ein Brunnen, und so ist es auch mit einer
Quelle, speist sich aus vielen kleinen Wasseräderchen. Wenn man
nicht ständig Wasser daraus schöpft, versanden die kleinen Bäche
und der Brunnen trocknet aus, oder die Quelle versiegt.
Eine
Quelle, die ich nicht ständig aufsuche, versiegt. Wo sind sie, die
Quellen in meinem Leben, die mir köstliches, kühles Wasser
spenden?
Ich
wünsche Ihnen die Zeit, auch heute dort hin zu gehen, daraus zu schöpfen.
Mittwoch,
12. 5. 2004
Die
Botschaft meines Atems
Da
formte Gott der Herr den Menschen aus der Erde vom Ackerboden und
blies in seine Nase den Lebensatem.
So
wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen. Im Schöpfungsbericht
der Bibel bläst Gott durch die Nase Adams den Lebenshauch.
Wer
schon einmal die Geburt eines Kindes erlebt hat, weiß, dass der
erste Atemzug das eigenständige Leben möglich macht.
Im
Sterben haucht der Mensch mit dem letzten Atemzug sein Leben wieder
aus.
Das
Atmen ist ein großartiges und erstaunliches Geschehen. Die Lunge
nimmt den Sauerstoff auf und gibt ihn an das Blut weiter. Die Fläche
der Lunge ist so groß wie ein Tennisplatz. Die Luft ist in
Millionen Jahren durch die Pflanzen gebildet worden.
Millionen
Jahre Vorbereitung, damit wir atmen können.
Dabei
ist die Luftschicht um die Erde so dünn wie ein Papier, daran hängt
unser Leben. Der Atem erinnert uns daran, dass wir nicht nur aus
schwerfälliger Materie bestehen. Ein Hinweis auf den Geist im
Menschen.
Beten
ist das Atemholen der Seele.
Das
Atmen kann auch zum Gebet werden. Im Rhythmus des Atmens berührt
der Geist Gottes unsere Seele.
Die
Mystikerin Mechthild von Magdeburg sagt es in einem schönen Wort:
"Zwischen dir und mir, mein Gott, ist immerfort ein
unbegreifliches Atmen"
Donnerstag,
13. 5. 2004
Die
Botschaft eines Kindes
"Wenn
ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt Ihr nicht in das Reich
Gottes kommen" oder ich würde vielleicht übersetzen:
"Kann euer Leben nicht gelingen".
Eine
Frau erzählt mir, dass sie nach einem langen Winter das Gefühl
beherrscht, es würde nie mehr Frühling werden.
Nach
einer langen Zeit der Verzweiflung hat sie das Gefühl, als würde
das Leben nie mehr zu ihr zurückkehren.
Kinder
halten nach Zeichen des Frühlings Ausschau und freuen sich über
jedes Lebenszeichen.
Bei
einer Busfahrt habe ich gemerkt, dass nichts die Herzen der Menschen
unmittelbarer erreicht, wie das Lächeln eines kleinen Kindes. Aus
ernsten Minen, die ausdrücken wollen - ich will eigentlich nichts
reden jetzt - werden lächelnde Gesichter.
Kinder
sind ein Beispiel dafür, wie man mit dem Leben umgehen kann:
tanzen, springen, Freude am Spiel, etwas tun, ohne etwas tun zu müssen.
Ich kann sein, ohne etwas Bestimmtes erreichen zu müssen. Ich freue
mich auf einen neuen Tag, ohne dass ich ihn vorher verplant haben
muss. Immer wieder gibt es einen neuen Anfang.
Es
ist zwischendurch besser ein Kind zu beobachten, als ein neues Buch
zu lesen.
Freitag,
14. 5 .2004
Die
Botschaft des Weltalls
Nicht
zimperlich ist der Einstieg in die Exerzitien des Hl. Ignatius
von Loyola. Ohne
Umschweife zeigt er, was Sache ist.
Einer
von rund 6 Milliarden Menschen auf dieser Erde bin ich. Und einer
von unzähligen Himmelskörpern ist diese Erde. Was bin ich dann
mehr, als ein kleines Sandkorn, das unbeachtet vom Wind verweht wird
auf dieser Erde. Sie selbst ist ja nur ein Sandkorn, das verloren im
Weltall kreist.
Und
was bin ich vor Gott, dem mächtigen Schöpfer des ganzen Weltalls?
Ziemlich
ernüchternd diese Meditation, nichts für Depressive. Da ich doch
manchmal das Gefühl habe, die Welt drehe sich um mich.
Doch
dann geschieht es, so sagt mir mein Glaube, dass Gott sich
entscheidet, selbst Mensch zu werden und auf dieser Erde zu leben.
Seine
Zuwendung, seine Liebe zu uns Menschen ist so groß, dass er auf
alle Macht verzichtet, um uns diese Liebe schenken zu können. Er lässt
sich durch nichts davon abbringen.
Die
Botschaft des Weltalls ist eine Provokation für Eingebildete.
Ein
Sandkorn im ganzen Universum bin ich und doch unendlich wertvoll,
weil Gott JA zu mir sagt.
Samstag,
15. 4. 2004
Die
Botschaft des Urlaubs
Es
geschieht oft, dass ich in eine Stresssituation komme, die mich
belastet. Der Termin für die Abgabe einer umfangreichen Arbeit
z.B., rückt näher. Der Besuch kommt bald, und es ist noch viel
vorzubereiten.
Ein
schwieriges Gespräch steht mir bevor und die verschiedenen
Argumente schwirren mir im Kopf herum.
Und
je größer der Stress, je knapper die verbliebene Zeit, je größer
der Druck und die Erwartungen, umso schwerer fällt es dann, meine
Aufgabe zu erfüllen.
Was
wir als Menschen in solchen Situationen brauchen, ist ein kurzer
"Urlaub", und wenn er nur wenige Minuten dauert.
Wir
brauchen Abstand. Ich brauche Luftveränderung. Ich brauche andere
Gedanken. Ich brauche einen kurzen Spaziergang. Ich brauche es,
abzuschalten.
Ich
brauche etwas Musik oder einige Minuten, um mich auszustrecken.
Dieser Kurzurlaub von wenigen Minuten ist keine verlorene Zeit.
Danach sieht alles oft ganz anders aus.
Die
Frage stellt sich jeden Tag: Merke ich es, wenn ich einen kurzen
Urlaub brauche?
Es
ist riskant, wenn ich mich ständig selbst überfordere. Ich will
lernen, mich über das Leben zu freuen, wie ich es eben leben kann.
Mit
meinen Möglichkeiten, mit meiner Kraft, mit meinen Grenzen.
Da
helfen mir diese vielen Kurzurlaube, die ich jeden Tag nehmen kann.
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