Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
Von
Pfarrer Mag. Peter Hausberger,
Pfarrer
in Salzburg-St.Paul
Sonntag,
27. Juni 2004
Jesus
und seine Schüler kommen in ein Dorf Samariens, so steht es heute
im Sonntagsevangelium. Dort sind sie nicht willkommen. Zwei seiner
Schüler ärgern sich maßlos und wollen das Dorf verfluchen. Jesus
bremst sie ein.
Die
Zornesregungen von Johannes und Jakobus sind verständlich. Aber der
Weg Jesu, der Weg seiner Verkündigung ist gewaltfrei. Er hält es
aus, nicht angenommen zu werden, nicht anzukommen mit seiner
Botschaft. Die Liebe Gottes ist großzügig. Sie lässt die Menschen
frei entscheiden. Daraus bezieht Jesus die Kraft, Erfolglosigkeit zu
akzeptieren. Auch seine Schüler sollen Frohe Botschaft verkünden
und keine Peiniger sein.
Diese
Bibelverse verwendet der Kirchenlehrer Cyrill von Alexandrien aus
dem 5. Jhd. dazu, über mögliche Missbräuche kirchlicher Amtsmacht
nachzudenken. Es ist sehr gefährlich, wenn kirchliche Amtsträger göttliche
Macht in Anspruch nehmen. Der Sohn Gottes verzichtet darauf.
Diese
Bibelstelle ermuntert dazu, Misserfolgen ins Auge zu schauen und
nicht rachsüchtig zu handeln. Mit der Zeit wird sich das Evangelium
durchsetzen und der Erfolg von vermeintlicher Schwachheit und Liebe
eintreten.
Montag,
28. Juni 2004
Der
Montag steht in mancher Hinsicht ein wenig unter Verruf. Man spricht
unter anderem auch vom „blauen Montag“ oder von einem
„Montagsauto“ usw.
Wie
sein Name schon sagt, ist er der „Mond-Tag“, der „Tag des
Mondes“. Die Gezeiten und der Bio-Rhythmus der Menschen hängen
mit dem Mond zusammen. Mond-Kalender erfreuen sich wieder großer
Beliebtheit.
Der
Sonntag ist der festgeschriebene und inzwischen umkämpfte Tag der
Feste und der Ruhe. Der Montag ist der Beginn der Arbeitswoche und
damit Symbol für Mühe und Banalitäten und alltägliches Einerlei.
In jüdisch-christlicher Sicht ist er der zweite Tag der Woche, die
UNO hat den Montag zum ersten Tag der Woche gemacht. In Kalendern,
Fahrplänen, Flugplänen hat der Montag die Ziffer „Eins“. Aber
– wie gesagt – er ist der zweite Tag der Woche.
Die
meisten Menschen unserer Gesellschaft leben in einem
Arbeitsrhythmus, wo der Montag der Beginn einer Arbeitswoche ist.
Wie jeder Tag, hat auch der Montag tausendvierhundertvierzig
Minuten. Jeder Augenblick des Tages hat seine Besonderheit. So wünsche
ich Ihnen, dass Sie das Besondere, das Neue des heutigen Tages
erleben. Roger Schutz, der 89-jährige Gründer der ökumenischen
Gemeinschaft von Taizé, formuliert das so: „Jeden Morgen den
heraufziehenden Tag in Empfang nehmen, in jedem Menschen schafft
Gott Neues. Im Heute Gottes leben, das ist das Wichtigste. Morgen
wird wieder ein Heute sein“.
Dienstag,
29 Juni 2004
Alles
Gute zum Namenstag wünsche ich allen, die Peter oder Paul heißen.
In
der Bibel begegnet uns Petrus als Besitzer eines kleinen
Fischereibetriebs. Sein Bruder Andreas hat ihn zu Jesus gebracht.
Eine Bibelstelle am Ende des Johannesevangeliums bedeutet mir persönlich
viel:
Nach
dem Tod Jesu, in einer sehr traurigen Situation der Verlassenheit
ergreift Petrus die Initiative, dass sie wieder zum Alltag zurückkehren.
Er sagt: „Ich gehe fischen“. Die anderen Jünger kommen mit.
Eine sehr geheimnisvolle Stimmung wird gezeichnet. Jemand steht am
Strand, der ihnen sagt, dass sie die Netze noch einmal auswerfen
sollen. Und als sie es tun, fangen sie tatsächlich eine ganze Menge
Fische – hundertdreiundfünfzig große Fische, heißt es. Auf
einmal bemerkt der Lieblingsjünger, dass es Jesus ist, der da am
Strand steht. Petrus reagiert sofort. Er springt ins Wasser. Dann
zieht er das Netz mit den vielen großen Fischen allein heraus. Und
obwohl das Netz so voll war, riss das Netz nicht.
Petrus
wird hier als impulsiv beschrieben, er setzt seine Kräfte ein. Für
wichtig halte ich, dass das Netz trotz der vielen Fische nicht
zerreißt. Das heißt, dass die Einheit der Kirche, die aus so
vielen verschiedenen Menschen besteht, gewahrt bleibt. Diesen
Petrusdienst brauchen wir heute mehr denn je, Menschen, die sich
einsetzen, damit die Einheit wieder zustande kommt.
Mittwoch,
30. Juni 2004
Wenn
Sie jetzt den Morgengedanken zuhören, hat sicher auch schon in der
Benediktinerinnenabtei Nonnberg in Salzburg der Tag schon lange
begonnen.
Dort
feiern die Schwestern heute, am 30. Juni das Fest ihrer Stifterin,
der heiligen Erentrudis. Vor etwas mehr als 1300 Jahren kam sie mit
ihrem Onkel, dem Hl. Rupert, hierher nach Salzburg. Um 714 wurde die
Abtei Nonnberg gegründet. Erentrudis war bei der Gründung der
Klostergemeinschaft nicht auf sich allein gestellt, einige
Freundinnen haben sie begleitet, und allesamt waren sie sehr
gebildet. Missionarische Begeisterung, viel Lebenserfahrung und ein
gewisser mütterlicher Zug standen hinter den vielfältigen Aktivitäten,
mit denen Erentrudis den Bewohnern Salzburgs zu Hilfe kam. Die Völkerwanderung
hatte verheerende Spuren hinterlassen und die Bevölkerung war sehr
arm. Erentrudis und ihre Mitschwestern betreuten Arme und Kranke und
sorgten für die Schulbildung von Kindern wie Erwachsenen.
Erentrudis war eine beeindruckende Persönlichkeit, sie wurde aber
leider nicht älter als 55 Jahre. Bald nach ihrem Tod ist sie als
Heilige verehrt worden, unzählige Pilger sind zu ihrem Grab
gekommen, um in allerlei Lebensnöten Hilfe zu suchen.
In
der Kunst wird die heilige Erentrudis dargestellt als Äbtissin mit
einem Kirchenmodell, mit flammendem Herzen und Kreuz. Erentrudis ist
auch die dritte Landespatronin Salzburgs.
Es
braucht so wie damals auch heute Menschen, die mit hoher
Sachkenntnis und viel Mut und mit einem inneren Feuer sich einsetzen
dort, wo sie leben.
Donnerstag,
1. Juli 2004
Der
Weisheitslehrer Kohelet aus dem 3. Jahrhundert vor Christus schreibt
in seiner großartigen Meditation „Alles hat seine Stunde, für
jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit: Eine
Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben, … eine Zeit zum
Weinen und eine Zeit zum Lachen, eine Zeit für die Klage und eine
Zeit für den Tanz, …“ Welche Zeit haben Sie
gerade?
Der
Beginn eines Monats kann sehr anregend sein zum Nachdenken darüber.
Noch dazu beginnt mit dem 1. Juli unweigerlich die zweite Hälfte
des Jahres. Für viele beginnt aber auch die Zeit der Erholung unter
der wärmenden Sommersonne, es ist Zeit aufzutanken, Kräfte zu
sammeln, Freundschaften, Familienbeziehungen zu pflegen und
verschiedensten Interessen nachzugehen. Was für die einen
allerdings lang ersehnte Urlaubsfreude ist, bedeutet für die
anderen Arbeit und Hochsaison. Welche Zeit haben Sie also gerade?
Das
Geheimnis der Kraft, die viele Menschen haben, ist, dass sie im
„Hier“ und „Jetzt“ leben. Sie verstehen es, den rechten
Zeitpunkt zu erkennen, den „kairós“. Der „kairós“ ist der
alte griechische Gott des rechten Augenblicks. Auf Darstellungen trägt
er vorn einen dichten Haarschopf, hinten ist sein Kopf
kahlgeschoren. So kann ihn greifen, wer ihm begegnet – ist er
vorbei, kann ihn keiner mehr erreichen. Davon leitet sich die
Redensart ab: „eine Gelegenheit beim Schopf packen“.
Dass
Sie in der jeweiligen Gegenwart, in der Zeit, in der Sie leben –
und zwar jetzt – das Richtige tun, wünsche ich Ihnen zu Beginn
der zweiten Jahreshälfte.
Freitag,
2. Juli 2004
Im
christlichen Heiligenkalender ist am 2. Juli das Fest „Mariä
Heimsuchung“ eingetragen. Das Wort „Heimsuchung“ hat zur Zeit
leider eine schlechte Bedeutung, meint aber einfach einen Besuch, in
einem durchaus guten Sinn. Das Fest „Mariä Heimsuchung“
erinnert an den Besuch Marias bei Elisabeth. Der Evangelist Lukas
gestaltet berührende Szenen der Verkündigung. Zacharias und
Elisabeth, einem betagten Ehepaar, wird vom Engel Gabriel die Geburt
eines Sohnes angesagt. Der Engel Gabriel kündet aber auch der
jungen Maria die Geburt eines Sohnes an.
Dann
lässt der Evangelist Lukas Maria aus Nazareth in Galiläa ins judäische
Bergland gehen. In einer Stadt, die nicht genannt wird, wohnen
Zacharias und Elisabeth. Die beiden schwangeren Frauen begrüßen
einander.
„Als
Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib.
Elisabeth wurde von heiligem Geist erfüllt und erhob ihre Stimme
mit lautem Ruf und sprach: Gesegnet bist du, unter den Frauen, und
gesegnet die Frucht deines Leibes.…“, so der Evangelist Lukas.
Für
mich persönlich ist noch ein anderer, menschlicher Gesichtspunkt
bemerkenswert. Die alte, bisher kinderlose Frau und die junge
unverheiratete Frau begegnen einander. Der Evangelist bezeichnet die
beiden Frauen als miteinander verwandt, aber nun sind sie in ihrer
Schwangerschaft einander noch viel intensiver näher gekommen. Eine
Frau, die ihres Alters wegen mehr zurückschaut, tritt in Beziehung
mit einer Frau, die auf Grund ihrer Jugend ihr Leben vor sich hat.
Durch ihre Schwangerschaft sind sie in froher Zuversicht,
ausgerichtet auf die Zukunft, guter Hoffnung.
Samstag,
3. Juli 2004
Thomas
gehört zu den beliebten Vornamen. Heute feiern wir sein Fest.
Für
gewöhnlich bekommt Thomas das Etikett „der Zweifler“ verpasst.
Ich bin aber der Meinung, dass man ihm damit nicht gerecht wird. Die
Bibelstelle, in der wir am meisten über ihn erfahren können,
finden wir am Ende des Johannesevangeliums. Dort lesen wir, dass er
nicht dabei gewesen ist, als der auferweckte Jesus seinen Jüngern
begegnet ist. Damit hat er ja die gleichen Ausgangspositionen wie
wir. So wie wir ist auch Thomas angewiesen auf das Zeugnis anderer.
Dass der Gekreuzigte lebt, weiß Thomas – wissen wir – vom Hörensagen.
Da erhebt sich Zweifel. Faszinierend finde ich, dass im Evangelium
die anderen Jünger Thomas nicht bedrängen. Sie legen Zeugnis ab:
„Wir haben den Herrn gesehen“. Aber sie zwingen ihn zu nichts,
und sie müssen auch gar nicht, denn den Glauben schenkt der
Auferstandene.
Was
aber ist Thomas so besonders wichtig? Er will glauben können, dass
Jesus, der Auferstandene, wirklich der ist, der durch den Kreuzestod
gezeichnet ist. Wenn der Gekreuzigte der Auferstandene ist, dann
kann man diesem Weg folgen. Der Weg führt durch das Leiden hindurch
und hat in der Auferstehung ein Ziel.
Thomas
erhält das Geschenk der Begegnung Jesu. Er ist der, der durch den
Tod hindurch ins Leben gekommen ist. Der Auferstandene ermuntert
Thomas – und damit uns – , wörtlich übersetzt „…und sei
nicht ohne Vertrauen, sondern habe Vertrauen!“
Worauf
darf Thomas vertrauen – und worauf dürfen wir vertrauen? Durch
seine sichtbaren Verletzungen ist Jesus mit den Leidenden der Welt
verbunden. Aus dem Tod heraus entsteht Leben.
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