Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

von Dechant Richard Schwarzenauer

 

 

Freitag, 7. Jänner 2005

„Interreligiöser Dialog“

 

Vor kurzem hat mir ein junger Unternehmer beteuert: “Die Türken sind eine Gefahr für uns alle - speziell ihr Islam. – Wirst sehen: Die werden uns noch einmal überschwemmen. Dann ist es aus mit unserer Kultur und auch mit unserer Toleranz...“

Solche Rede finde ich gefährlich. – Warum? Weil sie jedes Miteinander der Kulturen stört, ja verhindert. Natürlich verstehe ich seine Sorge um unsere Identität. Doch: Haben wir so viel Angst nötig? Andere Kulturen und Religionen nur zu verteufeln, ist immer Zeichen eigener Schwäche. So etwas dient nie dem Miteinander und dem Frieden.

Jesus Christus hat uns auf Frieden eingeschworen.

Außerdem hat ER gesagt:“...Die Stunde kommt und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit...“ (Joh 4,23)

Für mich heißt das, dass nicht nur im Judentum oder Christentum richtig gebetet werden kann, sondern in jeder Religion.

Ehrliches, demütiges Beten „in Geist und in Wahrheit“ schätzt Gott bei jedem Menschen, ob er Christ, Muslim oder Hindu ist.

Ich meine, dass uns das Interesse an den anderen Religionen, wie es ja auch die Konzilsväter schon vor 40 Jahren eingemahnt haben, gut ansteht.

Wenn wir das nicht mehr können wollen als andere, braucht uns die Welt nicht wirklich nötig.

 

 

Samstag, 8. Jänner 2005

Hl. Severin“

 

Er hat ein buntes Leben geführt, der Hl. Severin, den wir heute feiern.

Eigentlich war er zum- Einsiedlerleben entschieden. Wenn aber die wilden Germanen über die Bewohner unseres heutigen Ober- und Niederösterreichs herfielen, hat er sogar seine Zelle verlassen, um Frieden zu vermitteln. Krieg war damals so normal - wie heute. Severin war überzeugt, Krieg ist falsch und teuflisch. Er kostet immer Menschenleben, und noch dazu bei den Unschuldigen die meisten. Severin war auch überzeugt, wir sind da auf dieser Welt, um Gottes Wunschtraum zu erfüllen. Und der heißt: „Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst.“

Menschen, die ihre Nachbarn traktieren, um zu mehr Besitz zu kommen;

Eheleute, die ihre Scheidung als Mittel benützen, um den Partner wirtschaftlich und seelisch zu ruinieren;

Jugendgangs, die ihr Revier mit Terror schützen...

 

Überall da wäre ein Hl. Severin von Nöten, der vermittelt und den Wahnsinn aufzeigt: Wie kann man Menschen umbringen, nur um Besitz und Macht zu mehren?

Doch nützt es wenig, fromm über den Hl. Severin zu reden, wenn man nicht selbst Konflikte unter Nachbarn schlichten, zumindest entschärfen will.

Es nützt wenig, den Severin „heilig“ zu nennen, wenn man selbst Kriege nicht mit allen Mitteln verhindert.

Und wer Bilder vom Hl. Severin aufhängt, dem Partei – Gegner aber nur Schlechtes unterstellt und alles zunächst blöd nennt, was die anderen sagen, lügt sich selbst etwas vor.

Ich meine: Ein solcher Severin zu werden, wäre jedem möglich – und uns allen sehr von Nöten.