Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von
Pfarrerin Margit Geley, Salzburg
Sonntag,
28.11.2004
Guten
Morgen an diesem ersten Adventsonntag. Ich freue mich, dass es
Advent wird. Ich freue mich über den Adventkranz, der auf meinem
Tisch steht, den ich heute zum ersten Mal anzünden darf. Ich freue
mich auf die schönen Adventlieder, die wir heute in der Kirche
singen werden. Ich freue mich auf die Zeit, in der die Tage kurz und
die Nächte lang sind, wo man Kerzen anzünden und Kekse backen
kann. Eine Zeit, in der Geschichten gelesen und Lieder gesungen
werden.
Besonders
denke ich heute an Maria und Josef, ich frage mich: was haben die
beiden wohl gemacht, so einen Monat vor der Geburt von Jesus? Sie
waren ja noch in Nazareth. Josef hatte dort eine Tischlerwerkstatt.
Ich denke, dass er wohl ein Bettchen für sein Kind gebaut hat und
einen Tisch, auf dem Maria Jesus wickeln würde, Regale, um die
Windeln und etwas Gewand abzulegen und das Öl zum Eincremen.
Ich
stelle mir vor, wie Maria alles bereit stellt – etwas zu früh,
sie weiß ja, dass sie noch nach Bethlehem und zurück müssen vor
der Geburt. Wahrscheinlich war sie aufgeregt, wie die Geburt sein würde,
wie es mit dem Kind werden wird. Vielleicht hat sie ihre Mutter
gefragt, wie war das bei dir? Maria und Josef haben sich bereit
gemacht ihr Kind willkommen zu heißen in dieser Welt.
Montag,
29.11.2004
Der
Alltag des Advent beginnt wieder und vielleicht türmt sich vor
ihnen auch ihre Liste auf, mit all den Dingen, die sie gern machen
wollen und die sie machen müssen in diesen Wochen bis zum Höhepunkt
am Heiligen Abend. Geschenke kaufen, Kekse backen, Weihnachtsputz,
Weihnachtsschmuck, Weihnachtsfeiern, zu denen man gehen möchte. Überlegen,
wann sie wo den Christbaum kaufen werden, wer zu Weihnachten
eingeladen oder besucht werden will, was dieses Jahr alles gekocht
werden soll zu den Feiertagen und was sie dazu einkaufen müssen.
Darüber nachdenken, wie dieses Jahr gefeiert werden soll, so wie
immer, oder anders, wie es schön und harmonisch werden kann, ein
schönes Fest der Liebe.
All
das sind wichtige Dinge und wenn sie in Ruhe erledigt werden können,
dann machen sie viel Freude. Vielen Menschen geht es aber so, dass
sich all diese Dinge kaum noch ausgehen, da ja die normale Arbeit
auch noch erledigt werden will. Dann wird der Stress groß, die
Freude am Schenken und beschenkt Werden geht verloren, die stille
Zeit wird zur gehetzten Zeit.
Ich
möchte darüber nachdenken, was ich lassen kann, von all den
Dingen. Muss es heuer perfekt sein? Oder darf z. B. die Wohnung ohne
Generalputz auskommen, wer sieht das schon bei der weihnachtlichen
Beleuchtung am Heiligen Abend? Und immerhin: im Stall bei Maria und
Josef war es ja auch nicht ganz so ordentlich.
Dienstag,
30.11.2004
Meine
Gedanken springen vor zum Heiligen Abend und zurück zu Maria und
Josef im Stall vor mehr als 2000 Jahren. Ich frage mich: wie ist es
ihnen da ergangen?
Zwei
junge Leute, allein mit einer Geburt, kein besserer Platz als ein
Stall, in den jemand sie hinein lässt, um das Kind auf die Welt zu
bringen. Nichts ist so, wie sie es wohl geplant hatten. Es gibt
keine Hilfe, keine Mutter, keine Hebamme. Maria ist ganz auf die
Hilfe von Josef angewiesen, nur hatte der ja auch nicht viel Ahnung.
Vielleicht
war die Atmosphäre dort im Stall angespannt und voller Angst,
vielleicht war da die Harmonie ganz weit gerückt für die beiden.
Vielleicht haben sie gestritten vor Müdigkeit und Erschöpfung und
Schmerz und Einsamkeit. Vielleicht war diese Nacht für Maria und
Josef kein „Heiliger Abend“.
Aber
dann kommt der kleine Bub zur Welt, der erste Sohn, der kleine
Jesus. Sie haben es gemeinsam geschafft, das Kind wurde in die Welt
geboren und Maria hat es überlebt. Frohes Staunen, Freude und Glück
haben sich da wohl ausgebreitet über dieses Wunder des Lebens, über
dieses Kind. Noch immer war es nur ein Stall, noch immer waren sie
allein und ohne Hilfe, noch immer war alles chaotisch – doch die
Geburt des kleinen Jesus hat alles verändert, wie wenn in dieser
dunklen Nacht ein Licht aufgegangen wäre.
Mittwoch, 01.12.2004
Heute
ist der 1. Dezember – die Kinder dürfen endlich das lang ersehnte
erste Türchen im Adventskalender aufmachen. 24 Tage noch bis
Weihnachten. Die Aufregung der Kinder steigt von Tag zu Tag. Kinder
erleben Weihnachten voller Staunen und Aufregung. So viel
Geheimnisvolles umgibt sie. Jesus hat einmal gesagt: „Wer sich
Gottes neue Welt nicht
schenken lässt wie ein Kind, wird nicht dorthin kommen.“ Und ich
denke, dass da viel Wahres drin liegt. Für uns Erwachsene, die wir
sozusagen hinter die Kulissen eines Festes schauen, die wir diese
Kulisse ja erzeugen – für uns ist es schwerer sich diesen Zugang
des Staunens zu erhalten.
Ein
Baum, den ich kaufe, schmücke, den ich selbst im Zimmer verstecke,
an dem ich die Kerzen anzünde und dann die Glocke läute – so ein
Baum ist nicht so geheimnisvoll und aufregend, wie der Baum, den das
Christkind heimlich bringt und der dann in all seinem Glanz
erstrahlt. Und so denke ich, dürfen wir von den Kindern lernen, die
die Geheimnisse des Feierns so gut kennen. Vielleicht gelingt es,
dass das Christkind auch uns beschenkt, dass auch wir uns berühren
lassen, von dem Geheimnis der Geburt des Jesuskindes. Vielleicht können
auch wir Erwachsenen einen Weg finden, dass uns Weihnachten in
Freude und Aufregung versetzt.
Donnerstag, 02.12.2004
In
diesem Advent heuer beschäftigt mich das Thema: ich mache mich
bereit für die Geburt Jesu. Und ich frage: wie mache ich mich
bereit? Wie kann ich mein Leben gestalten, dass dieses
Weihnachtsfest, an dem wir ja die Geburt Jesu feiern, dass dieses
Fest Platz hat in meinem Leben. Ich möchte das Wunder der Geburt
dieses Kindes erfahren und nicht nur darauf zu stolpern und davon überrumpelt
werden, um dann froh zu sein, dass wieder ein Jahr lang eine Ruh
ist.
Mich
bereit machen - Advent
feiern. Ich merke, dass ich noch keine Antwort gefunden habe, was
das genau bedeutet. Aber die Frage macht in mir Raum und ein anderes
Bewusstsein, obwohl ich noch keine Antwort weiß. Also lasse ich mir
die Frage gefallen in meinem Leben: wie mache ich mich bereit für
Weihnachten?
Bereit
sein, dann am 24.12. in Ruhe angekommen sein, dann sagen zu können:
ich hatte heuer aber einen erfüllten Advent, dann am Heiligen Abend
sich freuen können darüber, wie der Abend dann ist.
Bereit
sein: vielleicht wird es ganz anders als geplant – so wie bei
Maria und Josef, vielleicht darf es einfach so sein, wie es ist,
etwas chaotisch, laut und aufgeregt und dann wieder voller Berührung
über das Wunder der Geburt eines Kindes.
Freitag, 03.12.2004
Es
gibt ein kleines Detail in der Weihnachtsgeschichte, das ich heute
in den Mittelpunkt stellen möchte. Es kommt in der Bibel vor, neben
den Eltern und dem Kind, neben den Hirten und den Engeln und den Königen,
die das Kind anbeten – dort in dieser wichtigen Gesellschaft hat
es auch seinen Platz: die Windel. „Ihr werdet ihn finden, in
Windeln gewickelt...“, oder beim Lied: „Ihr Kinderlein
kommet“, heißt es in der 2. Strophe: „ in reinlichen Windeln
das himmlische Kind“.
Was
tut die Windel in der Weihnachtsgeschichte? Es ist doch ganz normal,
dass ein Baby Windeln braucht. Trotzdem wird es hier erwähnt, nicht
die Decke, nicht die Babykleider, sondern die Windeln. Ich denke,
dass die Windel etwas ist, das uns Menschen miteinander verbindet.
Der reichste und der ärmste Mensch, die Königstochter und das Bürgerkind,
Mädchen und Buben, gescheite und weniger gescheite Personen –
alle haben gemeinsam: sie hatten als Babys Windeln gebraucht.
Vielleicht
kommt also die Windel in der Bibel deshalb vor, damit wir wissen:
Jesus war ein Mensch, er ist als normales Kind geboren, er hatte wie
wir Windeln gebraucht, er ist nicht anders und heiliger in diesem
Bereich. Jesus ist als Mensch geboren, wie gut, dass auch er Windeln
gebraucht hat!
Samstag, 04.12.2004
Die
erste Adventwoche neigt sich dem Ende zu, der Nikolaus und der
Krampus stehen schon quasi vor der Tür. Dennoch möchte ich noch
mal zurückblicken auf diese erste Adventwoche und sie genau
anschauen: Hatte ich Zeit, um zur Ruhe zu kommen? Hatte ich Zeit für
mich? Wo ist es mir gelungen, Freude an all meinen Vorbereitungen
und Überlegungen zu empfinden? Konnte ich mir in dieser ersten
Woche des Advent Zeiten herausnehmen, die nur mir und meinen Bedürfnissen
gegolten haben?
Maria
und Josef sind vielleicht schon aufgebrochen nach Bethlehem um sich
zählen zu lassen und wir wissen, dass das Jesuskind im Stall
geboren werden wird. Und wer schon ein Kind geboren hat weiß, dass
sie es nicht gern allein in einem Stall bekommen hätte, dass das
gar nicht so idyllisch war.
So
war diese damalige Heilige Nacht gar nicht perfekt und nichts war,
wie geplant. Dennoch ist das Kind geboren, dennoch wurde
Weihnachten. Weihnachten braucht keine perfekte Umgebung!
Weihnachten braucht Menschen, die sich von dem Wunder der Geburt
eines Kindes berühren lassen können.
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