Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

Morgengedanken 19. – 25. Dezember 2004

 

von Johanna M. Hofer (Lendorf, Ktn.)

 

 

Sonntag, 19. Dezember 2004:

Weihnachten - Stress                                   

 

Am Adventkranz werden heute alle vier Kerzen angezündet. Es sind nur noch ein paar Tage bis Weihnachten.

Ich freue mich, dass ich Sie durch diese Woche begleiten darf. Eine Woche, die sicher noch voll gestopft ist mit Besorgungen, Hausarbeit und vielleicht stehen auch schon Besuche an...

Wann hat endlich dieser alljährliche Stress ein Ende?

Ich finde es traurig, dass wir uns in unserer Wohlstandsgesellschaft nicht gegen den Trubel und die Terminflut abzuschotten wissen,  uns  die „Zunge bis zum Boden hängt“ und wir scheinbar nichts dagegen tun können.

 

Ich habe es mir seit einiger Zeit schon zum Fixpunkt gemacht, jeden Tag mit einer viertel bis halben Stunde Meditation zu beginnen. Da läuft kein Radio, da ist noch keine Zeitung im Haus, - da brennt nur eine Kerze. Diese „Zeit für mich“, in der ich wach werden, beten,  nachdenken, oder  planen kann, erfüllt mich mit Ruhe, Klarheit und innerem Frieden.

Sie ist mir sehr wichtig geworden, denn nur wenn ich mit mir täglich ins Reine komme, kann ich auch mit anderen Menschen und Situationen  gut umgehen. Dann lässt mich die Weihnachtshetzerei der anderen kalt und ich schaffe es eher, mich nicht hineinziehen zu lassen.

 

Ich wünsche Ihnen einen ruhigen Sonntag. Versuchen  Sie einmal, sich ein paar stille Momente zu schenken – Sie werden sehen, dass es nicht nur Ihnen besser gehen , sondern auch auf andere abstrahlen wird....        

 

 

Montag, 20. Dezember 2004:

Weihnachten – Fest der Liebe und des Friedens

 

Weihnachten gilt als das Fest der Freude und trotzdem sind es fast nur mehr Kinder, die Freude dafür empfinden. Könnten wir uns nicht einmal dazu aufraffen, jemanden eine Freude zu machen?

Es heißt ja, dass alles zu einem zurückkommt.

Wenn ich Liebe säe, kann allein nach dem botanischen Prinzip ja nur wieder Liebe aufgehen, und wie eine Pflanze wird auch sie sich vermehren.

Ein frommer weihnachtlicher Wunsch ist auch Friede für unsere Welt.

„Und Friede auf Erden den Menschen, die guten Willens sind.“, heißt es in der Bibel.  Wenn Friede scheinbar  so einfach zu bewirken ist, wieso gibt es denn dann soviel Hass, Streit und Kriege auf der Welt?  Auch Kriegsmächte glauben, dass sie guten Willens sind, dass sie für etwas Gutes kämpfen. Doch wenn wir hinter die Fassaden schauen, erkennen wir, dass meist nur Machtgier und Egoismus hinter dem Deckmantel der Schützenhilfe als Rechtfertigung für Kriege anstehen.

Sei es bei den Unruhen im heiligen Land, im Irak, oder bei der derzeitigen Kampfweltmacht der USA. Alle sind sie besessen vom Gedanken, die Welt durch Gewalt verbessern und sicherer machen zu wollen. Doch so wie Liebe nur Liebe nach sich zieht, kann ja aus Gewalt auch nur wieder Gewalt resultieren. Und das gilt nicht nur für die große Weltpolitik sondern auch in den  einzelnen Familien.

Ich wünsche  Ihnen  ein dialogbereites  Klima  in Ihrer Familie und  falls das zurzeit nicht möglich ist, den Mut, den ersten Schritt zu einer Aussprache und Versöhnung zu machen.

 

 

Dienstag, 21. Dezember 2004:

Weihnachten – die Sehn-Sucht nach dem Glück                      

 

Gegen Ende eines Jahres wird gerne Bilanz gezogen. War das heurige ein

gutes Jahr? Habe ich alles erreicht, was ich mir vorgenommen habe? Bin ich

 

glücklich?

Ja, das Glück ist wohl die große Sehnsucht des Menschen.

„Das Glück ist ein Vogerl“, sagt der Volksmund. Es ist herzerfrischend, aber schreckhaft – und kann nicht festgehalten werden.  Als Dauerzustand kommt es eigentlich nur in den Märchen vor – „und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.“

Glück muss erarbeitet werden – es braucht bestimmte Voraussetzungen.

Z.B.  sind das aktive, positiv eingestellte  Menschen, die selbst überlegen, was sie beitragen können. Jene, die ständig nur auf das Glück WARTEN, die werden vergeblich warten.

Denn ich kann mehr in meinem Leben steuern, als ich mir vorstellen kann.

Ein dankbarer, bescheidener Mensch erlebt ja immer wieder solche kurzen Augenblicke, in denen er wunschlos glücklich ist; Momente, die einem dann Kraft geben für die schmerzhaften, deprimierenden Zeiten im Leben.

 

Ich bin davon überzeugt, dass sich das Glück auf jene gleichmäßig verteilt, die gerne etwas dafür tun und nicht übergroße Erwartungen  haben.

 

Vielleicht halten Sie heute Ausschau nach glücklichen Momenten – aber man sieht sie nicht immer gleich auf den ersten Blick!

 

 

Mittwoch, 22. Dezember 2004:

Weihnachten – Geschenke

 

In der Weihnachtszeit dreht sich vieles um Geschenke. Man hat sich eine Zeit lang darüber Gedanken gemacht, was dem anderen gefallen würde und  was er brauchen könnte. Und man schenkt ihm dann das und erwartet, dass er auch viel Freude damit hat. Manchmal fällt es schwer, die Verantwortung für das Geschenk abzugeben. Es liegt am Beschenkten, was er damit macht. Natürlich ist es schön, wenn das Geschenk gefällt, aber aufzwingen kann man es nicht. Der Beschenkte kann damit machen, was er will.

Wir sollten uns darauf konzentrieren, allzu große  Erwartungen an andere abzubauen. Es soll um die Freude über das Schenken gehen, nicht um die Materie. Materielles ist vergänglich, freudige Erinnerungen nicht. In unserer großen Familie beschenken wir – mit Ausnahme der Kinder – nur jeweils einen, der ausgelost wird. Dadurch kommen wir auch nicht so in den Einkaufsstress und wir können uns eher auf das Gemeinsame und die Weihnachtsbotschaft konzentrieren.

Gott hat uns auch ein Geschenk gemacht: seinen Sohn. Daran erinnern wir uns zu Weihnachten. Wenn er so wäre wie wir, nämlich, dass es uns stört oder wir vielleicht sogar beleidigt sind, wenn jemand unser Geschenk nicht mit Freude annimmt, - er müsste schon die Hoffnung aufgegeben  und sich frustriert von den Menschen abgewendet haben.

Doch er ist ein freundlicher Gott, einer, der dem Menschen die Freiheit lässt, der immer wieder verzeiht und uns damit Vorbild ist.

ER freut sich über jeden, der sein Geschenk  annimmt.

Ich wünsche Ihnen, dass Ihre Geschenke heuer gut ankommen und gerne angenommen werden!

 

 

Donnerstag, 23. Dezember 2004:

Weihnachten – Fest der Gemeinsamkeiten

 

Vielen Menschen bedeutet das Weihnachtsfest NICHTS mehr – außer Stress, Arbeit, Völlerei. Das finde ich schade, denn gerade dieses Fest der Freude, der Liebe und des Friedens soll  anstecken, soll ergreifen, soll positiv bewegen.

Für mich gehören zu wirklich ergreifenden Weihnachten mehr Zeit als sonst  und ein offenes Ohr für einander oder auch zusammen zu sitzen und miteinander zu spielen. Ja, auch Erwachsene sollten wieder mehr miteinander spielen – z.B. die guten, alten Karten- oder  Brettspiele, die heutzutage fast in Vergessenheit geraten sind. Miteinander zu spielen hilft uns sehr schnell aus dem pflichterfüllten Alltag auszusteigen. Spiele machen uns  wieder lebendig und spontan, wie es sonst  nur mehr  kleine Kinder sind.

Und nebenbei kommt man wieder miteinander ins Gespräch oder kann alte lustige Erinnerungen auffrischen.

Eines meiner Weihnachts-Highlights ist auch der Besuch der Christmette in der heiligen Nacht. Wir fahren da nicht etwa mit dem Auto hin,  sondern gehen zu Fuß und mit Laternen ausgerüstet ca. eine Dreiviertelstunde über einen Waldweg zur Kirche.  Dieses urtümliche Miteinander-auf-dem-Weg-Sein hat etwas Mystisches, Zauberhaftes an sich, das man mit Worten nicht beschreiben kann. Und es wirkt hier eine Kraft, die einem die Kälte, die Müdigkeit und die Bequemlichkeit vergessen lässt  - und die beflügelt.

Ich wünsche Ihnen, dass auch Sie für sich und Ihre Lieben Gemeinsamkeiten finden, die Sie ergreifen und beflügeln.

 

 

Freitag, 24.Dezember 2004:

Weihnachten - Fest der Familie

 

Ich mag sehr gerne das Lied von Chris Rea mit dem Titel „Driving home for Christmas“ – was soviel bedeutet wie: „Ich fahr gerade heim zum Weihnachtsfest.“ (Ich bin grad auf dem Weg nach Hause um Weihnachten zu feiern)

Es beschreibt die Empfindungen, die man hat, wenn man seine Arbeit zur Seite legen kann und heim zur Familie kommt, zu Menschen,  die für einen Heimat sind. Wo man seine Wurzeln hat und wo man sich geborgen fühlt, auch wenn es ab und zu unterschiedliche Meinungen gibt.

 

Dann, wenn scheinbar und offiziell alle fröhlich und selig sind, fliegen oft erst grad die Fetzen!!!

Weihnachten demaskiert, zeigt die wahren Empfindungen. Zwangsbeglückungen wie z. B. mit der Familie singen, beten oder Missverständnisse ausreden  bringen jetzt nicht unbedingt den Oberkick, wenn man das das ganze Jahr nicht getan hat.

Damit eine gemeinsame Feier in der Familie gelingt, sollte immer wieder an einer ordentlichen Kommunikation und am respektvollen Umgang miteinander gearbeitet werden.  Sozusagen, wird dieses Fest der Familie das ganze Jahr lang vorbereitet.

 

Ich wünsche Ihnen allen, ob Sie in der Familie, mit Freunden oder alleine feiern, dass sie heute Abend Freude, Dankbarkeit und ein Stück gemeinsame Heimat empfinden können.

 

 

Samstag, 25. Dezember 2004:

Weihnachten   -  

Fest der Menschwerdung Gottes   - was ist mit meiner Menschwerdung?  

 

Heute ist Christtag, das Fest der Geburt Jesu oder wie die Kirche sagt: das Fest der Menschwerdung Gottes.

Gott hat entschieden, unter die Menschen zu gehen, einer von ihnen  zu werden und als Mensch alles das zu erleben, was Menschen erleben: Geborgenheit, Freude, Bewunderung, Zuneigung und Liebe, aber auch Falschheit, Verfolgung, Verzweiflung und Todesangst. Man sagt, dass nur wenn jemand eine Situation selbst am eigenen Leib erfährt, kann er andere in der gleichen Situation erst ganz verstehen. Dieser Gott, der sich im alten Testament als der „Ich bin da“ geoutet hat, ist auch in unserer wirren Zeit da. Gerade, wenn’s uns schlecht geht, geht er mit.

Und was ist mit unserer  Menschwerdung? 

Führe ich mein Leben so, dass ich meine Fähigkeiten und Talente fruchtbar einbringen kann?  Oder funktioniere ich einfach nur in einem Gefüge von Menschen und Maschinen, ohne mein Herz bei der Sache zu haben?

Ich glaube, nur wenn ich mich dafür entscheide, mich selbst nach meinen  Fähigkeiten einzubringen, dann  werde ich erst zu dem Menschen, als der ich von meinem Schöpfer gedacht bin. Und nur dann werde ich auch etwas wie Erfüllung, Glück und Freude empfinden können, weil ich hinter meinem Tun einen tiefen Sinn erkennen kann. Ich werde auch alle Widrigkeiten, die  zwischendurch immer wieder auftauchen, besser überstehen und daraus sogar etwas lernen können. Ich glaube, Gott will ja, dass wir ein glückliches Leben führen. Er hat uns zumindest alle  Fähigkeiten ins Herz gelegt, um das auch zu erreichen. Wir müssen sie nur in uns suchen und freilegen!