Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von
Pastoralamtsleiter Dr. Benno Elbs
Sonntag,
10.4.2005
„Mein
Weg führt zum Leben“
Die
österliche Zeit ist eine bewegende Zeit für die Freunde Jesus. Aus
ängstlichen und verängstigten Menschen werden unerschrockene
Zeuginnen und Zeugen für Gott. Und dies trotz Gegenwind.
Es
erinnert ein wenig an den Lebensweg von Papst Johannes Paul II., der
für viele Menschen ein Beispiel dieses unerschrockenen Zeugnisses für
Christus geworden ist. Millionen von jungen Menschen danken ihm das,
wenn sie in Chören rufen: "Grazie, Padre Santo".
Die
Botschaft lautet:
Es
ist nicht wichtig, dass mein Weg bequem ist.
Es
ist nicht wichtig, dass mein Weg leicht ist.
Es
ist nicht wichtig, dass mein Weg der Weg der Mehrheit ist.
Es
ist nicht wichtig, dass mein Weg der schönste ist.
Es
ist nicht wichtig, dass mein Weg von anderen akzeptiert wird.
Es
ist nicht wichtig, dass mein Weg immer gerade verläuft.
Es
ist nur wichtig, dass mein Weg zum Leben führt, und das tut er,
wenn ich auf Christus schaue.
Ich
glaube, das gilt für jeden und jede von uns. In allen
Lebenssituationen.
Montag,
11.4.205
„Wie
stirbt man im dritten Jahrtausend?“
Wie
stirbt man im dritten Jahrtausend? Das ist eine der Fragen, die
viele Menschen beunruhigt. Katastrophen und Nachrichten im Umkreis
des Sterbens berühren die Menschen zutiefst. Noch nie hat jemand so
öffentlich gelebt und ist so öffentlich gestorben wie Papst
Johannes Paul II.
Er
hat in der letzten Phase seines Lebens berührend gezeigt, was
hoffnungsvolles Sterben sein kann. Es ist wie ein zweiter
Geburtstag, der Geburtstag zum ewigen Leben.
Ich
erinnere mich an ein Wort von Dietrich Bonhoeffer, der in der
Gefangenschaft der Nationalsozialisten schreibt: "Wir können
den Tod nicht mehr so hassen. Wir haben in seinen Zügen etwas von Güte
entdeckt und sind fast ausgesöhnt mit ihm. Im Grunde empfinden wir
wohl, dass wir ihm schon gehören und dass jeder neue Tag ein Wunder
ist."
Das
ist die christliche Haltung, die wir lernen und in der wir leben dürfen.
Jeder Tag ist ein Wunder, ist unendlich wertvoll und wir können
dankbar sein.
Mit
dem Tod dürfen wir uns aussöhnen, weil er ein schwerer aber ein
hoffnungsvoller Schritt in Gottes Hände ist, der jedem von uns
bevorsteht.
Dienstag,
12.4.2005
„Die
Globalisierung der Nächstenliebe“
Papst
Johannes Paul II. war ein Medienpapst. Er kannte die Kraft der
Nachrichten, die in Sekundenbruchteilen um die Erde jagten, das
weltweite Netzwerk des Internet, das die Maschen immer enger knüpft,
wirtschaftliche Verflechtungen umschlingt, keine Grenzen kennt.
Immer
mehr wächst die Welt zusammen.
Der
Kirche und dem Papst ging und geht es um eine andere Art von
Globalisierung: Es geht um eine Globalisierung der Nächstenliebe.
Jeder
von uns hat den Auftrag, an diesem Netzwerk der Solidarität in der
Welt mitzuarbeiten.
In
einer Botschaft schreiben die österreichischen Bischöfe, dass die
Christen in Europa nur dann glaubwürdig bleiben, wenn sie eine
Spiritualität des Teilens und des Verzichts erlernen.
Es
gilt aufzustehen gegen die materielle und existentielle Not vieler
Menschen.
Ich
glaube, die persönliche Hilfsbereitschaft von Menschen hat einen
guten Grund. An vielen Orten der Bibel geht es um gelebte Solidarität.
Wir dürfen zusammen mit dem verstorbenen Papst von einer gerechten
und geglückten menschlichen Gesellschaft träumen.
Christus
träumt von einer Welt, in der die Menschen aus dem Teufelskreis der
Macht und der Gewalt aussteigen und ein Netzwerk der Nächstenliebe
bauen.
Mittwoch,
13.4.2005
„Propheten
der Hoffnung machen den Menschen Mut“
In
der Welt begegnen wir vielen Propheten: Propheten des Untergangs und
Propheten der Hoffnung.
Papst
Johannes Paul II. war ein solcher Prophet der Hoffnung.
Eine
alte afrikanische Geschichte erzählt:
Ein
Missionar beobachtet das seltsame Gebaren eines Beduinen. Immer
wieder legt sich dieser der Länge nach auf den Boden und drückt
sein Ohr in den Wüstensand. Verwundert fragt ihn der Missionar: Was
machst du da eigentlich? Der Beduine richtet sich auf und sagt:
Freund, ich höre, wie die Wüste weint, sie möchte ein Garten
sein.
Als
ich in den letzten Tagen die Gesichter und die Tränen vieler
Menschen auf der ganzen Welt im Zusammenhang mit dem Sterben von
Papst Johannes Paul II. auf dem Petersplatz in Rom gesehen habe, ist
mir dieses Bild in den Sinn gekommen.
Die
Wüste in uns Menschen hat Sehnsucht nach dem Garten. Es ist eine
tiefe Sehnsucht nach Sinn, nach Glück und letztendlich nach
Hoffnung.
Und
da frage ich mich, wer kann in unsere Herzen eine Lampe der Hoffnung
stellen?
Die
Bibel gibt uns eine klare Antwort. Christus der Auferstandene ist
es, der diese Hoffnung im Leben zum Brennen bringt, der auch diesem
Tag heute diese positive Note gibt.
Donnerstag,
14.4.2005
„Begeisterung
für die gute Botschaft“
In
den letzten Monaten haben viele gemeint, die Kirche sei in der
Krise. Kirchenaustritte und weniger Gottesdienstbesucher prägen das
Bild der Kirche in den Medien. Dazu kommt die Kritik an vielen
Positionen in der Kirche.
Ein
aufmerksamer Blick in der vergangenen Woche zeigt eine ganz andere
Wirklichkeit. Wie sich doch die Bilder widersprechen. Tausende, ja
Millionen Menschen füllen den Petersplatz. Auf der ganzen Welt sind
Christen unterwegs mit ihrem Herzen, mit ihren Gedanken.
Ich
glaube, dies gibt uns Grund, unsere Sicht zu weiten. Es gibt eine
Begeisterung für die gute Botschaft. Und das ist auch in jedem
Leben so. Dort, wo Schatten ist, da ist auch viel Licht.
Wann
immer ich auf den Petersplatz gehe, sind dort hunderttausende von
jungen Menschen, nachts um elf oder morgens früh um fünf. Sie
beten. Sie singen. Sie lachen. Sie weinen.
Ich
sehe bei uns viele Zeichen des Aufbruchs: Menschen, die sich
freiwillig um alte, obdachlose oder kranke Menschen sorgen, neue
solidarische Lebensformen in Gruppen und vieles mehr.
Die
letzten Wochen um das Sterben von Papst Johannes Paul II. mahnen
uns, Abschied zu nehmen von schwarz-weiß Kategorien. Gott ist
anders. Das Leben ist anders.
Nur
in der offenen Begegnung mit Menschen und auch in der offenen
Begegnung mit Gott können wir unseren Horizont weiten und das Herz
mit Freude füllen.
Auch
heute an diesem neuen Tag.
Freitag,
15.4.2005
„Gott
ist nicht draußen – wie zeigt sich Gott?“
Mit
einer Frage beschäftigte sich Papst Johannes Paul II. bis zum
letzten Atemzug seines Lebens- und Leidensweges:
Wie
zeigt sich Gott?
Ein
bekannter Schriftsteller erzählt von einer Begegnung mit einem
Einsiedler. Dieser bat ihn eindringlich: Wenn Sie zu den Leuten
reden und Bücher schreiben, dann sagen Sie den Menschen nur eine
Sache: Gott ist nicht da draußen.
Er
unterstützt diesen Satz mit einer gegen den Himmel zeigenden
Handbewegung: Gott ist nicht da draußen.
Ja,
das ist das Entscheidende, das wir Menschen begreifen müssen.
Gott
ist nicht irgendwo draußen, er ist mitten drin.
Er
ist mitten drin, wenn Menschen traurig sind und mit Krankheit
konfrontiert sind.
Er
ist dort mitten drin, wo Menschen gemeinsam Zukunft gestalten
wollen, wo Menschen ein Fest der Liebe feiern.
Er
ist mitten drin, wo Jugendliche ihren Glauben suchen.
Er
ist mitten drin, wo neues Leben wächst.
Das
Entscheidende, glaube ich, ist, dass wir in jedem Augenblick, in
jedem Atemzug die vielen Gesichter Gottes sehen lernen.
Das
wünsche ich Ihnen heute. Ein offenes Herz und aufmerksame Augen, um
die Spuren Gottes in Ihrem Leben heute zu entdecken.
Das
kann unser Leben reich machen.
Samstag,
16.4.2005
„Augenblicke
der Stille braucht der Mensch“
Letzthin
fragte mich ein sehr wirtschaftsorientierter Mensch: Wofür sind
eigentlich die Klöster gut? Ich glaube, auch da können wir von
Papst Johannes Paul II. lernen.
Die
Stille ist die Zwillingsschwester jeder Aktivität.
Bei
aller Weltoffenheit und Bereitschaft öffentlich als Missionar tätig
zu sein, erinnert er immer wieder an die Oasen für die Seele, die
jeder Mensch braucht.
In
den Adern des Menschen pulsiert die Gottessehnsucht. Sie wird verschüttet,
wenn der Kompass des Herzens im Lärm überhört wird.
Ein
großes Transparent mit der Aufschrift "Hier dürfen Sie
schweigen", hing einmal an einer Kirche.
Es
fand großes Echo, verständlich. In einer Zeit der ständigen
Berieselung, des Verkehrslärms haben viele Menschen die Sehnsucht
nach Stille. Es gibt Ordensgemeinschaften, in denen geschwiegen
wird. Sie erinnern daran, dass Kommunikation wichtig ist, aber dass
es zum Gelingen von Begegnung und Gespräch auch Räume des
Schweigens und der Stille braucht, damit das Reden nicht zum Geschwätz
verkommt.
Vielleicht
können wir uns etwas in diesen hektischen Tagen bewusst werden: Es
gibt nicht nur das Recht auf das freie Wort, es gibt auch das Recht
auf Schweigen und Stille. Denn alles Laute braucht das Leise, um
nicht sinnlos zu verlärmen, wie der Dichter schreibt.
Ich
wünsche Ihnen, dass Sie heute die Gelegenheit haben, ein wenig an
einer Oase der Stille auszuruhen. Es lohnt sich.
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