Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

von Caritasdirektor Dr. Michael Landau

 

Dienstag, 4.Jänner 2005

Die Schreckensbilder der vergangenen Tage; sie erschüttern. Kinder, die weinend durch Ruinen stolpern, auf der Suche nach ihren Eltern. Mütter, Väter, Großeltern auf der Suche nach ihren Kindern, mit handgezeichneten Bildern in den Händen und mit bangem, fragendem Gesicht.

Auch unser Land beklagt die Toten, fühlt mit den Angehörigen, will den Trauernden beistehen, die Hinterbliebenen trösten. Hilfe ist dringend nötig, und sie wird auch geleistet. Und es ist unendlich wichtig, die Menschen nicht alleine, nicht im Stich zu lassen – nicht hier in Österreich und nicht in den betroffenen Ländern. Der Flut der Zerstörung muss nun eine Welle der Hilfsbereitschaft folgen!

 

Das Sterben hat einen Platz in unserem Leben; es ist ein Stück Realität, ein Stück menschlicher Wirklichkeit. Zu einer Kultur des Lebens gehört auch eine Kultur des Sterbens. Und auch wir werden unser Leben eines Tages in die Hand dessen, der es uns gab, zurücklegen müssen; und wir wissen nicht, wann das geschehen wird.

 

Als Christ bin ich überzeugt: Wir brauchen uns nicht zu fürchten, weil Gott uns auch und gerade dann nahe sein wird und weil das letzte Wort nicht der Tod, sondern die Auferstehung hat. Aber ich denke, es könnte sich lohnen, schon heute so zu leben, dass wir bereit sind, dass wir heute tun, was wir an Gutem eigentlich immer schon tun wollten. Der Tag ist kostbar. Der heutige Tag. Jeder Tag unseres Lebens.

 

 

Mittwoch, 5. Jänner 2005

Nach und nach erst wird das ganze Ausmaß der Flutkatastrophe sichtbar. Die Opferzahlen steigen.

Die Fakten sind bekannt. Was ich für entscheidend halte: Wir können die Toten nicht mehr lebendig machen. Aber wir können den Überlebenden helfen. Und wir können ein Zeichen setzen gegen Hilflosigkeit und Ohnmacht. Der Welle der Flut muss nun eine Welle der Hilfsbereitschaft folgen! Und da ist jeder und jede von uns wichtig. Was wir in der täglichen Caritasarbeit sehen: Jeder Euro zählt und kann Leben retten. Bereits 20 Euro sichern einer Familie im Katastrophengebiet für ein Monat das Überleben! Und vieles wird jetzt dringend gebraucht: sauberes Wasser, Medikamente, Nahrungsmittel, ein Dach über dem Kopf.

 

Die Hilfsorganisationen arbeiten hier Hand in Hand; und der ORF unterstützt diese Hilfe durch die Aktion Nachbar in Not. Aber klar ist auch: Ohne Ihre Hilfe, ohne die Hilfe der Österreicherinnen und Österreicher, sind wir als Hilfsorganisationen hilflos.

Jeder und jede von uns kann helfen, und diese rasche Hilfe ist unendlich kostbar. Es liegt auch an uns, wie es mit den Vätern, den Müttern, den Kindern in den am schlimmsten betroffenen Katastrophengebieten weitergeht; wie die Zukunft der Menschen dort aussieht und ob sie eine Zukunft haben.

 

Jeder Euro schenkt Hoffnung.

Wir können etwas ändern, und wir sollen es auch.

 

 

Donnerstag, 6. Jänner 2005

Die Bilder nach dem Beben haben viele erschüttert. Und wahrscheinlich werden manche auch in unserem Land schon sagen: ich kann und will die Not und das Elend nicht mehr sehen.

So nachvollziehbar das im ersten Augenblick auch sein mag: Wir dürfen nicht wegsehen, denn wir sind Bürgerinnen und Bürger einer Welt, Menschen, die zusammengehören, die füreinander Verantwortung tragen.

 

Hier gibt es in diesen Tagen aber auch vieles, das unendlich ermutigt.

Wir sind als Hilfsorganisation überwältigt von der großen Hilfsbereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher. Gebet, Mitgefühl, finanzielle Hilfe; all das ist wichtig. Bereits 20 Euro sichern einer Familie im Katastrophengebiet ein Monat lang das Überleben. Und da ist jeder Cent kostbar.

 

Wir können die Katastrophe nicht ungeschehen machen; aber wir können mithelfen, zumindest die materielle Not der Menschen zu lindern. Das sage ich mit einem großen Danke an alle Helferinnen und Helfer, aber auch an den ORF in seiner Verantwortung für die Aktion Nachbar in Not.

 

Und vielleicht macht uns das Vorgefallene auch ein wenig nachdenklich und empfindsam – für uns selbst und unsere eigenen Lebens-Prioritäten. Für andere Menschen, mit denen wir, gleich in der Würde, Bürgerinnen und Bürger dieser einen Welt sind. Und für die Schöpfung, die uns anvertraut ist, nicht zuletzt als Quelle unserer gemeinsamen Zukunft.