Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

Morgengedanken – In memoriam Papst Johannes Paul II

 

 

Sonntag, 3.4.2005

 

Über das Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen – Angelus-Gebet vom 14. Jänner 1996

 

Der christliche Glaube hat seinen Ursprung in der religiösen Erfahrung des jüdischen Volkes, aus dem Christus dem Fleisch nach stammt. Die Kirche teilt mit den Juden den als Altes Testament bezeichneten Teil der Schrift und lebt von dem gleichen Erbe der Wahrheit, indem sie es im Licht Christi auslegt. Der Anfang der neuen Zeit, den er durch den neuen und ewigen Bund gesetzt hat, zerstört die alte Wurzel nicht, sondern öffnet sie für eine universale Fruchtbarkeit. In Anbetracht dessen muss die Erinnerung an die Spannungen, die oftmals die Beziehungen zwischen Christen und Juden gekennzeichnet haben, großen Schmerz hervorrufen.

 

 

Aus der Ansprache an die christliche und die muslimische Bevölkerung in Nigeria 1982

Wir alle, Christen und Muslime, leben unter der Sonne des einen barmherzigen Gottes.

Wir glauben beide an einen Gott, der der Schöpfer des Menschen ist. Wir erkennen Gottes Souveränität an und verteidigen die Würde des Menschen als Diener Gottes. So können wir uns gegenseitig im wahrsten Sinne des Wortes Brüder und Schwestern im Glauben an den einen Gott nennen.

 

 

Gebet zum Abschluss der Europasynode im Petersdom, 7, Dezember 1991

Herr, unser Befreier. Mit den Religionskriegen, mit den Kämpfen von Christen gegen Christen, mit der Passivität angesichts der Verfolgung und der Vernichtung der Juden, mit dem Wüten gegen so viele Gerechte sind wir nur weltlicher Logik gefolgt. Vergib uns und erbarme dich unser.

 


Montag, 4.4.2005

 

„Der andere Name für Frieden heißt Entwicklung“ – Aus der Botschaft zum Weltfriedenstag 1987

Wir müssen eine positive Grundeinstellung zur Menschheit und zu den Beziehungen einnehmen, die uns mit jeder Person und jeder Gruppe in der Welt verbinden. Hierbei können wir dann allmählich erkennen, wie die Verpflichtung zur Solidarität mit der ganzen Menschheitsfamilie ein Schlüssel zum Frieden ist.

 

Leider gibt es auch zahlreiche Beispiele für Hindernisse auf dem Weg zur Solidarität:

Dabei denke ich insbesondere an:

-eine Fremdenfeindlichkeit, die Nationen in sich selbst abkapselt oder Regierungen dazu bringt, diskriminierende Gesetze gegen Menschen in ihren Ländern zu erlassen;

-das Schließen der Grenzen in einer willkürlichen und ungerechtfertigten Weise, so dass Menschen effektiv die Möglichkeit genommen wird, an einen anderen Ort zu ziehen und ihr Los zu verbessern, sich mit ihren Angehörigen zu vereinen oder einfach ihre Familie zu besuchen.

-Ideologien, die Hass oder Misstrauen predigen, Systeme, die künstliche Barrieren errichten. Rassenhass, religiöse Intoleranz, Klassenschranken.

 

Zu all diesem bietet wirkliche Solidarität ein Gegenmittel. Wenn nämlich das wesentliche Merkmal der Solidarität in der grundlegenden Gleichheit aller Männer und Frauen zu finden ist, dann ist jegliche Politik, die der elementaren Würde und den Menschenrechten jeder Person oder Gruppe von Personen widerspricht, eine Politik, die zu verwerfen ist...

Wie Solidarität uns die ethische Grundlage für unser Handeln gibt, so wird Entwicklung zu einem Angebot. das der Bruder seinem Mitbruder macht, so dass beide voller leben können in aller Verschiedenheit und Komplementarität, die die Wertzeichen menschlicher Zivilisation darstellen. Aus dieser Dynamik erwächst die harmonische „Ruhe der Ordnung“, die wahrer Friede ist.

Dienstag, 5.4.2005

 

Aus der Ansprache an die Repräsentanten der Europäischen Union, Brüssel 1985

Unsere Vorfahren haben auch die Straßen eröffnet, die in andere bewohnte Gebiete führen. Von dem Wunsch gedrängt, diese dem Menschen anvertraute Erde kennenzulernen, und vom Fortschritt der Technik begünstigt, ziehen sie zur Entdeckung von ihnen unbekannten Kontinenten aus. Welch überraschendes Abenteuer! Sie richten das Kreuz auf, verbreiten die christliche Hoffnung und ihren intellektuellen und technischen Fortschritt. Sie sind jedoch auch Eroberer, verpflanzen ihre Kultur, eignen sich den Reichtum anderer Völker an, deren Traditionen sie verachten und die sie nur allzu oft grausam ihrer Herrschaft unterwerfen.

 

 

Aus der Ansprache an die Jugend Europas, in Straßburg 1989

Die Erde ist Eigentum Gottes, doch ist sie der Gesamtheit der Menschen übergeben worden. Gott will nicht, das die einen verschwenderisch mit ihr umgehen, die anderen hingegen Hunger erleiden müssen Es darf keine Vorrechte für die Reichen und Starken geben, und den Armen und Behinderten soll kein Unrecht geschehen. Alle sind gleich an Würde. Die einen können ohne die anderen nicht leben; und alles, was wir empfangen, empfangen wir durch die anderen. Gewiss ist es gut, dass ein jeder persönliche Verantwortung hat, seine Begabungen entwickelt, sich einen Teil der Natur zu seinem Eigentum macht, um ihm Wert zu verleihen. Doch hat Gott eine Welt des Teilens, der Solidarität und der gegenseitigen Hilfe gewollt.

Sagt die Kirche dies eindringlich genug? Vielleicht nicht. Die Mitglieder der Kirche haben auch ihre Schwächen. Wir sind die Kirche, ihr und ich.