Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

von Mag. Regina Polak

 

Sonntag, 6.2.2005

„Lachen und Erlösung“

Drei Arten von Erleuchtung gibt es. Da gibt es zunächst das „AH“: Wenn man ein unlösbares Problem mit dem Verstand gelöst hat. Dann das „OH“ – wenn man vor dem Heiligen verstummt. Und schließlich gibt es das „HAHA“  - das Lachen, wenn man einen Witz begreift. Wahre Jünger Jesu Christi werden Gläubige erst dann sein, wenn in den Kirchen und Versammlungsräumen bei der Verkündigung auch dieses Lachen zu hören ist. Dass Christ/innen nicht selten an Humorlosigkeit leiden, hat schon der Religionskritiker Friedrich Nietzsche wahrgenommen: „Erlöster müssten sie mir aussehen, dann würde ich ihnen glauben.“ schreibt er. Was hindert Christen eigentlich daran, zu lachen und erlöst auszusehen? Meine Vermutung: Viele glauben gar nicht so richtig, was sie glauben: an die Auferstehung, dass Christus den Tod besiegt hat. An das Kommen des Reiches Gottes aus der Zukunft und dass es schon da ist. Und daran, dass das Böse schon besiegt ist, endgültig und ein für alle Mal. Sie lächeln dazu und sagen: Schön wär´s ja. Erlösung hieße: es für wahr halten und befreit lachen. Die Übel und das Leid der Welt können dann trotzdem - oder gerade deswegen - benannt, bekämpft oder ertragen werden. Denn sie werden nicht das letzte Wort haben.

 

 

Montag, 7.2.2005

„Isaak – Das Lachen Gottes“

Als die alte Sarah mit fast hundert Jahren ihr erstes Kind bekommt, sagt sie: „Ein Lachen hat mir Gott bereitet“. Der Sohn heißt Isaak. Er wird einer der Gründerväter des Volkes Israel, erzählt das Alte Testament. Sein Name bedeutet: Lachen Gottes. Das Lachen Gottes ist stärker als das Lachen Sarahs und Abrahams. Denn die beiden haben auch gelacht, als Gott ihnen ankündigte, dass ihnen übers Jahr ein Sohn geboren wird: „Ich bin doch schon alt und verbraucht und soll noch das Glück der Liebe erfahren? Auch ist mein Herr doch schon ein alter Mann!“ Sarahs Lachen ist ein resigniertes Lachen. Sie hat akzeptiert, dass sie unfruchtbar ist, freilich ist sie enttäuscht. Doch dann bekommt sie trotzdem ein Kind. Die Erzählung lässt hoffen, dass bei Gott nichts unmöglich ist. Das enttäuschte menschliche Lachen findet seine Antwort im Lachen Gottes. Er kann Unfruchtbares zum Leben erwecken. Die Antwort Gottes auf unsere Resignation ist neues Leben. Als Isaak zur Welt kommt, sagt Sara: „Gott ließ mich lachen; jeder, der davon hört, wird mit mir lachen.“ Jetzt ist Sarahs Lachen ein erlöstes Lachen.

 

 

Dienstag, 8.2.2005

„Karl Rahner über das Lachen“

„Wir meinen mit Lachen nicht jene himmlische Freude, von der die Gottesmänner mild und sanft reden und die leicht ein wenig fad und säuerlich wirkt. Wir meinen das wirkliche Lachen, das schallt, wo man sich auf die Schenkel haut, wo man Tränen lacht. Jenes Lachen, das nicht sehr tiefsinnig ist und das Menschen, die auf ihre Würde bedacht sind, sehr übel nehmen.“ Der große österreichische Theologe Karl Rahner deutet dieses Lachen. Dieses Lachen sagt zuerst: Du bist ein Mensch! Fürchte Dich nicht, ein wenig oberflächlich zu sein. Der Tiefsinn ist allzu oft nur vom Stolz getrieben. Herzhaft lachen kann nur einer, der liebt – der alles sehen und nehmen kann, wie es ist: Das Große groß, das Kleine klein, das Lächerliche lachend. Lachen ist ein Zeichen der Liebe. Es ist ein Abglanz des Lachens Gottes. Selig, die ihr jetzt weint, am Ende werdet Ihr lachen“, So steht es in der Bergpredigt. Für Rahner ist das eine Verheißung auf das Ende: Das Letzte im Himmel wird das Lachen jener Menschen sein, die bei Gott Erbarmen finden und gerettet werden. Wer lachen kann, zeigt, dass er mit dieser Verheißung einverstanden ist. Lacht mich, sagt dieses Lachen. Ihr rühmt Gott, wenn ihr lacht.

 

 

Mittwoch, 9.2.2005

„Ein Fasten, wie ich es liebe“

Wenn Sie heute zu fasten beginnen, können Sie innehalten und prüfen: Sind sie frei für Ihr eigenes Leben? Wo haben Sie Ihre Freiheit verloren? Wie können Sie sie wieder finden? Weil diese Selbstbesinnung schwer ist, gibt es Mittel der Unterstützung. Fasten ist eines davon. Wenig, dafür bewusst essen und trinken, klärt den Geist. Sich jener Dinge eine Zeitlang zu enthalten, mit denen Sie sonst Ihre innere Leere beruhigen: Fernsehen, Fortgehen, Computerspielen, Schokolade, Geschwätz. Enthaltsamkeit kann Ihnen helfen, wieder zu sich selbst zu kommen. Wie erkennen Sie, ob Ihnen das Fasten tatsächlich hilft, Ihre Freiheit zu mehren? Im Buch Jesaja im Alten Testament finden Sie Hinweise: „Das ist Fasten, wie Gott es liebt: die Fesseln des Unrechts lösen, die Stricke des Jochs entfernen, die Versklavten freilassen, an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen.“ Wenn Sie fasten, werden Sie frei, die Welt ein bisschen gerechter zu machen. Gott verheißt Ihnen: „Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte und deine Wunden werden schnell vernarben.“

 

Donnerstag, 10.2.2005

„Humor als Zeichen reifer Menschlichkeit „

Der österreichische Psychoanalytiker Sigmund Freud hält uns einen unangenehmen Spiegel vor: Wir Menschen sind getrieben von den Bedürfnissen nach Selbsterhaltung, nach Macht und Lust. Wenn man uns hindert, unsere Wünsche auszuleben werden wir aggressiv. Und zum Größenwahn neigen wir auch noch.  Aber: Wer hört das schon gern über sich? Wir entwickeln daher viele Abwehrstrategien, um unsere Schattenseiten nicht sehen zu müssen. Immer wieder finden wir gute Gründe für unseren Egoismus. Wir nennen unseren Größenwahn Selbstbewusstsein und unsere Triebhaftigkeit „naturgewollt“. Freud, der das aufdeckt, kennt aber auch einen anderen Weg, mit unserer schwarzen Seite umzugehen: Den Humor. Nichts wird beschönt, verschwiegen, verdrängt. Wer Humor hat, kann über seine Schattenseiten versöhnt lächeln. Er muss sie weder ausleben, beschönigen noch verleugnen. Er kann zu sich selbst auf Distanz gehen. Er kann sich sehen, wie er ist, ohne zu verzweifeln. Humorvolle Menschen lassen uns hoffen, dass wir mit den schwarzen Seiten trotzdem friedlich leben können.

 

 

Freitag, 11.2.2005

„Humor und Macht“

Humor enthüllt Machtverhältnisse. Das kann man im Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ gut sehen. Der ganze Popanz rund um die, teuren, aber unsichtbaren Kleider, die sich der Kaiser von den betrügerischen Schneidern hat nähen lassen, wird von Kindern enthüllt, die sagen, was sie sehen: „Aber der hat ja gar nichts an“. Die nackte Wahrheit. Und alle lachen. Der Kaiser ist  bloßgestellt. So sehr war er von seiner Wichtigkeit überzeugt, dass er seinen Sinnen nicht mehr getraut hat. Humor hat mit Mut zu tun: Er ist die „Macht der Machtlosen“. Humor hilft gegen Lüge, Heuchelei, Hochmut. Humor entblößt die arroganten Machthaber. Deshalb ist Humor auch gefährlich: Für die Mächtigen, weil sie entlarvt werden. Aber auch für die Machtlosen, weil sie sich den Zorn der Mächtigen zuziehen. Humor bringt hierarchische Ordnungen durcheinander. In der Hand von Mächtigen wird Humor allerdings zur Waffe der Unterdrückung. Befreiendes Lachen wandelt sich zu Zynismus, Spott und Hohn. Wirklichen Humor kann nur lernen, wer sich der Erfahrung der eigenen Ohnmacht aufrichtig stellt.

 

 

Samstag, 12.2.2005

„Humor als Tugend und spirituelle Erfahrung“

Humor ist eine Tugend. Also eine Haltung gegenüber dem Leben, die niemand von Geburt an hat. Jede und jeder muss sie einüben. Humor verlangt Training. Was wird trainiert?

 

  1. Die Welt wahrnehmen, wie sie ist: ihre Übel, ihre Leiden und ihre Gewalt, aber auch ihre Schönheit und Größe. Humor hängt mit der Liebe zur Wahrheit zusammen.
  2. Erkennen, dass wir frei sind, in der Welt das Böse und das Gute zu verstärken; es gibt weder Schicksal noch Notwendigkeit. Humor gibt es nur, wo Freiheit herrscht.
  3. Sich damit versöhnen, dass die Welt und die Menschen endlich und vergänglich ist. Humorvoll kann nur sein, wer demütig ist.

Wer sich in Wahrheit, Freiheit und Demut übt, wird humorvoll. Wer lügt, andere unterdrückt oder hochmütig ist, fürchtet daher den Humor. Wer aber Humor hat, dem geht alles Handeln leichter von der Hand. Er gewinnt den „Geist der Schwerelosigkeit“. Denn er hat gelernt, dass die irdischen Wirklichkeiten nicht mehr und nicht weniger als vorletzte Größen sind. Wer Humor hat, hat sich mit der Welt versöhnt.