Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

Direktor Johannes Fenz
(Karl, Burgenland)

 

Sonntag, 12. Dezember 2004

Gaudete - Freuet euch!

 

Freuet euch! so lautet der Ruf am heutigen Tag. Freude - ein Gefühl, das gesund macht, ein Gefühl, das stärkt; ein Gefühl das ausstrahlt und ansteckt. Ich weiß, unser Leben besteht nicht nur aus Freude. Dazu bringt der Alltag zu vieles das nachdenklich stimmt, das Sorgen macht, das vergrämt, das zur Vereinsamung führt. Gerade in solchen Lebensphasen braucht es Momente der Freude.

Freude kommt nicht auf Knopfdruck, Freude lässt sich nicht machen und nicht befehlen. Freude will geboren werden. Freude will ausstrahlen und man muss sie gewähren lassen.

Freude lässt sich auch schenken. Ein ermutigendes Wort zur Nachbarin, ein vorweihnachtlicher Besuch bei Freunden oder sich Zeit nehmen für die Kinder: das macht Freude. Es müssen keine teuren Geschenke sein. Kleine persönliche Dinge schenken und sich für andere Zeit nehmen, das freut mehr.

Als Christ freue ich mich, dass dieses kleine unscheinbare Kind, das so bescheiden im Stall zur Welt gekommen ist, diese Welt nachhaltig zum Positiven verändert hat. Mit einem zarten sanften Lächeln hat dieses Kind Freude versprüht und uns damit gesagt: „Mach anderen Freude! Du wirst erfahren, dass Freude freut!“

 

 

Montag, 13. Dezember 2004

Advent - Zeit der Geborgenheit

 

Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie wir in meiner Kindheit Advent gefeiert haben. Meine Eltern und wir fünf Kinder saßen um den Adventkranz. Die Kerzen wurden angezündet und wir haben gemeinsam gebetet, gelesen, gesungen und über die vergangene Woche gesprochen. Cool habe ich das damals – vor dreißig Jahren - nicht gefunden. Aber ich habe mitgemacht. Heute weiß ich: Diese Rituale waren es unter anderem auch, die mir Geborgenheit vermittelten. Es war schön, wenn wir gemeinsam im Gebet der Verstorbenen gedachten, weihnachtliche Texte lasen und uns so gemeinsam auf die Geburt Jesu vorbereiteten. Es war eine Zeit der Ruhe, der Zufriedenheit und der Besinnung.

Heute verwende ich dasselbe Ritual, wenn ich mich mit meiner Familie auf Weihnachten vorbereite. Ich möchte unseren Kindern ein ähnliches Gefühl der Geborgenheit vermitteln. Mit brennenden Kerzen, einer leisen, beruhigenden Musik und mit einem gemeinsamen Gedenken versuche ich einen Rahmen zu schaffen, in dem sie inne halten und sich in Ruhe auf Weihnachten vorbereiten können. Ich möchte aufzeigen, dass es Alternativen gibt zur lauten Discomusik, zum vorweihnachtlichen karitativem Besäufnis und zum Weihnachtskitsch. Natürlich sind meine Kinder ungefähr so begeistert wie ich damals, vor dreißig Jahren. Aber sollte ich es deshalb aufgeben?

 

 

Dienstag, 14. Dezember 2004

Zeit der Ruhe!

 

Ein Baum hat seinen Rhythmus. Im Frühjahr treibt er aus und blüht, im Herbst reifen die Früchte und er wirft sein Lau ab. Im Winter ruht er sich aus, um im Frühjahr wieder mit voller Kraft seine Triebe sprießen zu lassen.

Ich denke, dass auch ich einen solchen Rhythmus bräuchte. Die Zeit die mir geschenkt ist, ist voll gestopft mit Terminen und Arbeit. Immer mit Volldampf voraus. Wenn es einmal etwas ruhiger wäre, suche ich mir eine Beschäftigung, weil ich es ohne eine solche nicht aushalte. Ich kann mich nicht entspannen. Ich lasse mich von dieser hektischen Vorweihnachtszeit anstecken, in der noch schnell alles erledigt werden muss, so als ob es nicht auch eine Zeit nach Weihnachten gäbe.

Jetzt, kurz vor Weihnachten erlaube ich mir den Luxus, zu keiner Weihnachtsfeier mehr zu gehen, keinen Termin mehr anzunehmen. Ich gönne mir Ruhe, um mich auf Weihnachten vorbereiten zu können. In der Ruhe liegt die Kraft, sagt eine Redensart. Nach dieser Ruhe wird es mir sicher gelingen, wieder mit Elan zu beginnen. Diese Ruhe sollte ich mir nicht nur im Advent sondern jede Woche und gönnen. Der Sonntag gibt mir die Möglichkeit dazu. Er lässt mich innehalten, Ruhe finden und Kraft tanken. Das Bild des Baumes, der seine Blätter abwirft um sich regenerieren zu können, ist mir dabei Vorbild.

 

 

Mittwoch, 15. Dezember 2004

Die Heilige Familie!

 

Vor Weihnachten haben wir das Bild der Heiligen Familie in der Krippe vor uns. So heil wie wir denken, war diese Familie gar nicht. Maria war mit Josef verlobt, aber nicht verheiratet. Noch bevor sie ein Paar wurden, erwartete Maria ein Kind. Josef wollte sich in aller Stille trennen. Er tat es dann doch nicht und sagte Ja zu Maria und Ja zum Kind. Mit 12 Jahren ist dieser Bub von zu Hause ausgerissen und wurde überall gesucht. Die Eltern machten sich wahrscheinlich große Sorgen. Er aber hörte im Tempel zu und diskutierte. Er lernte Tischler. Anstatt in seinem Beruf zu arbeiten zog er aus, um Wunder zu tun und Reden zu halten. Er gab sich mit Aussätzigen, Dirnen, Zöllnern und Sündern ab. Bis ihn die Frommen letztendlich ans Kreuz nagelten.

Dieses Bild hat wenig mit weihnachtlicher heiler Familienromantik zu tun. Es gibt aber allen Familien, die Probleme haben Hoffnung. Die Geburt Jesu zu Weihnachten ist eine Zeit des Neubeginns, eine Zeit des Heilens, eine Zeit der Versöhnung. Wenn ich bei Streitigkeiten in der Familie den ersten Schritt zur Versöhnung mache, dann ist Weihnachten. Wenn ich nicht verurteile sondern unterstütze, ist Weihnachten. Wenn ich meine Kinder mit ihren Fehlern annehme und sie begleite, dann ist Weihnachten. Wenn ich Beziehung und Partnerschaft lebe, dann ist Weihnachten. Und wenn Weihnachten gelebt wird, kommt Heil in meine Familie.

 

 

Donnerstag, 16. Dezember 2004

Geburt und Loslassen

 

Als Vater von drei Kindern weiß ich, wie faszinierend es ist bei der Geburt der Kinder dabei zu sein. Da sind alle Ängste, Sorgen und Bedenken, die man als Mann und Vater während der Schwangerschaft hatte, verflogen. Ob Maria und Josef auch soviel Trara um die Geburt ihres Sohnes gemacht haben, wie wir das heute tun? Ich glaube nicht. Aber die Freude darüber war wahrscheinlich genau so groß, wie sie heute ist. Sie ahnten bei seiner Geburt noch nicht, was einmal aus ihm werden würde. Sie haben ihren Sohn in Verantwortung groß gezogen, und losgelassen, als er seinen eigenen Weg gehen konnte. Loslassen ist eine Kunst, die mir nicht leicht fällt. Wenn die Kinder beginnen ihre eigenen Wege zu gehen, muss ich immer meinen „Kren“ dazugeben. Es fällt mir schwer, zuzusehen, dass sie anders denken und handeln als ich es gerne hätte. Ist es aber nicht das Recht der jungen Menschen anders zu sein als wir Alten? Meine Frau und ich haben unseren Kindern in den letzten Jahren einen Weg vorgezeigt, der sie gestärkt und bestärkt hat. Wir haben ihnen ein „Geländer“ gebaut, an dem sie sich festhalten können, damit sie nicht abstürzen. Wir haben ihnen – so hoffe ich - vermittelt, dass unsere Tür immer offen ist. Jetzt kommt die Zeit des Loslassens. Das ist nicht leicht. Damit die Kinder ihre eigenen Wege finden und sie später dann vorleben können, müssen wir sie als Eltern gehen lassen.

 

 

Freitag, 17. Dezember 2004

Es werde Licht - das wahre Licht!

 

Es werde Licht! Ich brauche nur mit einem Finger leicht auf den Lichtschalter zu drücken und schon ist der Raum hell; alles ist klar zu sehen. Wie einfach das geht. Ohne Licht würde ich herumirren, mich anstoßen und vielleicht hinfallen. Ich könnte die Dinge, die sich im Raum befinden, nicht sehen. In der Weihnachtszeit sind die Nächte lang und dunkel. Durch unzählige Beleuchtungen an Häusern, Christbäumen und Einkaufsstraßen wird Licht in das Dunkel gebracht. Für mich ist das künstliches, oft sogar kitschiges Licht. Nicht durch Elektrizität soll etwas leuchten, sondern durch die Tat und die Ausstrahlung der Menschen. Jesus Christus hat es uns vorgezeigt. Durch seine positive Einstellung zum Leben, durch das Heilen von Kranken, durch das Wahrnehmen der Nöten und dem danach handeln hat er geleuchtet. Wenn nur das künstliche Licht leuchtet, die Menschen selber aber kein Licht ausstrahlen, geht Weihnachten an seinem Sinn vorbei. Jesus Christus - das wahre Licht kam in die Welt um diese zu erhellen. Damit das gelingt braucht er auch uns.

 

 

Samstag, 18. Dezember 2004

Erwartung

 

Wir sind in Erwartung von Weihnachten, in Erwartung auf die Geburt Jesu Christi. Was erwarte ich von Weihnachten? Ich erwarte, dass man mich versteht. Ich erwarte, dass man Zeit für mich hat. Ich erwarte, dass man mich in Ruhe lässt, wenn ich sie brauche. Ich erwarte, dass ich meinen Arbeitsplatz behalten kann. Ich erwarte, dass ich gesund bleibe. Ich erwarte, dass es in meiner Familie keine Probleme gibt. Erwartungen über Erwartungen. Selten denke ich daran, dass andere Menschen das auch erwarten. Selten denke ich daran, dass ich selbst auch etwas dazu beitragen muss, dass meine Erwartungen erfüllt werden. Ich muss auch Zeit schenken, ich muss auch Ruhe zulassen, ich muss auch Sicherheit geben, ich muss auch gesund leben, ich muss auch meinen Teil dazu beitragen, dass Friede in der Familie herrscht.

Viele Menschen haben resigniert und sagen: „Ich erwarte von anderen nichts mehr!“ Da frage ich mich: Was haben diese Menschen alles erlebt, dass sie nichts mehr erwarten? Vielleicht wurden sie oft enttäuscht und ihre Erwartungen haben sich selten erfüllt. Vielleicht haben sie nur gegeben und nie bekommen? Von Weihnachten kann jeder Mensch etwas erwarten - dass durch die Geburt Jesu Christi die Hoffnung auf eine Erneuerung und Besserung der Welt besteht.