Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von
Mag. Maria Wachtler, NÖ
Sonntag, 25. Juli 2004
Gesegneter
Aufbruch
Eine
neue Woche beginnt. Was wird sie bringen? – diese Frage steht an
jedem Anfang.
Aufbruch
ist Wagnis.
Ich
denke da an einen Mann, der vor fast 4000 Jahren aufgebrochen ist.
Es
ist Abraham. Seine Geschichte wird im ersten Buch des Alten
Testaments erzählt.
Abraham
war nicht mehr der Jüngste. Er war zeitlebens als Nomade
umhergezogen. Immer wieder auf der Suche nach einem neuen Flecken
Land. Genau in diese Situation hinein hört er die Stimme Gottes:
Brich auf, geh in ein Land, das ich dir zeigen werde. Ich will dich
segnen und du sollst ein Segen sein.
Abraham
bricht auf. Er bricht auf – und Gott ist mit ihm und segnet ihn.
Eine
neue Woche beginnt:
Viele
brechen in diesen Tagen auf in ihre Ferien. Sie tragen ähnlich wie
Abraham eine tiefe Sehnsucht im Herzen: eine Sehnsucht nach dem erfüllten
Leben. Sie packen ihre ganz persönlichen Träume in ihr Gepäck, Wünsche
nach geglückten Beziehungen, Hoffnung auf eine gute Zeit.
Und
Gott segnet ihren Aufbruch. Er geht mit ihnen. „Werde ein
Segen!“, Dieser Auftrag Gottes ergeht auch an uns. Dabei zählt
nicht, ob wir dazu auch äußerlich aufbrechen, oder weiter an
unserem Platz bleiben.
Es
muss nicht ein großer, außergewöhnlicher Aufbruch sein.
Jeder
von uns hat seine ganz persönlichen Aufgaben, die nur er
vollbringen kann.
Wohin
ruft Gott mich in dieser Woche?
Für
wen darf ich heute zum Segen werden?
Montag, 26. Juli 2004
Sei
gesegnet
Wir
kennen sie alle, diese Situationen: Eine lieber Kollege geht in den
Ruhestand, ein Freund feiert Geburtstag, jemand, mit dem man viel an
Freud und Leid geteilt hat, begeht ein besonderes Fest. Manchmal
sitzen wir dann vor
einem Bogen Papier und suchen nach Worten. Sie sollen treffend sein.
Worte, die zeigen, dass wir
es gut meinen. Wir suchen nach Wünschen, nach Segen. Segnen heißt
Gutes sagen, gut vom anderen sprechen, ihm Gutes zusagen. Wenn ich
jemandem Segen wünsche, dann danke ich dabei Gott, dass er diesen
Menschen erschaffen hat. Mein Dank verbindet sich aber zugleich mit
der Bitte, ihn weiterhin zu beschützen. All meine guten Wünsche
gingen ins Leere, wenn sie nicht von Gottes Liebe und Erbarmen
mitgetragen würden.
Einen
großen Weisheitsschatz an Segenswünschen kennt die irische
Tradition. Einen davon möchte ich Ihnen für heute zusagen:
Möge
Gott dir immer gewähren:
Sonnenstrahlen,
die dich erwärmen,
Mondlicht,
das dich verzaubert,
einen
Engel, der dich vor Schaden bewahrt,
Lachen,
das dich erfreut,
treue
Freunde, die in deiner Nähe sind,
und
wann immer du betest,
dass
der Himmel dich hört.
Ich
wünsche Ihnen einen segensreichen Tag!
Dienstag, 27. Juli 2004
Schön,
dass es dich gibt
In
meiner Jugendzeit war ich begeisterte Jungscharführerin. Ich liebte
die Freude, das Spiel und die Gespräche.
Einmal
hatten wir in unserer Pfarre eine Glaubensmission. Einer der
Missionare sagte mir damals einen Satz, der mich mein ganzes Leben
begleitete: „Schön, dass es dich gibt!“
Fünf
schlichte Worte, die Großartiges ausdrücken.
Mit
der Zeit lernte ich zu erfühlen, welch tiefe Weisheit da dahinter
steckt.
Schön,
dass es mich gibt! Schön, dass ich so sein darf, wie ich bin.
Wir
alle sind aufgehoben im Ursegen der Schöpfung.
Gott
sah, dass es gut war und er segnete sein Werk, heißt es im Buch
Genesis.
Wir
dürfen staunen über unser Dasein.
Staunen
auch über die uns anvertrauten Menschen in Familie, Beruf und
Freundeskreis. Schön, dass es sie gibt, diese Menschen, die unser
Leben bereichern.
Mitten
im anstrengenden, scheinbar immer gleichen Alltag, versuche ich,
mich an diesen Satz zu erinnern: Schön, dass es mich gibt!
Schön,
dass es Menschen gibt, für die ich da sein darf. Denen ich zum
Segen werden darf.
Schön
dass es dich gibt, durfte ich vor kurzen auch zu diesem Priester
sagen, als er seinen achtzigsten Geburtstag feierte. Und ich sehe an
seinem Vorbild, wie viel Erfüllung ein Leben bringt, das anderen
zum Segen wird.
Mittwoch, 28. Juli 2004
Behüt
dich Gott!
Es
gibt Kindheitserinnerungen, die man nie vergisst.
Für
mich gehört dazu der Duft des frischen Brotes im Hause meiner Großeltern.
Meine
Großmutter zeichnete mit dem Messer drei Kreuzerl auf das Brot,
bevor es angeschnitten wurde.
Dieses
schlichte Segenszeichen hat sich tief in mein kindliches Herz
eingeprägt.
Ähnlich
ging es mir mit dem Kreuzzeichen, das meine Mutter jeden Abend auf
meine Stirn zeichnete.
Segenszeichen
sind wichtig für uns. Wir haben Sehnsucht danach, unseren Alltag
mit Gott zu verbinden. Dieses Zeichen weist darauf hin, dass nicht
alles von uns machbar ist. Das
Wesentliche in unserem Leben wird uns geschenkt.
Besonders
erfahren wir das an den Knotenpunkten unseres Lebens.
Wenn
ein Kind für länger weggeht, wenn sie vor dem Operationssaal
liegen und warten, bis sich die Tür öffnet und Sie hinein
geschoben werden, wenn Sie einen geliebten Menschen besuchen und
wissen, dass er vielleicht nicht mehr lange leben wird,
dann
brauchen wir schlichte Worte und Zeichen.
Zeichen,
die all das ausdrücken, was wir noch sagen wollen: Ein Kreuzzeichen
auf die Stirn und die Worte: Behüt dich Gott!
Das
ermöglicht einen Abschied mit dem man getrost weiterleben kann.
Donnerstag, 29. Juli 2004
Heile,
heile Segen!
Heile,
heile Segen!
Morgen
gibt es Regen,
Übermorgen
Sonnenschein
Und
dann lacht mein Kindelein!
Das
ist eine Variation des Kinderreimes, den Sie sicher selbst schon als
Kind hörten.
Sind
ihre Kinder schon dem Alter entwachsen, wo sie diesen Reim für sie
sprachen?
Ich
weiß als Mutter aus eigener Erfahrung, wie schnell ein
Kinderschmerz vergeht, wenn man den kleinen Liebling in die Arme
nimmt und fest drückt.
Zuwendung,
Aufmerksamkeit, Beachtung und viel Liebe, das ist die Medizin, die
aufgeschundene Händchen und Füßchen schnell wieder heilt.
Wenn
dann noch der Zuspruch kommt: „Du schaffst
es! Komm, probier es noch einmal! Ich bin da, wenn du mich
brauchst!“, dann ist die Kinderwelt wieder in Ordnung.
Gilt
das eigentlich nur für unsere Kleinen?
Brauchen
wir Erwachsene nicht genauso diese Zauberformel?
Jemanden,
der uns in unseren großen und kleinen Schmerzen anhört, uns ernst
nimmt. Jemand, der uns trotz Versagens wieder etwas zutraut.
Der
uns Gutes zuspricht, und Mut macht, darauf hinweist, dass wir das
schon schaffen!
Dieser
Jemand wäre ein Segen für solche Stunden.
Halten
wir heute die Augen offen. Vielleicht werden wir entdecken,welch
segensreiche Kraft in dieser Zauberformel steckt.
Freitag, 30. Juli 2004
Segen
der Dankbarkeit
Ist
Ihnen heute schon der Gedanke gekommen, ob dieser Morgen für Sie
wirklich gut ist? Ein Morgengebet eines westafrikanischen
Christen beginnt mit folgenden Sätzen:
Herr,
ich werfe meine Freude wie Vögel an den Himmel. Die Nacht ist
verflattert und ich freue mich am Licht. Deine Sonne hat den Tau
weggebrannt vom Gras und von unseren Herzen. Was da aus uns kommt,
was da um uns ist an diesem Morgen, das ist Dank. Das All und unsere
Herzen sind offen für deine Gnade.
Soweit
ein paar Gedanken aus diesem beeindruckenden Gebet.
Vielleicht
entspricht es nicht ganz unserer Mentalität, unsere Dankbarkeit so
überschäumend zu formulieren.
Aber
ich glaube dass wir umso besser daran erkennen können, worum es
geht: Dankbare Menschen sind offene Menschen. Sie sehen die Dinge
des Alltags in einem größeren Zusammenhang. Sie wissen, dass das
Wesentliche in ihrem Leben nicht machbar oder kaufbar ist. Sie
wissen, dass sie sich letztlich Gott verdanken.
Dankbare
Menschen können es sich leisten, die Hände offen zu halten. Dieses
Wechselspiel von Geben und Nehmen bringt Segen für unser Leben. Es
lässt uns zu weisen Menschen heranreifen, Menschen, die das Schöne
und Schwere annehmen. Die nicht verbittern im Schweren und nicht übermütig
werden im Glück. Das führt zu jener Weisheit des Alters, die
manchen Menschen eine unglaubliche Ausstrahlung schenkt. Kennen sie
diese leuchtenden Augen im Gesicht eines Menschen, das vom Leben
gezeichnet ist? Augen voll Dank und Segen.
Samstag, 31. Juli 2004
Das
Ringen um den Segen
Wir
haben in dieser Woche vielfältige Seiten des Segens kennen gelernt.
Den
Ursegen, den Gott seit Anbeginn unserer Welt zusprach: „Alles ist
gut!“, darauf dürfen wir vertrauen.
Wir
sind gesegnet, schon lange, bevor wir etwas leisten mussten.
Dennoch
gibt es Zeiten im Leben, wo der Segen Gottes sehr ferne erscheint.
Mag
sein, dass wir uns selbst aus der Ordnung Gottes herausgestellt
haben, oder ein Schicksalsschlag scheint uns einfach zu schwer.
Ich
denke da an Jakob, von dem im Alten Testament erzählt wird. Er hat
Schuld auf sich geladen. Er hat sich Rechte erschlichen, die seinem
Bruder Esau zugestanden wären. Das macht ihm nach einiger Zeit zu
schaffen. Er will wieder Ordnung bringen in sein Leben. Er ringt mit
einem Boten Gottes eine ganze Nacht hindurch. Es war das innerliche
Ringen in der Zeit seiner eigenen Finsternis. Doch dann sagt Jakob
zu dem Widersacher: „Ich lasse dich nicht los, bis du mich
segnest!“ Hinkend und als neuer Mensch geht er aus dieser Nacht
hervor. Verletzt, aber gesegnet geht er seinen weiteren Lebensweg.
Zuweilen
suchen auch wir für offene Fragen in unserem Leben eine Antwort.
Zuweilen
ringen auch wir lange um Segen. Jakob zeigt uns, dass Gott seinen
Segen schenkt, egal, was uns zu schaffen machte. Und gesegnet dürfen
auch wir dann dem neuen Morgen entgegengehen.
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